LAG Baden-Württemberg: Kündigung einer Polizeiärztin ist wirksam

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 04.02.2022
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht1|2580 Aufrufe

Vor dem LAG Baden-Württemberg wurde am 2.2.2022 eine Kündigungsschutzklage einer beim Präsidium Technik, Logistik, Service der Polizei des Landes Baden-Württemberg angestellten Ärztin verhandelt. Die Klägerin ist seit 2019 im polizeiärztlichen Dienst in Lahr in Teilzeit beschäftigt. Die Klägerin veröffentlichte in einer kostenfrei erscheinenden Sonntagszeitung im Raum Offenburg unter ihrem Namen folgende Kleinanzeige (der Name der Klägerin ist entfernt worden):

Infektionsschutzgesetz = Ermächtigungsgesetz

Zwangsimpfung

Wegnehmen der Kinder

Schutzlos in der eigenen Wohnung

Geschlossene Grenzen

Arbeitsverbot

Gefängnis

Wir, die Bürger von Deutschland,

sollen alle unsere Rechte verlieren.

Wir müssen Widerstand leisten.

18.11.2020, 14-17.00 Uhr

Bundestag Berlin

Es geht wirklich um Alles!

 

An diesem Tag hat der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates das „Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“, das u.a. das Infektionsschutzgesetz (IfSG) geändert hat, beschlossen. Am selben Tag war eine hiergegen gerichtete Demonstration in Berlin vor dem Bundestag angemeldet.

Das Land Baden-Württemberg begründet die ordentliche Kündigung vom 10.02.2021 insbesondere mit der mangelnden Eignung der Klägerin für die Tätigkeit als Polizeiärztin. Im Übrigen habe die im öffentlichen Dienst beschäftigte Klägerin mit ihrem Verhalten arbeitsvertragliche Pflichten verletzt. Zu den Treuepflichten gehöre es, den Staat, die Verfassung und staatliche Organe nicht verächtlich zu machen. Die Überzeugung der Klägerin sei nicht durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt.

Ebenso wie bereits die Vorinstanz, das Arbeitsgericht Freiburg (Az. 5 Ca 64/21), bestätigt das LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 2.2.2022 - 10 Sa 66/21, PM vom 2.2.2022) die Wirksamkeit der Kündigung. Es ist der Auffassung, die Klägerin habe in einer Anzeige die Änderung des Infektionsschutzgesetzes vom 18.11.2020 mit dem „Ermächtigungsgesetz“ vom 23. März 1933 gleichgesetzt. Hierdurch habe sie gegen ihre Rücksichtnahmepflicht auf die Interessen des beklagten Landes verstoßen, insbesondere gegen die Pflicht, sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen (§ 3 Abs. 1 S. 2 TvÖD).

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Hat die Klägerin denn wirklich die Abschaffung der Artikel des Grundgesetzes gefordert, in denen die Grundrechte und Grundfreiheiten und sie Volkssouveränität und die Rechtsstaatlichkeit, also die Grundzüge einer freiheitlich demokratischen Grundordnung, festgelegt werden?

Es sieht doch eher so aus, als wolle die Klägerin nicht die Abschaffung der freiheitlich demokratischen Grundordnung fordern, sondern ganz im Gegenteil die freiheitlich demokratische Grundordnung schützen, weil sie befürchtet, daß die Regierung und die Bundestagsabgeordneten welche die Grundrechte der Bürger unter Veweis auf das Coronavirus einschränken, eine Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung seien.

Die Haltung der Klägerin ist also doch wohl eher nicht verfassungsfeindlich, sondern eher extrem übertreibend mißtrauisch und angstgesteuert und hypersensibel oder paranoid.

Die Klägerin scheint also vielleicht wohl eher eher aus gesundheitlichen Gründen Zweifel an ihrer Dienstfähigkeit zu verursachen denn aus Gründen der Verfassungstreue.

Verfassungstreue setzt nicht Regierungstreue oder Mainstreamtreue voraus, auch wenn Regierungsanhänger und Mainstreamvertreter das in letzter Zeit wohl oft gerne öffentlich so darstellen. 

Ob die Klägerin einen Nazivergleich gemacht hat, lässt sich aus dem kurzen Beitrag nicht klären, denn Ermächtigunsgesetze gab es auch bereits vor dem 23.03.1933, sowohl im deutschen reich, als auch in Teilstaaten, und auch in Österreich, wo damals noch keine Nazis regierten.

Außerdem machen Vertreter des Mainstreams und der Regierungsparteien selber auch oft Nazivergleiche, wenn sie ihre politischen gegner kritisieren, aber ihren politischen Gegnern wollen sie das Gleiche verbieten bzw. selbiges sanktonieren, was auf eine Ungleichbehandlung und auf ein sich verschaffen von Vorteilen im poltischen Wettbewerb und auf ein Messen mit zweierlei Maß hinausläuft.

Der hier mitgeteilte Sachverhalt enthält zwar Indizien, daß die Klägerin zur Ausübung ihrer Tätigkeit nicht genügend geeignet erscheint, aber die Sachverhaltswiedergabe ist für eine gründliche Beuteilung viel zu kurz.

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