Letzte Änderungen am Gesetz über virtuelle Hauptversammlungen

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 11.07.2022

Der Bundestag hat am 8. Juli 2022 auf Grundlage der Empfehlung seines Rechtsausschusses (BT-Drs. 20/2653) das "Gesetz zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften und Änderung weiterer Vorschriften" final in zweiter/dritter Lesung beschlossen. Im Vergleich zum zuletzt vorgelegten Gesetzentwurf der Bundesregierung (RegE; hierzu mein Beitrag vom 2. Mai 2022) sieht der Bundestagsbeschluss insbesondere folgende Änderungen vor:

  • Keine Ausnahme bestimmter Beschlussgegenstände vom virtuellen Format: Die noch im RegE vorgesehene Möglichkeit, das neue Format in der Satzung für bestimmte TOP auszuschließen (§ 118a Abs. 1 S. 2 AktG-RegE), soll entfallen.
  • Live-Anträge nur per Video: Zugeschaltete Aktionäre sollen Anträge und Wahlvorschläge in der laufenden Versammlung nur im Wege der Videokommunikation (lt. RegE noch: „im Wege elektronischer Kommunikation“) stellen dürfen (§ 118a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG-E). Die Anträge bzw. Wahlvorschläge können Elemente von Redebeiträgen sein (§ 130a Abs. 5 S. 3 AktG-E).
  • Eingeschränktes Fragerecht: Das Fragerecht in der laufenden Versammlung soll sich auf Nachfragen zu Vorstandsantworten (§ 131 Abs. 1d AktG-E) sowie auf Fragen zu solchen Sachverhalten beschränken, die sich erst nach Ablauf der Fragen-Vorabeinreichungsfrist ergeben (§ 131 Abs. 1e S. 1 AktG-E). Das nach dem RegE geplante Recht, im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten auch völlig neue Fragen zu stellen (§ 131 Abs. 1e S. 2 AktG-RegE), soll entfallen; die Zulassung solcher neuer Fragen soll nun im Ermessen des Versammlungsleiters stehen (vgl. Beschlussempfehlung, S. 36). Das Recht des Versammlungsleiters, die Vorabeinreichung von Fragen angemessen zu beschränken (§ 131 Abs. 1b AktG-E), soll nach Vorstellung des Ausschusses die Möglichkeit beinhalten, eine Gesamthöchstzahl an Fragen vorzusehen (Beschlussempfehlung, S. 35).
  • Vorab-Stellungnahmen nur nach Anmeldung: Der Vorstand soll die Möglichkeit erhalten, das Recht von Aktionären, vorab Stellungnahmen zu einzelnen TOP abzugeben, auf solche Aktionäre zu beschränken, die zur Versammlung angemeldet sind (§ 130a Abs. 1 S. 2 AktG-E). Das entspricht der geplanten Regelung zur Vorabeinreichung von Fragen (§ 131 Abs. 1b S. 2 AktG-E).
  • Zugang zu Vorab-Stellungnahmen nur nach Anmeldung: Die eingereichten Stellungnahmen sollen nur solchen Aktionären zwingend zugänglich zu machen sein, die zur Versammlung angemeldet sind (§ 130a Abs. 3 S. 2 AktG-E). Bei Beschränkung auf diesen Personenkreis soll der Vorstand auch eine Drittanbieter-Website einsetzen dürfen, um die Stellungnahmen zugänglich zu machen (§ 130a Abs. 3 S. 3 Hs. 2 AktG-E). Gedacht ist insofern v. a. an eine Integration in ein von einem Dienstleister betriebenes HV-Portal (Beschlussempfehlung, S. 35).
  • Funktionstest vor Redebeitrag: Die Gesellschaft soll Redebeiträge in der Versammlung zurückweisen dürfen, wenn sich die Videoverbindung zum Aktionär bei einer Überprüfung unmittelbar vor dem Beitrag als nicht funktionsfähig erweist (§ 130a Abs. 6 AktG-E).

Das Gesetzgebungsverfahren kann jetzt planmäßig noch vor Ende August – wenn die aktuellen COVMG-Regelungen zur virtuellen Hauptversammlung auslaufen – abgeschlossen werden.

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