BGH legt nicht geringe Menge verschiedener synthetischer Cathinone, Phenethylamine, synthetischer Cannabinoide und Benzodiazepine fest

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 01.05.2022
Rechtsgebiete: StrafrechtBetäubungsmittelrecht|4963 Aufrufe

Der 3. Strafsenat hat im Beschluss v. 8.2.2022 (3 StR 136/21 = BeckRS 2022, 8755) die nicht geringe Menge verschiedener synthetischer Cathinone, Phenethylamine, synthetischer Cannabinoide und Benzodiazepine fest. Konkret handelt es sich um folgende Stoffe und Grenzwerte:

1. Die synthetische Cathinone

- α-Pyrrolidinovalerophenon und

- 3,4-Methylendioxypyrovaleron jeweils bei fünf Gramm,

- Buphedron und

- Pentylon jeweils bei 15 Gramm,

- Clephedron und

- 4-Methylethcathinon jeweils bei 25 Gramm,

- Methylon bei 30 Gramm,

2. die Phenethylamine

- Ethylphenidat bei 15 Gramm,

- 4-Fluoramfetamin bei 20 Gramm,.

3. die synthetischen Cannabinoide

- AM-2201,

- JWH-122 und

- JWH-210 jeweils bei einem Gramm sowie

4. die Benzodiazepine

- Etizolam bei 240 Milligramm,

 - Flubromazepam bei 600 Milligramm.

In der umfangreich begründeten Entscheidung geht der Senat auch auf die historische Entwicklung bei diesen Stoffen und deren pharmakologischen Wirkungsweisen ein. Auszugsweise lauten die Entscheidungsgründe wie folgt:

b) Zur Wirkungsweise sowie zur Einstufung und Bestimmung der nicht geringen Menge der gehandelten Betäubungsmittel hat das Landgericht ein Gutachten des Sachverständigen Dr. Da., Apotheker für experimentelle Pharmakologie und Toxikologie beim Bundeskriminalamt, eingeholt. Dessen schriftliche Ausarbeitung hat es in seinen Urteilsgründen zwar lediglich kursorisch wiedergegeben. Auf deren Überprüfung ist der Senat bei der Beurteilung der Wirkungsweise und Gefährlichkeit von Betäubungsmitteln allerdings nicht beschränkt. Vielmehr kann er das von der Strafkammer eingeholte Gutachten auch direkt verwerten (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2007 - 1 StR 52/07, BGHSt 51, 318 Rn. 7) und darüber hinaus allgemein zugängliche Literatur heranziehen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 1995 - 3 StR 245/95, BGHSt 42, 1, 3 ff.; Urteil vom 9. Oktober 1996 - 3 StR 220/96, BGHSt 42, 255, 262 ff.).

 c) Nach den dargelegten rechtlichen Maßstäben ist der Senat auf der Grundlage des Gutachtens und weiterführender Literatur (insb. Auwärter/Kneisel u.a., Rechtsmedizin 2012, 259; Bork/Dahlenburg u.a., Toxichem Krimtech 2019, 5 und 2021, 3; Geschwinde, Rauschdrogen, 8. Aufl.; Hess/Maas/Madea, Rechtsmedizin 2014, 291) in der Lage, den jeweiligen Grenzwert der nicht geringen Menge für die in Rede stehenden Betäubungsmittel festzulegen. Soweit die Substanzen eine anderen Wirkstoffen ähnliche Molekülstruktur aufweisen, ist eine vergleichende Betrachtung möglich. Falls zu den Betäubungsmitteln experimentell ermittelte pharmakologisch-toxikologische Daten vorliegen, zieht der Senat bei dem Vergleich diese Erkenntnisse heran. In wissenschaftlichen Abhandlungen aufbereitete Angaben von Abnehmern - etwa zu Konsummengen und zur Rauschintensität - werden ebenfalls vielfach der Bestimmung der nicht geringen Menge zugrunde gelegt. Im Einzelnen: ...

(4) Die Grenzwerte der nicht geringen Menge für MDPV und α-PVP sind mit jeweils 5 g, für Pentylon und Buphedron mit jeweils 15 g, für 4-MEC und Clephedron mit jeweils 25 g und für Methylon mit 30 g festzusetzen.

...

(3) Letale Dosen sind weder bei 4-Fluoramfetamin noch bei Ethylphenidat hinreichend gesichert bekannt. Werden diese Substanzen allerdings mit Amfetamin verglichen, bei dem der Grenzwert der nicht geringen Menge 10 g beträgt (vgl. BGH, Urteil vom 11. April 1985 - 1 StR 507/84, BGHSt 33, 169), so ist derjenige von Ethylphenidat mit 15 g und derjenige von 4-Fluoramfetamin mit 20 g festzulegen.

...

(4) Der Grenzwert der nicht geringen Menge ist bei AM-2201 ebenso wie bei JWH-122 und JWH-210 auf 1 g festzusetzen.
...

(3) Der Grenzwert der nicht geringen Menge von Etizolam ist auf 240 mg und derjenige von Flubromazepam auf 600 mg festzusetzen. ...

 

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