Keine Überraschung: Urlaubs(abgeltungs)anspruch verjährt nur nach Aufforderung, den Urlaub zu nehmen

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 27.12.2022
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht1|2194 Aufrufe

In der Woche vor Weihnachten hat das BAG mit großem Medienecho entschieden, was zu erwarten und angesichts der Rechtsprechung des EuGH wohl unvermeidlich war:

Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub unterliegt der gesetzlichen Verjährung. Allerdings beginnt die dreijährige Verjährungsfrist erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Bekanntlich hatte der EuGH bereits 2018 entschieden, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Arbeitnehmer "tatsächlich in die Lage zu versetzen", den ihm zustehenden Urlaub zu nehmen. Dazu muss er ihn individuell und in jedem Kalenderjahr auf die ihm zustehenden Urlaubsansprüche hinweisen und ihn auffordern, den Urlaub zu beanspruchen (EuGH, Urt. vom 6.11.2018 - C-684/16 - Max-Planck-Gesellschaft). Auf Vorlage des BAG im hiesigen Verfahren hatte der EuGH dann gemeint, dies führe auch für länger zurückliegende Urlaubsansprüche, also solche aus der Zeit vor dem genannten Urteil, dazu, dass sie nicht verjähren, wenn der Arbeitgeber dieser Obliegenheit - von der er gar nicht wissen konnte - nicht nachgekommen war (EuGH, Urt. vom 22.9.2022 - C-120/21, LB/TO, NZA 2022, 1326 und hier im BeckBlog).

Das BAG ist dem gefolgt und hat die Revision der Beklagten gegen das Urteil des LAG Düsseldorf zurückgewiesen. Die Beklagte muss der Klägerin 76 Urlaubstage für die Jahre 2013 bis 2016 im Wert von über 17.000 Euro abgelten (§ 7 Abs. 3 BUrlG), nachdem das Arbeitsverhältnis 2017 beendet worden ist und die Klägerin ihren Urlaub nicht mehr in Natur beanspruchen kann.

BAG, Urt. vom 20.12.2022 - 9 AZR 266/20, Pressemitteilung hier

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