AG Castrop-Rauxel: Vorsatzhinweis in Terminsladung reicht!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 06.03.2023
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1589 Aufrufe

Eine etwas zurückliegende Entscheidung des AG Castrop-Rauxel, die ich gerade anlässilich Aufsatzrecherchen gefunden habe. Es geht um den rechtlichen Hinweis. Der ist in § 265 StPO geregelt und wird "normalerweise" in der Hauptverhandlung erteilt. Es geht aber auch anders:

 

d) Der Betroffene hat die Anordnung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und die Geschwindigkeitsüberschreitung erkannt. Dabei ist zugrunde zu legen, dass ordnungsgemäß aufgestellte Vorschriftszeichen von Verkehrsteilnehmern grundsätzlich wahrgenommen werden (vgl. OLG Hamm, Beschluss v. 22.04.2008, 3 Ss OWi 582/07). Anhaltspunkte dafür, dass der Betroffene im vorliegenden Fall die die Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h anordnende Beschilderung, die vor der Messung zwei mal beidseitig angeordnet war, übersehen hat, liegen nicht vor. Das Gericht hat auch berücksichtigt, dass ein Geschwindigkeitstrichter von zunächst 120 km/h und das Hinweisschild „Bodenwellen“ (beides jeweils beidseitig) vorlag mit anschließender Beschränkung auf 80 km/h.

 Angesichts der eindeutigen und wiederholten Beschilderung sowie der erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung von 68% über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit muss hier von Vorsatz ausgegangen werden (vgl. zur vorliegenden Messstelle zuletzt OLG Hamm, Beschluss vom 16.03.2022 - III-1 RBs 25/22). Das gilt auch dann, wenn berücksichtigt wird, dass es sich bei der Messstelle um eine dreispurige Autobahn handelt. Denn die Geschwindigkeitsbeschränkung liegt in Form eines Geschwindigkeitstrichters von 120 km/h auf 80 km/h vor. Zusätzlich sind die Gefahrzeichen für Bodenwellen angebracht, Verkehrszeichen 112. Dann folgen vor der Messung des Betroffenen zwei geschwindigkeitsbeschränkende Verkehrszeichen 274 mit der Anordnung 80 km/h. Sämtliche der eben genannten Verkehrszeichen sind beidseitig angebracht. Einem aufmerksamen Kraftfahrer kann diese Kombination und Menge von Verkehrsschildern nicht entgehen. In Verbindung mit der erheblichen Überschreitung von 68% der zulässigen Höchstgeschwindigkeit darf das Gericht rechtsfehlerfrei auf Vorsatz schließen.

 Der Vorsatzverurteilung steht nicht entgegen, dass in Abwesenheit des Betroffenen verhandelt wurde. Denn ausweislich der Zustellungsurkunde Bl. 56 d.A. und des Empfangsbekenntnisses Bl. 57 d.A. (beide wurden ihrem wesentlichen Inhalt nach bekanntgegeben) hatten der Betroffene und der Verteidiger mit der Terminsladung Kenntnis von dem Hinweis auf eine mögliche Vorsatzverurteilung. Das Gericht hatte schon in der Terminsladung darauf hingewiesen, dass wegen der eindeutigen Beschilderung und der erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung eine Verurteilung wegen Vorsatzes in Betracht kommt. Die Terminsladung Bl. 53 d.A. wurde ihrem wesentlichen Inhalt nach bekanntgegeben.

 

 

AG Castrop-Rauxel Urt. v. 26.8.2022 – 6 OWi-264 Js 1170/22-486/22, BeckRS 2022, 22074

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