Beharrlichkeitsfahrverbot: Was im Urteil stehen sollte!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 10.02.2023
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1870 Aufrufe

Fahrverbote nach § 25 StVG können wegen grober Pflichtenverstöße, wegen beharrlicher Pflichtenverstöße und wegen Trunkenheits- bzw. Drogenfahrten angeordnet werden. Der beharrliche Pflichtenverstoß ist dabei nur sehr spärlich geregelt. Das einzige Regelfahrverbot ist in § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV geregelt:

Ein Fahrverbot kommt in der Regel in Betracht, wenn gegen den Führer eines Kraftfahrzeugs wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h bereits eine Geldbuße rechtskräftig festgesetzt worden ist und er innerhalb eines Jahres seit Rechtskraft der Entscheidung eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h begeht.

Sonstige Beharrlichkeitsfahrverbote sind echte Einzelfallrechtsprechung. Die Darstellungslast an die Tatrichter*innen ist dementsprechend schwer:

Insbesondere für die Verhängung eines Fahrverbots wegen eines beharrlichen Verstoßes gegen die Pflichten eines Kraftfahrzeugführers außerhalb eines Regelfalls gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StVG ist eine hinreichend aussagekräftige Darstellung der Vorahndungslage unerlässlich. Denn die Beharrlichkeit setzt gerade voraus, dass es dem Täter subjektiv an der für die Straßenverkehrsteilnahme notwendigen rechtstreuen Gesinnung und Einsicht in zuvor begangenes und noch verwertbares Unrecht fehlt, indem er Verkehrsvorschriften unter Missachtung einer oder mehrerer Vorwarnungen wiederholt verletzt. Dem Zeitmoment kommt, wie sich § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV entnehmen lässt, Bedeutung für das Vorliegen eines beharrlichen Pflichtenverstoßes insoweit zu, als nicht nur der Zeitablauf zwischen dem jeweiligen Eintritt der Rechtskraft der Vorahndungen, sondern auch zwischen den jeweiligen Tatzeiten (Rückfallgeschwindigkeit) zu berücksichtigen ist. Daneben sind insbesondere Anzahl, Tatschwere und Rechtsfolgen früherer und noch verwertbarer Verkehrsverstöße im Einzelfall zu gewichten (vgl. nur BayObLG, Beschluss vom 10.05.2021 - 201 ObOWi 445/21 = Blutalkohol 58, 260 (2021) = VerkMitt 2021, Nr. 51 = NStZ-RR 2021, 351 = OLGSt StVG § 25 Nr. 87; 17.07.2019 - 202 ObOWi 1065/19 = ACE-Verkehrsjurist 2019, Nr. 3, 13 = OLGSt StVG § 25 Nr. 73). Aufgrund dessen genügt ein tatrichterliches Urteil regelmäßig nur dann den Erfordernissen an eine rechtsfehlerfreie Darstellung, wenn die Vorahndungen nach Art des Verkehrsverstoßes, Tatzeit, angeordneten Rechtsfolgen, Entscheidungsdaten und Zeitpunkten des Rechtskrafteintritts im Einzelnen wiedergeben werden, soweit die Vorahndungen noch verwertbar sind.

b) Diesen Anforderungen werden Urteilsgründe nicht gerecht. Im Rahmen der persönlichen Verhältnisse wird zwar angekündigt, dass die Vorahndungen dargestellt werden. Dies erfolgt jedoch nicht. Vielmehr beschränkt sich das Urteil auf den nicht nachvollziehbaren Vermerk „FAER einfügen“. Im Rahmen der Erwägungen zur Rechtsfolgenbemessung wird zunächst auf das angeblich unter Ziffer I. der Urteilsgründe wiedergegebene „FAER“ verwiesen. Ansonsten werden nur pauschal einige wenige Vorahndungen ohne hinreichende Aussagekraft erwähnt; im Übrigen nimmt das tatrichterliche Urteil auf eine „Vielzahl von Vorahndungen“ Bezug, ohne diese im Einzelnen darzulegen.

BayObLG Beschl. v. 13.12.2022 – 202 ObOWi 1458/22, BeckRS 2022, 41459

 

 

 

 

 

 

 

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen