SUV = Höhere Geldbuße

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 18.08.2022
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SUVs sind sicherlich eine zweifelhafte Mode, genauso wie Vokuhila beim Fahrer, Fuchsschwanz oder Duftbaum. Letztere drei Umstände wären sicher ein guter Grund, im Falle eines Rotlichtverstoßes die Geldbuße zu erhöhen. Aber natürlich wäre das offensichtlich rechtlich falsch. Wie es mit der SUV-Mode steht, weiß ich auch nicht. Sicher hat jede Leserin und jeder Leser des Blogs eine eigene Meinung dazu. Ich selbst meine: Nur weil jemand ein solches Fahrzeug fährt, ist das noch kein Grund die Regelgeldbuße zu erhöhen. Einen solchen Erhöhungsgrund gibt es m.E. nicht. Das AG Frankfurt a.M. sieht dies freilich anders:

 

...Die Feststellungen zur Art des Fahrzeugs ergeben sich aus den in Augenschein genommenen Lichtbild des Messgeräts, auf deren Inhalt gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V. m. § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO Bezug genommen wird und der verlesenen Halterauskunft.

 Nach alledem ist das Gericht davon überzeugt, dass die betroffene Person den Verkehrsverstoß wie festegestellt begangen hat.

 Zugunsten wurde unterstellt, dass die betroffene Person nur aus Unachtsamkeit das Rotlicht nicht beachtete.

 IV. Damit hat sich die betroffene Person wegen der im Tenor benannten Verkehrsordnungswidrigkeit schuldig gemacht.

 V. 1. Es war ein Bußgeld festzusetzen. Bei der Bemessung der Höhe des Bußgeldes hat sich das Gericht an den Regelsätzen des Bußgeldkataloges - hier Ziffer 132.3 in Höhe von 200 Euro - orientiert.

 Bei der Bemessung hat das Gericht im Rahmen des § 3 Abs. 1 BKatV berücksichtigt, dass die betroffene Person mehrere Voreintragungen im Fahreignungsregister aufweist. Dementsprechend war die Geldbuße zu erhöhen.

 Zudem wurde die erhöhte Betriebsgefahr des verwendeten Kraftfahrzeugs bei der Bemessung der Geldbuße zu Lasten der betroffenen Person berücksichtigt. Die kastenförmige Bauweise und wegen der größeren Bodenfreiheit erhöhte Frontpartie des Fahrzeugs erhöhen bei einem SUV das Verletzungsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer. Gegenüber einem Pkw in üblicher Bauweise liegt deshalb eine erhöhte Betriebsgefahr vor (vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 30.09.1996 - 6 U 63/96, NZV 1997, 230).

 Aufgrund der größeren abstrakten Gefährdung durch das geführte Kraftfahrzeug stellt sich der begangene Rotlichtverstoß gravierender als der Normalfall dar; insbesondere, da die Regelungen des § 37 StVO zu Wechsellichtzeichen darauf abzielen, querende Verkehrsteilnehmern im Kreuzungsbereich der Lichtzeichenanlage bei einer Kollision zu schützen. Daher weist dieser Fall eine Besonderheit auf, die ihn von gewöhnlichen Tatumständen unterscheidet, sodass die Regelbuße entsprechend zu erhöhen ist.

 Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen erachtet es das Gericht als tat- und schuldangemessen eine Geldbuße von 350 Euro festzusetzen.

 2. Daneben war unter Anwendung des Bußgeldkataloges und nach § 25 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 BKatV ein Fahrverbot von 1 Monat zu verhängen. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BKatV ist bei der begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit in der Regel davon auszugehen, dass unter grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers gehandelt wurde. Für einen Ausnahmefall, also erhebliche Abweichungen vom Normalfall, gibt es jedoch vorliegend keine Anhaltspunkte.

 Das Gericht verkennt bei der Verhänigung des Fahrverbotes nicht, dass nach § 4 Abs. 4 BKatV unter Erhöhung der Geldbuße von einer Anordnung eines Fahrverbotes hätte absehen können, hält dies jedoch nicht für geboten.

 Da gegen die betroffene Person in den letzten zwei Jahren vor Begehung der hier zu beurteilenden Verkehrsordnungswidrigkeit kein Fahrverbot verhängt worden ist, war nach § 25 Abs. 2a StVG zu bestimmen, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Entscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

AG Frankfurt a. M. Urt. v. 3.6.2022 – 533 Js-OWi 18474/22, BeckRS 2022, 14557

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7 Kommentare

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Wahrlich eine richterliche Fehlleistung. Demnaechst wird dann wohl ueber Herstellermarken entschieden. Habe auch einen SUV, ohne TUEV und nur das hintere Kennzeichen. 

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Mit nem SUV bei rot über die Ampel zu fahren ist halt objektiv gefährlicher für andere Verkehrsteilnehmer, als wenn man das mit nem Lupo macht. Wieso sollte man das nicht berücksichtigen?

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Es geht um den individuellen Schuldvorwurf. Dabei sind andere Kriterien wie Tageszeit, Verkehrssituation oder Übersichtlichkeit der örtlichen Lage zu berücksichtigen. Nun in Bezug auf einen Rotlicht-Verstoß auf den Typ des geführten PKW abzustellen wirkt schon deshalb wenig überzeugend, weil dafür für PKW und LKW im Bußgeldkatalog regulär die gleichen Strafen vorgesehen sind. 

Entsprechend der gesetzgeberischen Erwägungen erfolgt die Sanktionierung im OWi-Recht sehr schematisiert, so dass die hier vom Gericht vorgenommenen Erwägungen dem Gleichheitssatz widersprechen dürften, denn letztlich wurde ja hier ein Fall einer abstrakten Gefahr beurteilt.

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Sehr richtig. Das Gesetz und der Bußgeldkatalog unterscheiden bei Rotlichtverstößen (!) nicht zwischen PKWs und LKWs. Somit auch nicht zwischen PKWs und SUVs. Was genau sollten auch denn SUVs sein? Das müsste erst einmal (gesetzlich) definiert werden. Das Bestimmtheitsgebot ist zu beachten.

Nicht übersehen werden darf, dass der Gesetzgeber durchaus bei einigen Verkehrsverstößen - wie z.B. bei Geschwindigkeitsüberschreitungen - für PKWs und LKWs unterschiedliche Bußgelder ausdrücklich vorgesehen hat. LKW-Fahrer müssen dabei etwas(!) tiefer in die Tasche greifen, aber jedenfalls nicht soviel tiefer wie das hier von dem Verkehrsrichter für einen SUV-Fahrer festgesetzte Bußgeld (350 Euro). Regelbußgeld für Rotlichtverstoß ist im Bußgeldkatalog mit 90 Euro (ohne Fahrverbot) angegeben und nicht mit 200 Euro ("Bei der Bemessung der Höhe des Bußgeldes hat sich das Gericht an den Regelsätzen des Bußgeldkataloges - hier Ziffer 132.3 in Höhe von 200 Euro - orientiert.") Erst wenn Gefährdung Anderer zu dem Rotlichtverstoß hinzukommt, dann erhöht sich das Bußgeld auf 200 Euro. Kommt es zu einem Unfall, dann sind es 240 Euro.

"Gefährdung Anderer" liegt vor, wenn die Rotphase bereits länger als eine Sekunde andauert. Wobei dazu Meinungen in Rechtsprechung und Literatur vertreten werden, dass auch unter diesen Voraussetzungen nicht zwingend eine "abstrakte Gefährdung" vorliegen muss. Aber das ist nicht das hier diskutierte Problem. Ich habe jedenfalls noch nie davon gehört oder gelesen, dass irgendjemand die Meinung vertrete, "Gefährdung Anderer" oder die "abstrakte Gefährdung" in Zusammenhang mit einem Rotlichtverstoß könnte auch von der Beschaffenheit des Fahrzeugs hergeleitet werden. Denn vieles spricht dafür, dass die von dem Verkehrsrichter vertretene Meinung, die hier zur Diskussion gestellt wurde, unvertretbar ist.

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Ihren Beitrag kann man nur zustimmen. Ob fuer PKW, LKW, SUV oder Goggomobil, die Bestimmungen sind doch fuer alle gleich. 

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