BGH: Zur Wirksamkeit und Auslegung von Schiedsvereinbarungen in Gesellschaftsverträgen von Personengesellschaften ("Schiedsfähigkeit IV")

von Ulrike Wollenweber, veröffentlicht am 31.12.2021

Der BGH hat mit Beschluss vom 23. September 2021 (I ZB 13/21) entschieden, dass die zur GmbH entwickelten Mindestanforderungen für die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen auch für Personengesellschaften gelten, bei denen nach dem Gesellschaftsvertrag die Beschlussmängelstreitigkeiten nicht unter den Gesellschaftern, sondern mit der Gesellschaft auszutragen sind. Weiterhin sei bei einer Schiedsvereinbarung, die "alle" Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis umfasst, im Fall der Teilnichtigkeit von einer Aufrechterhaltung im zulässigen Umfang auszugehen.

Vorliegend sah der Gesellschaftsvertrag einer GmbH & Co. KG vor, dass "alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis zwischen den Gesellschaftern untereinander oder zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft" durch ein Schiedsgericht zu entscheiden und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nur innerhalb von zwei Monaten „anfechtbar“ sind. Das OLG hatte dies – unbeanstandet vom BGH – so ausgelegt, dass Beschlussmängelstreitigkeiten mit der Gesellschaft ausgetragen werden müssen.

Anforderungen an Schiedsvereinbarungen, die Beschlussmängelstreitigkeiten erfassen

Zur Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen in Personengesellschaften hatte der BGH bereits entschieden, dass die entwickelten Mindestanforderungen für Beschlussmängelstreitigkeiten zu beachten sind (BGH, Beschluss vom 6. April 2017, I ZB 23/16 – Schiedsfähigkeit III). Voraussetzung ist danach u. a., dass jeder Gesellschafter über das Schiedsverfahren informiert und dadurch in die Lage versetzt werden muss, dem Verfahren zumindest als Nebenintervenient beizutreten.

Benachteiligung der Mitgesellschafter bei Klage gegen die Gesellschaft

Im Fall einer Regelung, nach der Beschlussmängel durch eine Klage gegenüber der Gesellschaft geltend zu machen sind, besteht nach Ansicht des Senats für die Mitgesellschafter eine Gefahr der Benachteiligung und Entziehung des notwendigen Rechtsschutzes. Denn anders als im Fall einer Klage gegen die Mitgesellschafter, bei der das Urteil nur Bindungswirkung für die am Verfahren beteiligten Gesellschafter entfaltet, seien im Fall eines Urteils gegen die Gesellschaft alle Gesellschafter schuldrechtlich verpflichtet, sich an die Entscheidung zu halten. Auch eine Informationspflicht der Mitgesellschafter könne diese Bedenken nicht ausräumen.

Im Zweifel nur Teilnichtigkeit der Schiedsvereinbarung

Anders als die Vorinstanz entscheidet der Senat allerdings, dass die Schiedsvereinbarung hier nach den Grundsätzen des § 139 BGB nur teilweise nichtig ist. Zu diesem Ergebnis kommt der Senat sowohl im Hinblick auf den Gesellschaftsvertrag der KG, den er subjektiv gemäß §§ 133, 157 BGB auslegt, als auch im Hinblick auf den vergleichbaren Gesellschaftsvertrag der Komplementär-GmbH, bei der er im Parallelverfahren nach objektiven Auslegungskriterien entscheidet (BGH, Beschluss vom 23. September 2021, I ZB 12/21).

Vorliegend sei die Bestimmung, dass „alle“ Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis einer Schiedsvereinbarung unterliegen sollen, so auszulegen, dass sie im zulässigen Umfang aufrechtzuerhalten sei. Der Bereich „Beschlussmängelstreitigkeiten“ sei in der Rechtsprechung ausreichend konturiert und insofern abgrenzbar. Im Fall der hier geltend gemachten Ausschließungsklage eines Gesellschafters sei demnach das Schiedsgericht zuständig.

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