Handel mit CBD-haltigem Nutzhanf: BGH kippt Freisprüche!

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 21.01.2023
Rechtsgebiete: StrafrechtBetäubungsmittelrecht|3394 Aufrufe

Der 5. Strafsenat des BGH hat diese Woche auf die Revision der Staatsanwaltschaft ein Urteil des LG Berlin vom 30.3.2022 aufgehoben (Urt. v. 16.1.2023 – 5 StR 269/22), mit dem fünf Angeklagte vom Vorwurf der Begehung von Betäubungsmittelstraftaten durch den Vertrieb von Bestandteilen der Cannabispflanze mit einem geringen THC-Gehalt und einem hohen CBD-Gehalt in Portionen zu 2 und 5 Gramm über Spätverkaufsstellen und im Online-Handel freigesprochen wurden. In Zusammenhang hiermit war es zu folgenden Beschaffungshandlungen gekommen:

  • Einer der Angeklagten brachte im Januar 2019 ca. 3 kg Blütenstände von Cannabispflanzen mit einem Wirkstoffgehalt von etwa 5 g THC aus der Schweiz nach Deutschland,
  • am darauffolgenden Tag wurden im Geschäftssitz des Unternehmens ungefähr 2,4 kg Blütenstände von Cannabispflanzen und etwa 1 kg einer cannabishaltigen Zubereitung mit einem Wirkstoffgehalt von insgesamt rund 5,5 g THC zum gewinnbringenden Verkauf verwahrt,
  • im Februar 2019 beschlagnahmte der Zoll in Berlin eine zuvor in Luxemburg bestellte Paketsendung mit 7,5 kg Blütenständen von Cannabispflanzen, die einen Gehalt von ca. 9 g THC aufwiesen.

Das LG Berlin begründet seinen Freispruch damit, dass den Angeklagten in subjektiver Hinsicht kein strafrechtliches Fehlverhalten nachzuweisen gewesen wäre. Sie hätten weder erkannt noch fahrlässig verkannt, dass die gehandelten CBD-Produkte zu Rauschzwecken missbraucht werden könnten und daher dem BtMG unterfielen.

Der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil auf, weil die Beweiswürdigung des LG rechtsfehlerhaft sei. So habe die Strafkammer sich schon nicht mit der Glaubhaftigkeit der Einlassungen der Angeklagten auseinandergesetzt, sondern sie lediglich wörtlich wiedergegeben und ohne nähere Prüfung ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. Das LG habe auch keine Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und etwaigen Vorstrafen der Angeklagten getroffen, obwohl sich aus ihnen möglicherweise Anhaltspunkte dafür hätten ergeben können, dass die Angeklagten die Betäubungsmitteleigenschaft der gehandelten CBD-Produkte erkannten oder hätten erkennen können. Ferner fehle eine ausreichende Auseinandersetzung damit, dass die Angeklagten damit warben, die verkauften CBD-Produkte hätten entgegen der „Behauptung einiger selbst ernannter Experten, Polizisten und Richter" keine Rauschwirkung.

Die Pressemitteilung des BGH findet sich hier.

Sobald die Urteilsgründe vorliegen, werde ich darüber berichten…

Zur Betäubungsmitteleigenschaft von CBD-haltigem Nutzhanf siehe auch meinen Blog-Beitrag vom 13.10.2022.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen