BAG: Betriebliche Witwen-/Witwerrente darf Mindestehedauer vorsehen

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 24.02.2022
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1592 Aufrufe

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann der Arbeitgeber eine zugesagte Hinterbliebenenversorgung ausschließen, wenn die Ehe bis zum Versterben des Versorgungsberechtigten nicht mindestens zwölf Monate gedauert hat und die Hinterbliebene die Möglichkeit hat, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der Berechtigte aufgrund eines erst nach der Eheschließung erlittenen Unfalls oder einer erst später eingetretenen Krankheit gestorben ist.

Das hat das BAG entschieden.

Der verstorbene Ehemann der Klägerin war von 1972 bis zum Eintritt in den Ruhestand 2006 bei der Beklagten beschäftigt. Diese hatte ihm eine betriebliche Altersversorgung zugesagt, seine Betriebsrente belief sich zuletzt auf knapp 800 Euro monatlich. Sein Pensionsvertrag sah vor:

§ 4 Witwen-/Witwerrente

1. Stirbt der Mitarbeiter, so erhält der Ehepartner, mit dem er zum Zeitpunkt seines Todes in gültiger Ehe verheiratet war, bis an sein Lebensende die Witwen/Witwerrente. …

2. Ein Anspruch besteht nicht, wenn der Mitarbeiter die Ehe geschlossen hat ...

c) in den letzten 12 Monaten vor seinem Tode, es sei denn, er ist an den Folgen eines nach der Eheschließung erlittenen Unfalls oder an einer Krankheit gestorben, die erst nach der Eheschließung eingetreten ist.

Er heiratete die Klägerin am 5.1.2018, knapp vier Monate später, am 1.5.2018, verstarb er. Die Klägerin trägt vor, ihre Ehe sei nicht aufgrund der Kenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung ihres verstorbenen Ehemanns, sondern im Moment der Besserung geschlossen worden.

Die Klage blieb in allen drei Instanzen ohne Erfolg. Die Ausschlussklausel benachteiligt den verstorbenen Arbeitnehmer bzw. seine Witwe nicht entgegen § 307 Abs. 1 BGB unangemessen. Sie lässt zwar, anders als § 46 Abs. 2a SGB VI für die gesetzliche Rentenversicherung, keinen "allgemeinen" Gegenbeweis zu (die Deutsche Rentenversicherung zahlt der Klägerin die große Witwenrente nach dem SGB VI), wenn die Ehe weniger als ein Jahr vor dem Tod geschlossen worden ist. Dies führt aber weder zu einem Verstoß gegen AGB-Recht noch gegen § 3 Abs. 2 AGG.

BAG, Urt. vom 2.12.2021 - 3 AZR 254/21, BeckRS 2021, 44976

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen