Weinjahr 2022 - Glühwein

von Michael Else, veröffentlicht am 28.12.2022

zu Landgericht München I, Urteil vom 17.11.2022 - 17 HKO 8213/18 (Volltext noch nicht veröffentlicht)

Das Landgericht München hatte den Fall zu entscheiden, ob bei der Herstellung von Glühwein auch eine Bockbierwürze eingesetzt werden darf. Ein Brauhaus hatte solche Getränke hergestellt und als Glühwein in den Verkehr gebracht, wogegen sich eine Weinkellerei wandte. Das Gericht gab dem Antrag der Kellerei statt und hat dem Brauhaus verboten, seine beiden mit Bockbierwürze versetzten weinhaltigen Getränke als „Glühwein“ im geschäftlichen Verkehr zu bezeichnen.

 

Hintergrund

Glühwein bezeichnet ein aromatisiertes weinhaltiges Getränk, das ausschließlich aus Rotwein oder Weißwein gewonnen wird, das hauptsächlich mit Zimt und/oder Gewürznelken gewürzt wird und bei dem der vorhandene Alkoholgehalt mindestens 7 % vol beträgt. Abgesehen von der Wassermenge, die aufgrund der Anwendung von Anh. I Nr. 2 (im Zusammenhang mit einer Süßung) zugesetzt wird, ist der Zusatz von Wasser untersagt. Im Fall der Zubereitung aus Weißwein muss die Verkehrsbezeichnung „Glühwein“ durch Wörter, die auf die Verwendung von Weißwein hinweisen, beispielsweise das Wort „weiß“, ergänzt werden.

Anhang II Teil B Nr. 8 der Verordnung (EU) 251/2014 über die Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen

 

Gegenstand des Verfahrens

Um eine mögliche Irreführung beurteilen zu können, musste sich das Gericht zunächst Klarheit darüber verschaffen, um was es sich bei einer Bockbierwürze handelt. Vor allem, ob es ein zulässiges Gewürz im Sinne der EU-Verordnung darstellen könnte. Neben Zimt und Gewürznelken als hauptsächliche Gewürze sind -wie für alle aromatisierten Weine allgemeingültig- weitere würzende Zutaten zulässig, wie etwa natürliche Aromastoffe und/oder Aromaextrakte, bestimmte Aromen, Würzkräuter und/oder Gewürze und/oder geschmacksgebende Lebensmittel und Spirituosen, vgl. Anhang I Nr. 1 der Verordnung (EU) 251/2014. Durch den Zusatz solcher Stoffe soll das Fertigerzeugnis geschmackliche Eigenschaften erhalten, die sich von denen von Wein unterscheiden sollen.

Ein im Verfahren gehörter Oenologe sorgte für Aufklärung:

Der in dem Wort „Bockbierwürze“ enthaltene Begriff „Würze“ sei lediglich historisch bedingt und inhaltsstofflich nicht korrekt, so der Sachverständige. Die Bockbierwürze sei kein Gewürz, sondern eine Flüssigkeit, die ein Gewürz empfange. Bierwürze im Allgemeinen habe nichts mit einem Gewürz oder Süßungsmitteln zu tun. Die Bockbierwürze sei gegenüber anderen Gewürzen insbesondere kein hoch konzentrierter Stoff, deshalb sei der Wasserzusatz in den Getränken der Beklagten erheblich.

Die würzenden Eigenschaften einer Bockbierwürze sind demnach so gering, dass man die Würze nicht als Gewürz ansehen kann. Um eine würzende Wirkung zu erlangen, muss eine erhebliche Menge dem zu würzenden Getränk zugefügt werden. Da dies in Form eines Wasser-Würz-Gemisch erfolgt, findet ein erheblicher Eintrag von Wasser in das Getränk statt.

Der Zusatz von Wasser ist gemäß Anhang I Nr. 5 der Verordnung (EU) 251/2014 nur in einer Dosierung zulässig, wie sie zur Bereitung von Aromaessenzen, der Auflösung von Farbstoffen und Süßungsmitteln unbedingt erforderlich ist. Die Regelungen für Glühwein gehen sogar etwas weiter, in dem ein Wasserzusatz nur im Zusammenhang mit einer Süßung erlaubt wird, demnach nicht zur Bereitung von Aromaessenzen wie einem wässrigen Gewürzauszug.

 

Entscheidung

Auf dieser Grundlage kam das Landgericht zu der nachvollziehbaren Entscheidung, dass es sich bei der verwendeten Würze nicht um ein Gewürz im Sinne der Verordnung handelt und der Zusatz von Bockbierwürze vor allem zu einem zusätzlichen Wassergehalt von 2 % im fertigen Produkt führt. Dies „verwässere den Glühwein“, was der Verbraucher nicht erwarte und daher getäuscht werde.

Das Gericht führte weiter aus, dass der Wassergehalt in Glühwein strengen Vorgaben unterliege: Nur zum Süßen oder zur Beigabe von Gewürzen sei Wasser zulässig, in so geringer Menge wie möglich.

Hier liegt das Gericht aber nicht ganz richtig, auch der Zusatz von Wasser im Zusammenhang mit der Aromatisierung „der Beigabe von Gewürzen“ ist nach Wortlaut der Verordnung für „Glühwein“ nicht zulässig. Dies ändert aber nichts an der Bewertung der im Ergebnis zutreffenden Entscheidung.

 

Pressemitteilung 29/2022 vom 21.11.2022
„Wein oder nicht Wein, das ist hier die Frage“ - Wo „Glühwein“ draufsteht, muss auch Glühwein drin sein!

 

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