Ein paar Strafzumessungsfehler....

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 26.10.2022
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1487 Aufrufe

...hatte das LG Arnsberg in sein Urteil eingebaut. Zu Fragen der Berücksichtigung der Verfahrensdauer, der fehlenden Schadenswiedergutmachung und der Vorstrafensituation: 

 

a) Das Landgericht hat bei der Bemessung aller Einzelstrafen zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass dieser „lediglich geringfügig und in völlig anderem Kontext vorbestraft“ ist. Diese Erwägung ist rechtsfehlerhaft, denn der Angeklagte war nach den Feststellungen im Zeitpunkt der Begehung der hier verfahrensgegenständlichen Taten unbestraft. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass das Landgericht diesem Umstand, hätte es ihn zutreffend erkannt, ein höheres strafmilderndes Gewicht beigemessen hätte als der von ihm herangezogenen Erwägung, dass die - tatsächlich erst nach dem Tatzeitraum erfolgte - Vorverurteilung nur „geringfügig“ war und ein andersartiges Delikt betraf.

 

b) Strafschärfend hat das Landgericht gewertet, dass bislang „keinerlei Schadensausgleich“ erfolgte. Der Senat lässt offen, ob, gegenüber wem und auf welche Weise in der vorliegenden Fallkonstellation der Veräußerung von Insiderpapieren unter Verwendung einer Insiderinformation (§ 38 Abs. 1 Nr. 1 WpHG in der Fassung vom 6. Dezember 2011) überhaupt eine Schadenswiedergutmachung möglich wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 5 StR 254/09, NStZ 2010, 326). Denn das Landgericht hat dem Angeklagten mit dieser Erwägung jedenfalls das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes zur Last gelegt, was rechtsfehlerhaft ist (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 2021 - 6 StR 405/21 mwN).

 

c) Schließlich ist zu besorgen, dass das Landgericht die lange Verfahrensdauer bei seiner Strafzumessung unberücksichtigt gelassen hat. Die Strafkammer hat strafmildernd herangezogen, dass die Taten „sehr lang zurück“ liegen, und eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung festgestellt. Dies lässt besorgen, dass sie der Verfahrensdauer bei der Strafzumessung keine eigenständige Bedeutung beigemessen hat. Eine überdurchschnittlich lange Verfahrensdauer ist indes ungeachtet eines geringeren Strafbedürfnisses aufgrund des zeitlichen Abstands zwischen Tatbegehung und Urteil und eines etwa gewährten Vollstreckungsabschlags bei der Strafzumessung zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2022 - 4 StR 202/21, NStZ-RR 2022, 200; Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 142) und stellt einen bestimmenden Strafzumessungsgrund im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO dar (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2016 - 2 StR 344/14 Rn. 49; Beschluss vom 15. März 2022 - 4 StR 202/21, NStZ-RR 2022, 200 mwN).  

 

  Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.08.2022, Az. 4 StR 472/21 REWIS RS 2022, 4738
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