BGH: Besonderer Vertreter nach § 147 Abs. 2 AktG darf Gesellschaft auch im Passivprozess vertreten

von Ulrike Wollenweber, veröffentlicht am 26.08.2022

Der BGH hat mit Urteil vom 21. Juni 2022 (II ZR 181/21) entschieden, dass ein besonderer Vertreter die Gesellschaft in einem Verfahren vertreten darf, in dem ein von ihm beauftragter Rechtsanwalt seine Vergütungsansprüche gegen die Gesellschaft geltend macht.

Besonderer Vertreter beauftragt Rechtsanwälte

Ein besonderer Vertreter sollte gemäß § 147 Abs. 2 AktG Ersatzansprüche gegen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder geltend machen und beauftragte in diesem Zusammenhang im Namen der Gesellschaft weitere Rechtsanwälte. Als der Vorstand die Honorarforderungen der Anwälte nicht begleichen wollte, verklagten die Anwälte die Gesellschaft. Das Berufungsgericht hatte dazu entschieden, dass die Vertretungsmacht des besonderen Vertreters nicht die prozessuale Vertretungsmacht in einem Passivprozess umfasse (OLG Karlsruhe vom 20.10.2021, 11 U 10/19).

Vertretungsbefugnis des besonderen Vertreters umfasst erforderliche Hilfsgeschäfte

Nach Ansicht des Senats umfasst die Vertretungsbefugnis des besonderen Vertreters jedoch auch die zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen erforderlichen Hilfsgeschäfte. Der Umfang der Vertretungszuständigkeit bestimme sich dabei aus dem sachlichen Inhalt der jeweiligen Aufgabenzuweisung. Die Geltendmachung eines Ersatzanspruchs durch einen besonderen Vertreter umfasse auch dessen gerichtliche Durchsetzung sowie die Beauftragung eines Rechtsanwalts.

Der besondere Vertreter könne jedenfalls dann die Gesellschaft in einem Prozess über die Vergütungsansprüche eines beauftragten Rechtsanwalts vertreten, wenn die Geltendmachung der Ersatzansprüche gegen die Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglieder noch nicht abgeschlossen sei. Dies entspreche dem Zweck, die Ansprüche unabhängig von Vorstand und Aufsichtsrat zu verfolgen.

Vorstand und Aufsichtsrat werden aus dem Rechtsstreit gewiesen

Da Vorstand und Aufsichtsrat vorliegend nicht zur Vertretung der Gesellschaft befugt waren, wies der Senat sie aus dem Rechtsstreit aus. Das Berufungsurteil wurde aufgehoben und die Berufung als unzulässig verworfen. Im Ergebnis blieb das Anerkenntnisurteil durch den besonderen Vertreter in der ersten Instanz bestehen (LG Heidelberg vom 09.08.2019, 4 O 366/18).

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