ArbG Stuttgart: Keine Erschwerniszulage für Corona-Schutzmaske

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 08.02.2022
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrechtCorona|1757 Aufrufe

Die Parteien streiten über den Anspruch auf eine tarifliche Erschwerniszulage. Die Klägerin ist als Glas- und Gebäudereinigerin beschäftigt. Auf ihr Arbeitsverhältnis findet der allgemeinverbindliche Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk vom 31.10.2019 Anwendung. Dieser bestimmt u.a.:

§ 10 Erschwerniszuschläge

... Beschäftigte haben für die Zeit, in der sie mit einer der folgenden Arbeiten beschäftigt werden, Anspruch auf den nachstehend jeweils aufgeführten Erschwerniszuschlag, bezogen auf den jeweiligen Lohn des Tätigkeitsbereichs. ...

1.2 Arbeiten, bei denen eine vorgeschriebene Atemschutzmaske verwendet wird    10%

Die Arbeitgeberin hatte ihre Arbeitnehmer mit E-Mail vom 20.5.2020 aufgefordert, während der Arbeit eine Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) zu tragen. Die Klägerin ist der Auffassung, hierbei handele es sich um eine Atemschutzmaske iSv. § 10 Ziff. 1.2 des Tarifvertrages. Ihr stünde daher der Zuschlag von 10 % zu, für mehrere Monate macht sie insgesamt knapp 900 Euro brutto geltend.

Ihre Klage blieb beim ArbG Stuttgart ohne Erfolg. Das sehr sorgfältig begründete Urteil argumentiert mit dem Wortlaut, der Systematik und schließlich dem Zweck der Tarifnorm. Die Leitsätze lauten:

1. Ein Arbeitnehmer, der im Rahmen der Umsetzung von Hygienekonzepten zur Vermeidung von Ansteckungen mit dem SARS-CoV-2-Virus während des Aufenthalts im zu reinigenden Objekt eine Mund-Nasen-Bedeckung bzw. OP-Maske trägt, hat nach dem allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrag (RTV) für das Gebäudereinigerhandwerk für die Bundesrepublik Deutschland keinen Anspruch auf Zahlung von Erschwerniszuschlägen für die mit der Mund-Nasen-Bedeckung geleistete Arbeitszeit. Eine solche Mund-Nasen-Bedeckung ist keine "vorgeschriebene Atemschutzmaske" iSv. § 10 Ziffer 1.2 RTV Gebäudereinigerhandwerk.

2. Der Zuschlag iSd. § 10 Ziffer 1.2 RTV Gebäudereinigerhandwerk wird nicht schon durch ein „erschwertes Atmen“ infolge des Tragens eines obligatorischen Mund-Nasen-Schutzes ausgelöst, sondern erst durch das Tragen einer obligatorischen Atemschutzmaske (FFP1 bis FFP3) wegen des gefährdenden Inhalts der Arbeitsaufgabe.

ArbG Stuttgart, Urt. vom 24.9.2021 - 10 Ca 1342/20, BeckRS 2021, 42467

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