ArbG Koblenz: „Wir suchen coole Typen“ ist nicht diskriminierend

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 27.05.2022
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|10014 Aufrufe

Die Klägerin, ihrem biologischen Geschlecht nach ein Mann, betreute ab 2020 gemeinsam mit der Beklagten die Sanierung eines Hauses der Kundin. Die Klägerin war dabei als selbständige Handwerkerin für den Bereich Elektrotechnik verantwortlich, die Beklagte wurde mit den Gewerken Heizung und Sanitär beauftragt. Anfang Januar2021 veröffentlichte die Beklagte im Internet eine Stellenanzeige, in der es hieß:

„Wir suchen coole Typen - Anlagenmechaniker - Bauhelfer …“

Hierauf bewarb sich die Klägerin per E-Mail. In Ihrem Bewerbungsschreiben führte sie aus: „Bezugnehmend zu der Stellenausschreibung auf Ihrer Homepage möchte ich mich um eine Stelle bei Ihnen bewerben. Meine Tätigkeit als Elektrotechnikerin übe ich seit 2000 überwiegend nebenberuflich aus, so dass ich eine Festanstellung suche. (…)

Freundliche Grüße Frau Markus …“

Der E-Mail waren verschiedene weitere Bewerbungsunterlagen beigefügt. Der Geschäftsführer der Beklagten leitete die Bewerbung noch am selben Tage an die gemeinsame Kundin … per Whats-App weiter, versehen mit der Anmerkung „Was läuft da nur falsch“ sowie einem Smiley mit heruntergezogenen Mundwinkeln. Im weiteren Verlauf kam es zwischen den Parteien zu verschiedenen Unstimmigkeiten auf der Baustelle, die Mitte September eskalierten. Mit ihrer im Oktober 2021 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin Entschädigungsansprüche wegen Alters- und sexueller Diskriminierung sowie wegen der Weitergabe ihrer Bewerbung an Dritte.

Im Ergebnis bejaht das ArbG Koblenz 9.2.2022 - 7 Ca 2291/21, BeckRS 2022, 9385 eine zur Entschädigung verpflichtende Diskriminierung im Bewerbungsverfahren. Allerdings sieht es in der Formulierung „coole Typen“ keine Benachteiligung wegen des Alters. Wörtlich heißt es hierzu in den Entscheidungsgründen: „Wenn die Beklagte in ihrer Stellenausschreibung „coole“ Typen sucht, so lässt sich dem nicht entnehmen, dass sie lediglich Bewerber eines (wie auch immer zu bestimmenden) „jungen“ Alters sucht. Bei dem Wort „cool“ handelt es sich um einen mittlerweile eingebürgerten und in der allgemeinen Kommunikation gängigen Begriff, der weder ausschließlich oder typischerweise nur von jüngeren Personen benutzt noch umgekehrt ausschließlich oder hauptsächlich auf jüngere Personen angewendet wird. Cool können Personen, Verhaltensweisen, Ereignisse oder sonstige Umstände sein, der Begriff dient der saloppen Bezeichnung einer besonders gelassenen, lässigen, nonchalanten, kühlen, souveränen, kontrollierten, nicht nervösen Geisteshaltung oder Stimmung sowie der Kennzeichnung besonders positiv empfundener, den Idealvorstellungen entsprechender Sachverhalte. Einen Altersbezug weist er nicht auf.“

Erfolgreich war die Klage am Ende aber doch, da das Gericht infolge der maskulin verwendeten Begriffe „Anlagenmechaniker“ und „Bauhelfer“ und einiger weiterer Äußerungen ein Indiz für eine Geschlechtsdiskriminierung erblickte. Klärungsbedürftig war allerdings, ob die Klägerin diese Indizwirkung für sich reklamieren durfte, da sie ja biologisch dem männlichen Geschlecht angehört. Dazu heißt es im Leitsatz 2 der Entscheidung: „Sowohl das AGG wie auch die Gleichbehandlungsrichtlinie 2006/54/EG erstrecken ihren Schutz vor Benachteiligungen wegen des Geschlechts auf transsexuelle Personen, die sich nicht mehr dem Geschlecht, dem sie im Zeitpunkt ihrer Geburt zugeordnet wurden, sondern einem anderen Geschlecht zugehörig fühlen. Für diesen Schutz bedarf es weder einer Angleichung des Vornamens noch eines Statuswechsels des Geschlechts noch einer Geschlechtsumwandlung; es genügt, wenn biologisches und psychisches Geschlecht nachhaltig auseinanderfallen.“  

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