OLG Brandenburg: Wir müssen nicht aufs BVerfG warten - wir machen es ja richtig!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 16.11.2022
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht2|1567 Aufrufe

Beim OLG Brandenburg ging es um Poliscan FM1, das Rohmessdaten nicht speichert. Höchst ärgerlich. Daher wartet die Praxis noch immer auf eine BVerfG-Entscheidung dazu. Aber: Muss ein Gericht diese Entscheidung abwarten? Nein, meint das OLG Brandenburg ganz richtig. Vielleicht wäre es natürlich doch besser, zu warten - aufgrund des tatrichterlichen Urteils droht auch bei langem Warten keine Verjährung....

 

.....Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts und macht geltend, das eingesetzte Messgerät PoliScan FM 1 des Herstellers Vitronic genüge jedenfalls mit der Softwareversion 4.4.9, bei welcher keine Rohmessdaten gespeichert würden, nicht rechtsstaatlichen Prinzipien. Hierzu sei zum Aktenzeichen 2 BvR 1167/20 eine Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig, deren Ergebnis vor der hiesigen Entscheidung abzuwarten sei....

... Das Verfahren ist nicht mit Blick auf das vor dem Bundesverfassungsgericht zum Aktenzeichen 2 BvR 1167/20 anhängige Verfassungsbeschwerdeverfahren auszusetzen. Eine Grundrechtsverletzung ist nicht zu besorgen. Die fehlende Reproduzierbarkeit der zum einzelnen Messwert führenden Berechnung wegen fehlender Rohmessdaten berührt weder den Anspruch des Betroffenen auf ein faires Verfahren noch denjenigen auf eine effektive Verteidigung (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 01. Dezember 2021, 1 OWi 2 SsBs 100/21, Rz. 15 m. w. N., Juris).

OLG Brandenburg Beschl. v. 27.9.2022 – 1 OLG 53 Ss-OWi 397/22, BeckRS 2022, 28361

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2 Kommentare

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Ich bewundere immer wieder die Weisheit der OLG-Richter. Die wissen, dass die Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Standardisierten Messverfahrens bei PoliScanSpeed grundsätzlich eingehalten werden.

Und das “wissen“ sie, weil es ihnen die PTB sagt. Dieselbe PTB, die ein Messgerät zugelassen hat, mit dem zehn Jahre lang standardisierte Messungen möglich waren, bis dann solch extreme Abweichungen festgestellt worden, dass es auf einmal nicht mehr standardisiert messen konnte und vom Markt genommen wurde.

Dieselbe PTB, die bis heute den technisch nachgewiesenen, in Einzelfällen möglichen Einfluss von LED-Licht bei den eso-Einseitensensoren in Abrede stellt und behauptet, die Rohmessdaten könnten zur sinnvollen Beurteilung einer Messung herangezogen werden, dann aber eine Auswertesoftware zulässt, die bei schon abgeschlossenen Messungen mithilfe der ungeeigneten Rohmessdaten die Anzeige von Messungen unterbindet, bei denen der nicht mögliche Einfluss von LED-Licht vorliegt.

Wie sehr muss man eigentlich unter Relativitätsverweigerung leiden, um so so urteilen zu können?

 

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Wenn die technischen Zusammenhänge in OLG-Beschlüssen keine Rolle spielen, obwohl sie das für eine sinnvolle Bewertung tun müssten, ist das entweder durch eine bewusste Missachtung oder unzureichende Kenntnis/Auseinandersetzung mit den inzwischen nachgewiesenen Messfehlern zugelassener Messgeräte zu erklären.

Beides mehr als ärgerlich und es entsteht  außerhalb der juristischen Kreise der Eindruck, dass die Beschlüsse möglicherweise politisch motiviert sein könnten. In diesen Zusammenhang passt es auch, wenn ein Richter eines OLG, das beim Erwähnen technischer Aspekte immer wieder die Stellungnahmen der PTB zitiert, gleichzeitig einen Aufsatz in den PTB-Mitteilungen veröffentlicht. Jeder vergleichbar vorgehende Sachverständige würde in Gerichtverfahren (aus meiner Sicht vollkommen zurecht) wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

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