BVerfG I: Verfassungsbeschwerde wegen Entgeltdiskriminierung erfolglos

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 26.07.2022
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1741 Aufrufe

Die Journalistin Birte Meier ist mit ihrer Verfassungsbeschwerde wegen Entgeltdiskriminierung beim BVerfG gescheitert. Die Beschwerde war wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Subsidiarität unzulässig.

Die Beschwerdeführerin arbeitet als freie Mitarbeiterin u.a. für ein Politmagazin des ZDF. Sie sieht sich gegenüber vergleichbaren männlichen Kollegen wegen ihres Entgelts diskriminiert. Mit einer Stufenklage begehrte sie 1. Auskunft über das Entgelt ihrer männlichen Kollegen und danach 2. gleiche Vergütung. Das LAG hat die Klage abgewiesen und die Revision nur wegen der Anwendbarkeit des zwischenzeitlich in Kraft getretenen EntgTranspG auf arbeitnehmerähnliche Personen wie die Klägerin zugelassen. Die Revision hatte Erfolg (BAG, Urt. vom 25.6.2020 - 8 AZR 145/19, NZA 2020, 1613) und führte zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LAG Berlin-Brandenburg. Demgegenüber blieb die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LAG im Übrigen erfolglos (BAG, Beschl. vom 31.7.2019 - 9 AZN 504/19); auch die Anhörungsrüge scheiterte.

Gegen den letztgenannten Beschluss hat die Klägerin Verfassungsbeschwerde erhoben. Die 3. Kammer des Ersten Senats des BVerfG hat die Beschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Im Hinblick auf die erfolgreiche Revision und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht sei derzeit fachgerichtlich offen, ob die Klägerin mit ihrem Begehren letztlich in der Sache Erfolg hat oder nicht. Bislang stehe nicht einmal fest, ob sie tatsächlich weniger verdiene als vergleichbare Kollegen.

Hier könnte die Beschwerdeführerin aufgrund des Erfolgs ihrer Revision zu § 10 EntgTranspG nach erteilter Auskunft über das Vergleichs-Entgelt einen Zahlungsanspruch geltend machen, der jedenfalls nicht von vornherein offensichtlich aussichtslos wäre. Das Bundesarbeitsgericht hat mittlerweile – wie die Beschwerdeführerin zutreffend anmerkt – klargestellt, dass ein die eigene Vergütung übersteigendes mitgeteiltes Vergleichs-Entgelt (Median-Entgelt) die Vermutung im Sinne des § 22 AGG begründe, dass die Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts erfolgt sei (vgl. BAG, Urteil vom 21. Januar 2021 - 8 AZR 488/19 -, Rn. 16, 33, 50 ff.). Damit lägen die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr vor, deren fehlende Annahme durch das Landesarbeitsgericht die Beschwerdeführerin rügt. Die Zahlungsklage könnte daher Erfolg haben. Dass dem andere Gründe entgegenstünden, ist jedenfalls aus den Darlegungen nicht erkennbar. Desgleichen ist nicht ersichtlich, ob der Median nach den Vorstellungen der Beschwerdeführerin vom durchschnittlichen Gehalt der Vergleichspersonen abweicht (...).

BVerfG, Beschl. vom 1.6.2022 - 1 BvR 75/20, BeckRS 2022, 17048

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