Erkrankung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses - Beweiswert der AU-Bescheinigung

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 09.12.2021
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1820 Aufrufe

Kündigt der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis und reicht er zeitgleich eine AU-Bescheinigung beim Arbeitgeber ein, die ihm "passgenau" bis zum Ablauf der Kündigungsfrist Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, kann er allein mit diesem Attest den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit nicht führen. Vielmehr muss er hierfür vollen Beweis erbringen.

Das hat das BAG entschieden.

Die Klägerin war bei der beklagten Zeitarbeitsfirma seit dem 28.8.2018 in Vollzeit (35 Wochenstunden) beschäftigt. Am 8.2.2019 kündigte sie ihr Arbeitsverhältnis fristgerecht (§ 622 Abs. 3 BGB) zum 22.2.2019 und reichte zugleich eine AU-Bescheinigung für diesen Zeitraum ein. Die Beklagte rechnete das Arbeitsverhältnis bis zum 7.2.2019 ab, verweigerte jedoch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Die Klage blieb beim BAG ohne Erfolg:

(Das Landesarbeitsgericht) ist hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 8. Februar 2019 davon ausgegangen, dass sich ernsthafte Zweifel an deren Richtigkeit nicht daraus ergäben, dass sie auf der Diagnose „Sonstige und nicht näher bezeichnete Bauchschmerzen“ beruhe und sich über einen Zeitraum von zwei Wochen und damit bis zum Kündigungstermin erstrecke. Die Beklagte habe keine konkreten Umstände aufgezeigt, weshalb eine solche Diagnose generell oder jedenfalls vorliegend die Krankschreibung auch mit der konkreten Dauer nicht rechtfertigen könne. Sie habe lediglich „ins Blaue“ hinein behauptet, eine medizinisch begründbare Prognose für eine vierzehntägige Arbeitsunfähigkeit könne nicht vorgelegen haben. (…) Das Landesarbeitsgericht hat nicht genügend gewürdigt, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 8. Februar 2019, die zugleich mit der Kündigung vom 8. Februar 2019 bei der Arbeitgeberin eingereicht wurde, passgenau die nach dieser Kündigung noch verbleibende Dauer des Arbeitsverhältnisses bis zum 22. Februar 2019 abdeckte. Das Landesarbeitsgericht hat sich zwar mit der Diagnose befasst, die dem Arbeitgeber üblicherweise gar nicht bekannt sein wird, die zeitliche Koinzidenz aber außer Acht gelassen.

BAG, Urt. vom 8.9.2021 - 5 AZR 149/21

 

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