BGH: Keine Zurechnung sittenwidriges Verhalten eines Organvertreters analog § 166 BGB

von Ulrike Wollenweber, veröffentlicht am 19.01.2022

Der BGH hat mit Urteil vom 25. November 2021 (VII ZR 257/20) entschieden, dass ein sittenwidriges Verhalten eines organschaftlichen Vertreters einer Gesellschaft nicht mittels Zurechnung fremden Wissens analog § 166 BGB begründet werden kann. Der BGH knüpft damit an sein Urteil vom 8. März 2021 an, in dem er bereits eine Haftungszurechnung im Konzern aus §§ 826, 31 BGB abgelehnt hatte (dazu mein Blog-Beitrag vom 9. April 2021).

Schadensersatzklage gegen Audi aufgrund eines VW-Motors

In dem zugrundeliegenden Fall hatte der Käufer eines Audi die Audi AG wegen eines von VW hergestellten und mit einer sog. „Umschaltlogik“ ausgestatteten Motors in Anspruch genommen. Im Ergebnis bejaht der Senat den Anspruch, da nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mindestens ein Vertreter der Audi AG selbst gewusst hatte, dass die Motoren mit der entsprechenden Software ausgestattet waren.

Keine Zurechnung des Wissens der Konzernmutter (keine „Fiktionshaftung“)

Anders als das Berufungsgericht ist der Senat jedoch der Ansicht, dass ein im Hause der VW AG vorhandenes Wissen nicht der Audi AG zugerechnet werden kann. Eine Wissenszurechnung analog § 166 BGB könne den Tatbestand des sittenwidrigen Verhaltens nach §§ 826, 31 BGB nicht begründen.

Ebenso scheide eine Zurechnung unter dem Aspekt eines körperschaftlichen Organisationsmangels und der sog. „Fiktionshaftung“ aus, nach der eine Gesellschaft bestimmte wichtige Aufgaben selbst wahrnehmen muss. Denn die Durchführung des Typengenehmigungsverfahrens der Motoren sei grundsätzlich keine besonders schadensträchtige Tätigkeit, die ein Vertreter der Audi AG selbst hätte durchführen müssen.

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