Betriebsrat kann Zustimmung zur Einstellung verweigern, wenn notwendige innerbetriebliche Stellenausschreibung unterblieben ist

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 02.03.2023
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1852 Aufrufe

1. Der Arbeitgeber hat eine – vom Betriebsrat verlangte – innerbetriebliche Ausschreibung von Arbeitsplätzen nach § 93 BetrVG vorzunehmen, bevor er eine Entscheidung über deren Besetzung trifft und den Betriebsrat zu der beabsichtigten personellen Maßnahme um Zustimmung ersucht.

2. Die Ausschreibung kann grundsätzlich nicht während des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens nachgeholt werden.

Das hat das BAG entschieden.

Sinn und Zweck des § 93 BetrVG gebieten … die Durchführung des innerbetrieblichen Ausschreibungsverfahrens, bevor der Arbeitgeber die Entscheidung über die Besetzung der freien Stelle trifft und den Betriebsrat um eine entsprechende Zustimmung ersucht. Die Vorschrift ermöglicht es dem Betriebsrat, im Interesse der von ihm vertretenen Belegschaft durch die Bekanntmachung freier Stellen den innerbetrieblichen Arbeitsmarkt zu aktivieren. Die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer sollen Gelegenheit erhalten, sich auf die zu besetzenden Arbeitsplätze zu bewerben. Zudem zielt die Norm darauf ab, für die Belegschaft eine erhöhte Transparenz von betrieblichen Vorgängen zu schaffen und so einer Irritation über die Hereinnahme Außenstehender trotz im Betrieb vorhandener personeller Ressourcen entgegenzuwirken (…). Erfolgt die innerbetriebliche Stellenausschreibung erst, nachdem der Arbeitgeber seine Entscheidung über die Stellenbesetzung getroffen und sie dem Betriebsrat mit der Bitte um Zustimmung unterbreitet hat, ist nicht gleichermaßen gewährleistet, dass diese Ziele erreicht werden (…). Schon die Kundgabe einer Besetzungsentscheidung gegenüber dem Betriebsrat birgt die Gefahr, dass den (übrigen) Arbeitnehmern des Betriebs der Eindruck vermittelt wird, der Arbeitgeber habe die – aus seiner Sicht – am besten geeignete Person für die zu besetzende Stelle bereits ausgewählt. Das kann zur Folge haben, dass sie bei einer späteren Ausschreibung von einer eigenen Bewerbung absehen, weil sie ihr keinen Erfolg einräumen. Durch eine bloße Nachholung der Ausschreibung könnten daher die gesetzlichen Ziele, den innerbetrieblichen Arbeitsmarkt zu aktivieren und die Transparenz des Stellenbesetzungsvorgangs zu gewährleisten, beeinträchtigt werden. Unerheblich ist, dass der Arbeitgeber bei seiner Auswahl letztlich nicht an den Kreis innerbetrieblicher Bewerber gebunden ist und es grundsätzlich in seinem Ermessen liegt, die Stelle einem Arbeitnehmer seiner Wahl zu übertragen (…). Das ist § 93 BetrVG immanent. Die Norm beschränkt nicht die Besetzungsentscheidung des Arbeitgebers, sondern schreibt lediglich die Durchführung eines dieser Entscheidung vorgelagerten Verfahrens vor, mit dem der innerbetriebliche Arbeitsmarkt aktiviert und betriebliche Transparenz hergestellt werden sollen.

BAG, Beschl. vom 11.10.2022 - 1 ABR 16/21, NZA 2023, 236

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