Aktualisierte DSW-Abstimmungsrichtlinien für Hauptversammlungen 2023

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 03.03.2023

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hat am 10. Februar 2023 ihre Abstimmungsrichtlinien 2023 vorgelegt. Darin bezieht sie insbesondere Position zum neuen virtuellen HV-Format und äußert konkrete Erwartungen zu Klimazielen.

Hybrides Format als Leitbild

Gesellschaften sollen für Hauptversammlungen grundsätzlich das hybride Format wählen, also Präsenz in Verbindung mit elektronischer Teilnahmemöglichkeit gemäß § 118 Abs. 1 S. 2 AktG. Die in diesem Jahr von vielen Gesellschaften ins Auge gefasste Satzungsänderung zur Ermöglichung virtueller Hauptversammlungen nach § 118a AktG möchte die DSW nur unter folgenden Voraussetzungen unterstützen:

  • Beschluss über die Satzungsänderung in Präsenz- oder hybrider Versammlung
  • Reine Ermächtigung, also kein genereller Wechsel zum virtuellen Format
  • Laufzeit der Ermächtigung maximal ein bis zwei Jahre
  • Erläuterung, unter welchen Voraussetzungen die Ermächtigung ausgeübt wird und wie die Aktionärsrechte konkret ausgestaltet werden
  • Keine Verschlechterung der Aktionärsrechte im Vergleich zum Präsenzformat, insbesondere keine Verlagerung der Fragen ins HV-Vorfeld

Wie aktionärsfreundlich oder -unfreundlich die Gesellschaft das virtuelle Format 2023 gestaltet, möchte die DSW auch für die Entlastungsbeschlüsse berücksichtigen.

Klimastrategie des Unternehmens

Die bereits 2022 aufgenommene Erwartung einer ausreichend ambitionierten Klimastrategie fasst die DSW nun konkreter. Bei Unternehmen, die sich wegen ihres erheblichen Beitrags zu Treibhausgasemissionen auf der Fokus-Liste der Investoreninitiative „ClimateAction 100+“ befinden, will sich die DSW gegen die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat aussprechen, wenn kein Netto-Null-Ziel bis 2050 und/oder keine kurz- und mittelfristigen Treibhausgas-Reduktionsziele für Scope 1 und Scope 2 (d. h. Unternehmensbetrieb und Stromverbrauch) veröffentlicht werden. Ganz ähnlich hatte sich bereits der Stimmrechtsberater ISS geäußert (hierzu mein Beitrag vom 9. Dezember 2022).

Vergütungssystem für Vorstand und Aufsichtsrat

Zu den möglichen Gründen für ein negatives Votum zum Vorstandsvergütungssystem zählt die DSW künftig auch einen Anteil der ESG-Ziele an der variablen Zielvergütung von weniger als 20%. Negativ für das Votum zum Aufsichtsratsvergütungssystem berücksichtigt werden soll künftig u. a. eine unangemessen hohe Vergütung für Aufsichtsrats- und Ausschussvorsitzende im Verhältnis zur Vergütung für andere Mitglieder sowie unangemessen hohe Sitzungsgelder.

Votum zum Vergütungsbericht

Als Beispiele für unangemessene Leistungen, die zu einer Ablehnung des Vergütungsberichts führen können, nennt die DSW nun auch Begrüßungsgelder und Abfindungszahlungen. Ebenso negativ auswirken sollen sich fehlende Angaben zu einzelnen Vergütungsbestandteilen, die für das abgelaufene Geschäftsjahr zugeteilt wurden. Ferner behält sich die DSW vor, bei einer Ablehnung des Vergütungsberichts auch gegen die Entlastung des Vorsitzenden des Vergütungsausschusses zu stimmen.

Die Abstimmungsrichtlinien sind bei der DSW erhältlich.

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