Verwaltungsgerichte bremsen Sperrverfügungen der Glücksspielbehörde gegen Internet-Provider aus

von Prof. Dr. Marc Liesching, veröffentlicht am 07.02.2023

Die seit Juli 2022 zuständige Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder hat Anfang 2023 faktisch ihre Arbeit aufgenommen. Neben den klassischen Vollzugsinstrumenten setzt die GGL zum ersten Mal auch die Instrumente Payment-Blocking und Netzsperren ein. Bei dem im GlüStV 2021 wieder eingeführten Instrument der Netzsperren sah die GGL "erste positive Entwicklungen". Auf Basis der neuen Rechtsgrundlage wurden bereits im Herbst 2022 sechs Verfahren gegen die Internet-Service-Provider eingeleitet.

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Beschl. v. 31.1.2023 - 6 B 11175/22.OVG) und das Verwaltungsgericht Düsseldorf (Beschl. v. 3.2.2023 - 3 L 2261/22) sind nun bereits in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im Rahmen der summarischen Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Sperrverfügungen gegen die Provider rechtswidrig sind. Wesentlicher Grund hierfür ist, dass die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage für Sperrverfügungen nach § 9 Abs. 1 S. 3 GlüStV 2021 nicht vorliegen. Denn hiernach sind Maßnahmen zur Sperrung von Angeboten nur "gegen im Sinne der § 8 bis 10 TMG verantwortliche Diensteanbieter" möglich. Access-Provider sind aber auch im Falle der Kenntnis von betreffenden sperrverfügungsgegenständlichen Angeboten hierfür in der Regel nicht verantwortlich. Die Verwaltungsgerichte folgen damit im Ergebnis der bereits zur vormaligen Rechtslage der im Wortlaut identischen Ermächtigungsgrundlage des GlüStV 2008 ergangenen Rechtsprechung (VG Düsseldorf, Urt. v. 29.11.2011 - 27 K 458/10 und 27 K 5887/10 sowie VG Köln, Urt. v. 15.12.2011 - 6 K 5404/10).

Eine Sperrungsanordnung lässt sich nach dem Beschluss des OVG RLP auch nicht (hilfsweise) auf § 9
Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt stützen, da dem gerade die spezialgesetzliche Sonderregelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 entgegensteht, die eine abschließende Regelung zu den als Störer in Anspruch zu nehmenden Personen
enthält.

Diese besondere Regelung zur Abwehr von Gefahren durch unerlaubte Glücksspielangebote gehe zudem im Anwendungsbereich des GlüStV 2021 gemäß § 27a Abs. 3 GlüStV 2021 den allgemeinen ordnungsrechtlichen Grundsätzen über die Inanspruchnahme Nichtverantwortlicher gemäß § 10 SOG LSA vor. Außerdem bestehe die einheitliche Zuständigkeit der Antragsgegnerin für alle Länder bei unerlaubtem öffentlichen Glücksspiel, welches im Internet in mehr als einem Land angeboten wird, gemäß §§ 27e Abs. 1, 27f Abs. 2 i.V.m. § 9a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 GlüStV 2021 nur für die besonderen Maßnahmen der Glücksspielaufsicht nach § 9 Abs. 1 GlüStV 2021 und nicht zugleich für ein landeseinheitliches allgemeines Ordnungsrecht. § 9a Abs. 3 GlüStV 2021 trifft insoweit eine abschließende Zuständigkeitsregelung.

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