Stadt Iserlohn bekommt opulente Abfindung nicht zurück

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 25.03.2022
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1557 Aufrufe

Die Stadt Iserlohn hat einem ehemaligen Mitarbeiter mehr als eine viertel Million Euro als Abfindung gezahlt – und forderte das Geld bald darauf zurück. Zu Unrecht, wie jetzt das LAG Hamm (Urteil vom 15.02.2022 - 6 Sa 903/21) entschieden hat.

Der beklagte Odnungsamtsmitarbeiter war seit Januar 2008 bei der Stadt Iserlohn gegen ein monatliches Tarifentgelt in Höhe von rund 3.700,00 € brutto beschäftigt. Nach Differenzen mit Vorgesetzten unter anderem wegen der Einführung eines neuen Schichtdienstmodells, bot die Stadt diesem die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei rund siebenmonatiger bezahlter Freistellung und gegen Zahlung einer Abfindung von 250.000,00 € zuzüglich Steigerungsbeträgen bei vorzeitiger Beendigung an. Bei Aufhebung letztlich zum 30. April 2019 zahlte die Stadt eine Abfindung in Höhe von 264.800,00 € brutto. Es folgten die Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens, die Anordnung eines Vermögensarrests gegen den Beklagten in Höhe der Zahlung durch das Amtsgericht Hagen und das Eingreifen der Kommunalaufsicht. Gegen den im Kontext dieses Sachverhalts zurückgetretenen früheren Bürgermeister der Stadt Iserlohn, den damaligen Bereichsleiter Personal und den beklagten Arbeitnehmer ist zwischenzeitlich Anklage mit dem Tatvorwurf der Untreue bzw. der Beilhilfe zur Untreue erhoben worden.

Der parallel zum Strafverfahren im April 2020 anhängig gemachten Klage der Stadt auf Rückzahlung der Abfindung gab das Arbeitsgericht Iserlohn statt. Das LAG Hamm sah dies anders: Die von der Klägerseite gerügte mangelhafte Beteiligung des Personalrats* gehe auf ein Versäumnis der Stadt zurück, weshalb sich diese auf eine daraus folgende Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages nicht berufen könne. Es sei auch nicht erkennbar, dass der beklagte Arbeitnehmer mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrages gegen Strafgesetze oder die guten Sitten verstoßen habe. Selbiges könne allein aus einer im Vergleich zu den Gepflogenheiten öffentlicher Arbeitgeber ungewöhnlich hohen Abfindung nicht gefolgert werden. Vielmehr habe dieser das ihm vorteilhaft erscheinende Angebot annehmen dürfen (Aktenzeichen 6 Sa 903/21).

*§ 74 Abs. 3 Landespersonalvertretungsgesetz NRW lautet: “Eine ohne Beteiligung des Personalrates ausgesprochene Kündigung oder ein ohne Beteiligung des Personalrates geschlossener Aufhebungs- oder Beendigungsvertrag ist unwirksam.” Ein entsprechendes Beteiligungsrecht gibt es für den Betriebsrat übrigens nicht.

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