Eckpunktepapier des BMBF zur Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 22.03.2023
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1427 Aufrufe

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat in Umsetzung einer entsprechenden Festlegung im Koalitionsvertrag ein Eckpunktepapier zur Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vorgelegt:

Als zentraler Ansatz wird dabei genannt, die individuelle wissenschaftliche Qualifizierung noch stärker in den Mittelpunkt zu stellen und die hierfür erforderlichen Rahmenbedingungen zu gewährleisten. In diesem Sinne und entsprechend den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag würden die vorgeschlagenen Regelungen insbesondere mehr Verlässlichkeit, Planbarkeit und Transparenz für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schaffen. Die grundlegende Systematik des WissZeitVG (Qualifizierungsbefristung mit Verlängerungstatbeständen, Drittmittelbefristung) sollen erhalten bleiben. Vor allem das Verhältnis von Qualifizierungs- und Drittmittelbefristung werde aber neu justiert.

 

Wesentliche Inhalte der Reform werden in dem Eckpunktepapier im Überblick wie folgt aufgeführt:

Übergreifendes Ziel: Wir stellen die wissenschaftliche Qualifizierung wieder stärker in den Mittelpunkt und schaffen mehr Verlässlichkeit, Planbarkeit und Transparenz

  • Qualifizierungsphase vor der Promotion (R1):

Ziel: Wir schaffen mehr Verlässlichkeit insb. für Promovierende durch eine Mindestvertragslaufzeit für Erstverträge.

  • Mindestvertragslaufzeit für Erstvertrag 3 Jahre (Soll-Vorschrift)
  • Qualifizierungsbegriff bleibt bestehen, Klarstellung zur wissenschaftlichen
  • Qualifizierung in Begründung
  • Höchstbefristungsgrenze 6 Jahre wie bisher
  • Familien- und inklusionspolitische Regelungen:
    • Verlängerung Höchstbefristungsgrenze 2 Jahre (wie bisher)
    • Vertragsverlängerung § 2 Abs. 5 (wie bisher)
  • Postdoc-Phase (R2/R3):

Ziel: Wir schaffen frühere Planbarkeit insb. durch Absenkung der Höchstbefristungsdauer

  • Senkung der Höchstbefristungsdauer auf 3 Jahre
  • Mindestvertragslaufzeit für Erstvertrag 2 Jahre (Soll-Vorschrift)
  • Familien- und inklusionspolitische Regelungen:
    • Verlängerung Höchstbefristungsgrenze 2 Jahre (wie bisher)
    • Vertragsverlängerung § 2 Abs. 5 (wie bisher)
  • Drittmittelbefristung:

Ziel: Am Anfang jeder wissenschaftlichen Karriere steht die wissenschaftliche Qualifizierung im Mittelpunkt: Alle werden qualifizierungsbefristet und profitieren damit von den Mindestvertragslaufzeiten und den familien- und inklusionspolitischen Regelungen.

  • Zeitlicher Vorrang der Qualifizierungsbefristung (d.h. Drittmittelbefristung erst nach Ausschöpfen der Höchstbefristungsgrenze der Qualifizierungsbefristung)
  • Weitere Regelungspunkte
    • Studienbegleitende Beschäftigung:
      • Erhöhung der Höchstbefristungsgrenze auf 8 Jahre
      • Mindestvertragslaufzeit 1 Jahr (Soll-Vorschrift)
    • Erweiterung der Mitbestimmungsmöglichkeiten der Tarifpartner:
      • Aufhebung der Beschränkung abweichender Regelungen auf „bestimmte Fachrichtungen und Forschungsbereiche“ (§ 1 Abs. 1 Satz 3)
      • Möglichkeit zur Festlegung der Anzahl der Verträge in der Qualifizierungsbefristung
      • Möglichkeit zur Festlegung der Anzahl der Verträge in der Drittmittelbefristung
      • Korridor für Abweichungen von der Mindestvertragslaufzeit in der Postdoc-Phase: 1-3 Jahre
      • Möglichkeit zur Abweichung von der Mindestvertragslaufzeit für studienbegleitende Beschäftigung
      • Möglichkeit zur Regelung des Stellenumfangs (vorbehaltlich verfassungsrechtlicher Prüfung)
      • Möglichkeit zur Erweiterung des Katalogs vertragsverlängernder Sachverhalte in § 2 Abs. 5
    • Streichung der Sonderregelung für den Bereich der Medizin; zugleich Öffnung der Regelungen für fachärztliche Weiterbildungen im ÄArbVtrG
    • Anwendbarkeit des WissZeitVG nur für Verträge mit mindestens 25 % Stellenumfang; stipendienbegleitende Viertelstellen sind dadurch möglich
    • Inkrafttreten: Großzügige Übergangsregelungen vor allem in der Qualifizierungsbefristung für bereits im System befindliche Personen
    • Ergebnisse der Evaluation des Gesetzes nach ca. 6 Jahren nach Inkrafttreten

 

Große Teile der Professorenschaft haben sich ablehnend gegenüber diesem Eckpunktepapier geäußert. Unter dem Titel „Nivellierung statt Novellierung: Kritik an der geplanten Reform des WissZeitVG aus Sicht der Professorinnen und Professoren“ gehen die über 1000 Unterzeichner hat ins Gericht mit diesen Reformvorschlägen. Der Vorschlag aus dem Hause von Bundesministerin Stark-Watzinger plane – so der Vorwurf - eine Verschlimmbesserung der bisherigen Situation durch noch niedrigere Befristungshöchstgrenzen für Post-Docs. Gleichzeitig speise er Promovierende bei den Mindestvertragslaufzeiten von zweimal 3 Jahren nur mit einer unverbindlichen Soll-Regelung ab.

Die Diskussion ist damit eröffnet.

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