Hessisches LSG: Der Weg zum Getränkeautomaten ist unfallversichert

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 10.03.2023
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1338 Aufrufe

Man hatte vielleicht gedacht, im Hinblick auf die Abgrenzung von unfallversicherten Tätigkeiten und solchen, die dem privaten Lebensbereich zuzuordnen sind, sei alles gesagt und alle denkbaren Fallgestaltungen behandelt. Eine neuere Entscheidung des Hessischen LSG (Urteil vom 7.2.2023 - L 3 U 202/21, BeckRS 2023, 2174) bringt gleichwohl noch eine neue Sachverhaltsvariante:

Eine Verwaltungsangestellte rutschte auf dem Weg zu dem im Sozialraum des Finanzamtes aufgestellten Getränkeautomaten auf nassem Boden aus und erlitt einen Lendenwirbelbruch. Sie beantragte, dies als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die Unfallkasse Hessen lehnte den Antrag ab. Der Versicherungsschutz ende regelmäßig mit dem Durchschreiten der Kantinentür.

Das Hessische LSG gab indes der verunglückten Frau Recht. Der Sturz sei als Arbeitsunfall anzuerkennen. Das Zurücklegen des Weges, um sich einen Kaffee an einem im Betriebsgebäude aufgestellten Automaten zu holen, habe im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit der Angestellten gestanden. Sei ein Beschäftigter auf dem Weg, um sich Nahrungsmittel zum alsbaldigen Verzehr zu besorgen, sei er grundsätzlich gesetzlich unfallversichert. Beim Kauf von Lebensmitteln für den häuslichen Bereich seien die insoweit zurückgelegten Wege hingegen nicht versichert. Ebenso sei die Nahrungsaufnahme selbst dem privaten Lebensbereich zuzurechnen und daher grundsätzlich nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Der Unfallversicherungsschutz auf dem Weg zum Getränkeautomaten ende auch nicht an der Tür des Sozialraums, der sich innerhalb des Betriebsgebäudes befinde. Dieser Raum gehöre eindeutig in den Verantwortungsbereich des Arbeitgebers. Darüber hinaus sei der Sozialraum zum Zeitpunkt des Unfalls auch nicht als Kantine bzw. zur Nahrungsaufnahme genutzt worden.

 

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