BGH: Zur Wirksamkeit insolvenzabhängiger Lösungsklauseln

von Ulrike Wollenweber, veröffentlicht am 13.01.2023

Der BGH hat mit Urteil vom 27. Oktober 2022 (IX ZR 213/21) zu den Voraussetzungen der Wirksamkeit einer insolvenzabhängigen Lösungsklausel – insbesondere zugunsten eines Geldleistungsgläubigers – Stellung genommen.

Unwirksamkeit insolvenzabhängiger Lösungsklauseln nach §§ 119, 103 InsO

Die Wirksamkeit von Vertragsklauseln, die einer Partei einseitig eine Kündigung erlauben, wenn die andere Partei insolvent ist („insolvenzabhängige Lösungsklausel“), ist bislang umstritten. Denn nach § 119 InsO sind Vereinbarungen, die im Voraus zu einer Beschränkung des Wahlrechts des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO führen, ob er den Vertrag erfüllen möchte oder nicht, unwirksam.

Auslegung des § 119 InsO: Sachlicher Grund erforderlich

Nach Ansicht des Senats begrenzt § 119 InsO die Gestaltungsfreiheit der Parteien. Erfasst seien Lösungsklauseln, deren Zweck sich darauf beschränke, den Vertragspartner vom Vertrag zu befreien und somit das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO zu vereiteln. Anders sei eine Lösungsklausel zu bewerten, wenn bei Vertragsschluss berechtigte Gründe bestünden, die einer einseitigen Verlagerung des Vertragsrisikos auf die zukünftigen Insolvenzgläubiger entgegenstehen.

Lösungsklauseln zugunsten eines Geldleistungsgläubigers

Vorliegend war vertraglich vereinbart, dass ein Auftraggeber berechtigt sein sollte, im Fall der Insolvenz des Auftragnehmers zu kündigen. Nach der bisherigen Rechtsprechung sind solche Klauseln zugunsten des Geldleistungsgläubigers regelmäßig unwirksam, da der Geldleistungsgläubiger durch die gesetzlichen Regelungen bei Austauschverhältnissen (§ 320 BGB) ausreichend geschützt sei.

Der Senat führt hier aus, dass solche Lösungsklauseln in bestimmten Fällen jedoch wirksam sein können, beispielsweise wenn das Gesetz für diesen Vertragstyp eine Kündigung aus wichtigem Grund zulasse und die vertragliche Ausgestaltung der wichtigen Gründe im Einzelfall gerechtfertigt sei. Hier war dies nicht ausreichend berücksichtigt worden, so dass die Sache zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen wurde.

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