OLG Frankfurt am Main: Zur Bestellung des Vorstands einer AG zum Geschäftsführer einer Tochter-GmbH

von Ulrike Wollenweber, veröffentlicht am 11.03.2022

Das OLG Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 4. Januar 2022 (20 W 225/29) zu verschiedenen Vertretungsverboten (§ 112 AktG, § 181 BGB und § 47 Abs.  4 S. 2 GmbHG) im Zusammenhang mit der Bestellung von Vorstandsmitgliedern einer AG zu Geschäftsführern einer Tochter-GmbH Stellung genommen.

Vorliegend hatten zwei Vorstandsmitglieder (A und B) einer AG einen Dritten bevollmächtigt, im Namen der AG neue Geschäftsführer einer Tochter-GmbH zu bestellen. Der Bevollmächtigte bestellte daraufhin A und B zu den Geschäftsführern der Tochter-GmbH.

Keine Anwendbarkeit von § 112 AktG

Mit der überwiegenden Meinung geht der Senat hier davon aus, dass § 112 AktG, der im Verhältnis der Vorstandsmitglieder zur AG eine Vertretung durch ihren Aufsichtsrat vorschreibt, in der vorliegenden Konstellation nicht anwendbar ist. Denn die Bestellung eines Geschäftsführers der Untergesellschaft sei ein Organakt der Untergesellschaft und betreffe nicht die Rechtsbeziehung zwischen der AG und ihren Vorstandsmitgliedern.

Anwendung von § 181 Alt. 1 BGB

Der Senat stellt aber fest, dass § 181 Alt. 1 BGB aufgrund des vergleichbaren Interessenkonflikts zumindest analog auf eine Gesellschafterversammlung anzuwenden ist, bei der ein Stimmvertreter für seine eigene Bestellung zum Geschäftsführer stimmt. Die Tatsache, dass A und B einen Dritten bevollmächtigt hatten, der dann bei der Geschäftsführerbestellung für sie abstimmte, könne den Interessenkonflikt nicht auflösen. Denn durch die Einschaltung eines Untervertreters könne § 181 BGB nicht umgangen werden.

Rechtsfolge des Verstoßes sei die schwebende Unwirksamkeit des Geschäfts, wobei die Genehmigung auch von dem Bestellungsorgan des Vertretenen, d. h. im Fall der AG durch den Aufsichtsrat erteilt werden könne.

Keine Anwendbarkeit von § 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG

Weiterhin führt der Senat aus, dass auch § 47 Abs. 4 S. 2 Alt. 1 GmbHG, wonach ein Gesellschafter bei Beschlüssen, die ihn selbst betreffen, nicht mitstimmen darf, hier nicht einschlägig sei. Denn § 47 GmbHG sei auf Interessenkonflikte auf der Ebene der GmbH beschränkt, während hier das Vorstandsmitglied ggf. seine persönlichen Interessen den Interessen der Mutter-AG unterordnen müsse. Auf derartige Konflikte zwischen Vertreter und Vertretenem sei nur § 181 Alt. 1 BGB anwendbar.

Zulassung der Rechtsbeschwerde

Der Senat hat im Hinblick auf Fragen der Anwendung von § 181 Alt. 1 BGB und § 47 Abs. 4 GmbHG die Rechtsbeschwerde zugelassen. Die Revision ist beim BGH unter II ZB 6/22 anhängig.

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