Neue Fachzeitschrift ZGI: "Raum für kontroverse Diskussionen zum Informationsrecht"

von Tobias Fülbeck, veröffentlicht am 16.11.2021
Rechtsgebiete: Informationsrecht1|3553 Aufrufe

Der Verlag C.H.BECK startet eine neue Fachzeitschrift: die ZGI, die erste Fachzeitschrift für das gesamte Informationsrecht. Welche Lücke schließt das neue Angebot? Und was können Leserinnen und Leser künftig erwarten?  Ein Interview mit den Schriftleitern Dr. Gernot Schiller, FA für Verwaltungsrecht, und Prof. Dr. Matthias Rossi, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Europarecht sowie Gesetzgebungslehre an der Universität Augsburg.

Wie würden Sie das Konzept der neuen Zeitschrift beschreiben?

Schiller: Das Konzept der neuen Zeitschrift ist eine ausgewogene Darstellung der neuesten und überaus spannenden Entwicklungen im Bereich des Informationsrechts. Dabei sollen die Bedürfnisse der Praktiker mit wissenschaftlichen Standards verknüpft werden, um so Raum für kontroverse Diskussionen zu eröffnen. Bislang gab es hierfür kein anerkanntes Forum. Wir wollen diese Lücke mit der Fachzeitschrift schließen [zum kostenlosen ZGI-Probeabo ab Februar 2022 // zur Sonderausgabe]. Sie soll Denkanstöße für die Zukunft geben und die Entwicklung der digitalen Themen beeinflussen. Dies wird nicht zuletzt durch die namhaften Persönlichkeiten aus Praxis und Wissenschaft garantiert, die wir als Herausgeberinnen und Herausgeber gewinnen konnten und die ihre Expertise in die Zeitschrift einbringen werden.

Worüber wird die ZGI künftig berichten?

Schiller: Die ZGI wird sich ihrem Titel und ihrem Anspruch entsprechend dem gesamten Informationsrecht widmen. Dazu zählen insbesondere der Informationszugang, die Datennutzung und die Datenbereitstellung durch staatliche Stellen,  also Open Data beziehungsweise Open Government. Neben einem Überblick über die neueste Rechtsprechung wollen wir alle zwei Monate aktuelle Themen durch ausführliche Beiträge vertiefen und so verschiedene Facetten und Sichtweisen aufzeigen. Unsere Rubrik Focus rundet die Darlegung durch kleinere Meldungen ab. Damit wollen wir insgesamt gewährleisten, dass Leserinnen und Leser über das Informationsrecht umfassend informiert werden.

Manche spotten, das Informationsrecht sei nur die kleine Schwester des Datenschutzes. Was entgegnen Sie?

Rossi: Ob kleine Schwester oder großer Bruder, das Bild passte noch nie richtig und es passt schon gar nicht mehr, seit das Datenschutzrecht nicht mehr allein grundrechtlich als Abwehrrecht gegenüber dem Staat konzipiert ist, sondern maßgeblich vor allem auch Private bindet. Beide Regelungsbereiche haben mit Daten beziehungsweise Informationen zwar denselben Regelungsgegenstand, unterscheiden sich aber vor allem in ihren Zielsetzungen so sehr voneinander, dass ich gar kein allzu nahes Verwandtschaftsverhältnis annehmen wollte. Wenn es Spott tatsächlich geben sollte, würde ich ihn wahlweise als Ausdruck von Unkenntnis oder von Neid darauf bewerten, dass das Informationsrecht mit seiner auf die Datennutzung bezogenen Ausrichtung konstruktiv zum Entstehen einer Datenverkehrsordnung beiträgt.

Würden Sie sagen, dass das Informationsrecht ein eigenständiges Rechtsgebiet ist?

Rossi:Das ist eine schwierige Frage, die Einigkeit darüber voraussetzt, was ein eigenständiges Rechtsgebiet ausmacht und ob und wie es sinnvollerweise gegenüber anderen Regelungsbereichen abgegrenzt werden kann beziehungsweise abgegrenzt werden sollte. Außerdem muss man sich fragen, was genau unter Informationsrecht verstanden wird. Eine Vielzahl von Regelungen aus unterschiedlichen Bereichen – etwa  aus dem allgemeinen Zivilrecht, aber beispielsweise auch dem Kapitalmarktrecht oder dem Prozessrecht – befassen sich mit der Zurechnung von Wissen und nehmen damit implizit auch Informationen in Bezug. Vor diesem Hintergrund muss das Informationsrecht in einem engeren Sinne verstanden werden, weil es anderenfalls keine Systematisierungsfunktion entfalten könnte. Innerhalb dieses engeren Verständnisses haben sich die rechtlichen Vorgaben in den letzten drei Jahrzehnten so sehr verdichtet und hat auch deren wissenschaftliche Rezeption ein solches Ausmaß angenommen, dass sich schon von einem eigenständigen Rechtsgebiet sprechen lässt. In jedem Fall ist es eine Querschnittsmaterie.

Prof. Dr. Rossi, Sie haben an anderer Stelle gesagt: „Das Informationsrecht ist der Transparenz ebenso wie der Vertraulichkeit verpflichtet.“ Wie können diese beiden Pole in Einklang gebracht werden?

Diese Pole müssen vor allem in Einklang gebracht werden. Denn ein Großteil der Informationen, deren Zugänglichkeit und Nutzbarkeit vom Informationsrecht geregelt werden, sind durch Private generiert und dem Staat zu einem bestimmten Zweck zur Verfügung gestellt worden, in der Regel aufgrund gesetzlicher Verpflichtung. Unabhängig von der Frage, ob sie im Einzelfall einen grundrechtlich begründeten Schutz auf Wahrung ihrer Geheimnisse haben, ist somit in einem weitesten Sinne die Kommunikation zwischen staatlichen Stellen und Bürgern beziehungsweise Unternehmen betroffen. Diese Kommunikation benötigt Vertrauen, das durch Vertraulichkeit geschaffen wird. Keinesfalls darf eine Transparenz staatlicher Stellen gläserne Bürger hervorbringen.

Ein Ausgleich kann in vielfältiger Weise erreicht werden, die vom geltenden Informationsrecht auch weitgehend genutzt werden: durch Einwilligungs- und Abwägungserfordernisse, durch teilweise Beschränkungen, gegebenenfalls auch durch Fristenlösungen, möglicherweise künftig auch durch Kompensationsregelungen. Und natürlich durch ein Verfahren, dass allen Beteiligten die Gelegenheit gibt, ihre Interessen geltend zu machen.

Was fasziniert Sie am Informationsrecht?

Rossi: Aus wissenschaftlicher Perspektive begeistert mich vor allem die Vielseitigkeit des Informationsrechts, das einen in die unterschiedlichsten Teilrechtsbereiche hineinführt. Aus politischer Perspektive interessiert mich die Ausformung einer modernen Demokratie bei gleichzeitigem Schutz grundrechtlicher Freiheitsrechte. Außerdem ist die Ausgestaltung des Informationsrechts nach meiner Meinung von grundsätzlicher Bedeutung für die Innovationsfähigkeit einer Gesellschaft.

Kommen wir noch mal konkret zur Zielgruppe. Wer sollte die ZGI 3 Monate kostenlos testen?

Schiller:Wir wollen durch die neue Fachzeitschrift Leserinnen und Leser erreichen, die sich für digitale Themen interessieren.  Hierzu zählen Praktiker in den Behörden und Gerichten, Rechtsanwälte und Fachanwälte für Verwaltungsrecht, Journalisten und sonstige Medienangehörige wie Bloggersowie Hochschulangehörige. Für sie alle soll die Lektüre der Zeitschrift einen Mehrwert bilden, indem periodisch ein umfassender Überblick über das Informationsrecht geboten wird. Sie alle sind herzlich eingeladen, sich in den ersten drei Monaten einen eigenen Eindruck zu verschaffen.

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Eine beachtenswerte Initiative. Es wird zu beobachten sein, ob man sich auf Informationsgewinnung von Informationen durch den Staat beschränkt, oder ob vice versa die Freiheit, anderen Informationen zu geben, beachtet wird. Nur wer sie geben kann, verschafft anderen die Gelegenheit, sie zu erfahren. Goebbels erledigte das 1933 mit Bücherverbrennungen. Heute geht das, wie die Redaktion erkennen lässt, anders. "Digitale Themen". Digital wird gelöscht. Oder gleich breitflächig gesperrt. 

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