LAG Baden-Württemberg zur fristlosen Kündigung eines Betriebsrats bei Bosch

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 01.04.2022
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht1|2831 Aufrufe

Die Entlassung von Betriebsratsmitgliedern ist nach § 15 KSchG, § 113 BetrVG nur in Form einer außerordentlichen Kündigung möglich. Bei größeren Unternehmen erweist sich eine solche Kündigung häufig als Politikum, über das dann häufig auch in der Presse berichtet wird. Einen solchen Fall hat jetzt das LAG Baden-Württemberg 25.03.2022, 7 Sa 63/21, PM vom 25.3.2022) entschieden.

Der Kläger in diesem Verfahren ist seit September 1997 bei der Robert Bosch GmbH (Beklagte) als Entwicklungsingenieur am Standort Feuerbach beschäftigt. Seit 2006 ist er Mitglied des Betriebsrats und seit 2014 freigestelltes Betriebsratsmitglied. Im vorliegenden Verfahren streiten die Parteien über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 18.1.2019, zu der das Betriebsratsgremium seine Zustimmung erteilt hat. Die Beklagte begründet diese Kündigung damit, dass der Kläger mit der Veröffentlichung von Prozessakten aus einem vorherigen Kündigungsschutzverfahren zwischen den Parteien, insbesondere von Schriftsätzen der Beklagten, gegen Bestimmungen des Datenschutzrechts verstoßen habe.

Das LAG gibt in Übereinstimmung mit der Vorinstanz dem beklagten Unternehmen recht. Wer im Rahmen eines von ihm angestrengten Gerichtsverfahrens bestimmte Schriftsätze der Gegenseite, in denen Daten, insbesondere auch besondere Kategorien personenbezogener Daten (Gesundheitsdaten), verarbeitet werden, der Betriebsöffentlichkeit durch die Verwendung eines zur Verfügung gestellten Links offenlege und dadurch auch die Weiterverbreitungsmöglichkeit eröffne, ohne dafür einen rechtfertigenden Grund zu haben, verletze rechtswidrig und schuldhaft Persönlichkeitsrechte der in diesen Schriftsätzen namentlich benannten Personen mit der Folge, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten gerechtfertigt sei. Die Wahrnehmung berechtigter Interessen des Klägers habe jedenfalls insofern nicht vorgelegen, als die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts am Tage der Zurverfügungstellung des Links noch nicht vorlagen und dem Kläger auch noch die Möglichkeit offenstand, gegen das Urteil das Rechtsmittel der Berufung einzulegen, um in diesem Verfahren seinen Standpunkt darzulegen.

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1 Kommentar

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Dass der Arbeitgeber diese Situation durch den Ausspruch einer rechtswidrigen Kündigung erst geschaffen hat, ist natürlich nicht zu beanstanden. Schon gar nicht im Rahmen einer Interessenabwägung.

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