EuGH: Öffentlicher Zugang zu Daten im Register der wirtschaftlich Berechtigten verletzt Datenschutzrechte

von Ulrike Wollenweber, veröffentlicht am 28.11.2022

Der EuGH hat mit Urteil vom 22. November 2022 (C-37/20 und C-601/29) entschieden, dass die EU-Geldwäscherichtlinie 2015/849 in der Fassung der Änderungsrichtlinie (EU) 2018/843 (sog. Fünfte Geldwäscherichtlinie) aufgrund von Eingriffen in den Schutz personenbezogener Daten teilweise rechtswidrig ist.

Klagen in Luxembourg

Die Kläger waren gegen die luxemburgische Umsetzung der Geldwäscherichtlinie vorgegangen und hatten erfolglos beantragt, den Zugang der Öffentlichkeit zu ihren persönlichen Daten im Luxemburger Register der wirtschaftlich Berechtigten zu beschränken. Sie fürchteten aufgrund der Offenlegung ihrer finanziellen Verhältnisse Erpressungen oder Entführungen.

Vorlage an den EuGH

Das Luxemburger Gericht legte dem EuGH verschiedene Fragen zur Vereinbarkeit der Fünften Geldwäscherichtlinie mit der Charta der Grundrechte der EU vor, die in Art. 7 und 8 die Achtung des Privatlebens und den Schutz personenbezogener Daten vorsieht. Streitgegenstand war insbesondere Art. 30 Abs. 5 der Richtlinie in der durch Art. 1 Nr. 15 g der Änderungsrichtlinie (EU) 2018/843 geänderten Fassung, nach dem die Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten für alle Mitglieder der Öffentlichkeit zugänglich sein müssen. Im deutschen Recht wurde diese Bestimmung in § 23 Abs. 1 GwG umgesetzt.

Eingriff ist nicht verhältnismäßig

Nach Ansicht des Gerichtshofs stellt der Zugang der Öffentlichkeit zu den Informationen über den wirtschaftlichen Berechtigten einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen dar. Zwar sei die Regelung eine geeignete Maßnahme zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Der Eingriff sei jedoch nicht auf das erforderliche Maß beschränkt und nicht verhältnismäßig. Im Vergleich zur Vorgängerregelung aus der sog. Vierten Geldwäscheregelung, nach der der Zugang zum Register auf Personen mit berechtigtem Interesse beschränkt war, seien keine zusätzlichen Vorteile für die Geldwäschebekämpfung ersichtlich. Zudem sei die Ausnahmeregelung, nach der die Daten in bestimmten Fällen nicht zugänglich gemacht werden müssen, nicht geeignet, persönliche Daten gegen Missbrauch zu schützen.

Ausblick

Es bleibt abzuwarten, wie das Urteil in den Mitgliedstaaten aufgenommen wird. In Luxemburg (vgl. diese Pressemitteilung) und den Niederlanden sollen die Zugriffe auf die dortigen Register der wirtschaftlich Berechtigten kurzfristig eingeschränkt werden.

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