CNIL: Cookie Consent Wall, Pay Wall, Dialogue Wall

von Dr. Stefan Hanloser, veröffentlicht am 20.05.2022
Rechtsgebiete: Datenschutzrecht|2993 Aufrufe

Die französische Datenschutzaufsicht CNIL hat Bewertungskriterien (critères d’évaluation) für den rechtskonformen Einsatz von Cookie Walls am 16.5.2022 veröffentlicht.  Eine Cookie Wall bzw. präziser Cookie Consent Wall ist eine technische Zugangsschranke, die den Abruf von Online-Inhalten von einem Cookie Consent abhängig macht.  Der Nutzende ist vor die binäre Wahl gestellt, einen Cookie Consent zu erteilen oder auf die Online-Inhalte zu verzichten.  Cookie Consent bezeichnet dabei die Einwilligung in das Speichern von Informationen bzw. den Zugriff auf gespeicherte Informationen auf der Endeinrichtung des Nutzenden.  Im deutschen Recht regelt § 25 Abs. 1 TTDSG den Cookie Consent und setzt damit Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-RL 2002/58 idF der Cookie-RL 2009/136 um.

Beanstandungsansatz gegen Cookies Walls ist eine die Freiwilligkeit der Einwilligung ausschließende Zwangssituation, in der sich der Nutzende im konkreten Einzelfall vor der Cookie Wall befinden könnte.  Eine tatsächlich verfügbare und angemessene Alternative (alternative réelle et satisfaisante/équitable) zum einwilligungspflichtigen Online-Angebot verhindert eine freiwilligkeitshemmende Zwangssituation.  Die CNIL erkennt zwei gleichwertige Zugangsalternativen an:

Zugangsalternative 1:  Einwilligungsfreies Alternativangebot

Der Anbieter des einwilligungspflichtigen Online-Angebots kann den Nutzenden auf ein einwilligungsfreies gleichwertiges Drittangebot verweisen, um eine freiwilligkeitshemmende Zwangssituation vor seiner Cookie Wall zu vermeiden – „un autre éditeur propose une telle alternative sans conditionner l’accès à son service au consentement“. Gleichwertige Alternativangebote fehlen allerdings für hoheitliche Online-Angebote öffentlicher Stellen (services administratifs) oder marktbeherrschende Online-Angebote (services dominants ou incontournables). Dieses marktbezogene Bewertungskriterium der CNIL weckt Erinnerungen an § 28 Abs. 3b Satz 1 BDSG a.F.

Zugangsalternative 2:  Zahlschranken (Pay Walls)

Die CNIL erkennt das ökonomische Motiv, Online-Angebote durch zielgruppenspezifische Werbung (publicité ciblée) zu finanzieren, an. Hybride Modelle, die den Nutzenden eine Bezahlalternative (contrepartie monétaire) zur Cookie Wall bieten, sind nicht zu beanstanden. Eine gleichwertige Bezahlalternative fehlt allerdings bei einer prohibitiven Preisbildung; die CNIL fordert konsequent einen angemessenen Tarif (tarif raisonnable).  Die CNIL sieht hier Abonnementsmodelle für den geräteunabhängigen Zugriff auf das Online-Angebot oder eine zugriffsbezogene Einzelabrechnung.

Weitere Zugangsalternative:  Dialogue Wall?

Die CNIL bleibt offenbar bei ihrer Forderung nach einem „alles ablehnen“-Button (bouton «tout refuser»), auch wenn sie dessen Verortung auf der ersten Dialogebene, also auf dem 1st Consent Layer, nicht anspricht.  Dieser Ansatz ist nicht ganz schlüssig: Die Freiwilligkeit der Einwilligung ist nach den Feststellungen der CNIL nicht beeinträchtigt, wenn der Nutzende auf ein einwilligungsfreies gleichwertiges Drittangebot ausweichen muss (Zugangsalternative 1) oder ein zahlungspflichtiges Abonnement abschließen bzw. eine zugriffsbezogen Einzelzahlung leisten muss (Zugangsalternative 2). Am DSK-Kriterium der Aufwandsgleichheit (OH TM 2021 v. 20.12.2021, S. 13) gemessen, müsste dann aber auch ein zweistufiger Einwilligungsdialog mit der zahlungs- und registrierungsfreien „alles ablehnen“-Möglichkeit auf der zweiten Dialogebene, also auf dem 2nd Consent Layer, möglich sein.  Es bleibt abzuwarten, ob die CNIL neben der Cookie Consent Wall und der Pay Wall noch diese mildere Dialogue Wall anerkennt.

Hintergrund:

Die CNIL hatte in ihren Leitlinien v. 4.7.2019 Cookie Walls ausnahmslos als DSGVO-widrig bezeichnet und sich hierfür auf eine Erklärung des EDSA zum Entwurf der ePrivacy-VO berufen.  In seiner Entscheidung v. 19.6.2020 sprach der französische Staatsrat (Conseil d’État) als oberstes Verwaltungsgericht der CNIL allerdings die Kompetenz ab, Cookie Walls in Leitlinien (lignes directrices), also in unverbindlichen Norminstrumenten (instruments de droit souple) kategorisch zu verbieten.  Die CNIL passte ihre Leitlinien entsprechend zum 17.9.2020 an und erlaubt seither eine Einzelfallbetrachtung der jeweiligen Cookie Wall (pratique qui doit être appréciée au cas par cas).  Die CNIL bestätigte die Einzelfallprüfung zuletzt in ihren FAQs in der aktuellen Version v. 4.5.2022.  Die neuen Bewertungskriterien für Cookie Walls v. 16.5.2022 ermöglichen nun eine substantiierte Einzelfallprüfung.

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