Darf ein Domkantor mit seinem Ehemann in Kolumbien ein Kind austragen lassen?

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 18.04.2023
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht2|1861 Aufrufe

Das LAG Niedersachsen hat in einer Pressemitteilung schon jetzt angekündigt, Ende Juni über einen außergewöhnlichen Fall zu verhandeln, der sicher wieder die Gemüter bewegen wird:

Der Kläger ist Domkantor in der evangelisch-lutherischen Landeskirche Braunschweig. Er hat erwogen, mit seinem aus Kolumbien stammenden, über 20 Jahre jüngeren Ehemann in dessen Heimat zwei Leihmütter zu beauftragen. Die Arbeitgeberin reagierte auf diese Pläne am 22.3.2022 umgehend mit einer außerordentlichen Kündigung, die fristlos, hilfsweise mit sozialer Auslauffrist zum 31.10.2022 ausgesprochen wurde. Sie ist der Überzeugung, in den Plänen des Klägers liege ein erheblicher Loyalitätsverstoß. "Die Frauen waren bereits ausgesucht, die Samenspenden hinterlegt" lässt sich der Oberlandeskirchenrat zitieren. Eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger sei nicht zumutbar.

Der Kläger hält die Kündigung für unberechtigt. Die Beklagte versuche in unzulässiger Weise, schon einen bloßen Gedankenprozess zu unterbinden.

Das ArbG Braunschweig hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Es fehle an einem wichtigen Grund (§ 626 Abs. 1 BGB) für eine außerordentliche Kündigung. Der Kläger habe gegen keine konkrete, aus dem Selbstverständnis der Kirche folgende Loyalitätsanforderung verstoßen. Jedenfalls im Rahmen der Interessenabwägung überwiege sein Bestandsinteresse.

 

Am 27.6.2023 verhandelt die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen über die Berufung der Beklagten.

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LAG Niedersachsen – Domkantor und Leihmütter: beck-community (Christian Rolfs) macht auf einen am Landesarbeitsgericht Niedersachsen anhängigen Kündigungsschutzstreit aufmerksam. Erstinstanzlich erfolgreich hatte sich ein Domkantor gegen seine Entlassung gewehrt. Diese wurde ausgesprochen, nachdem seine Arbeitgeberin, die evangelisch-lutherische Landeskirche Braunschweig von den Plänen des Klägers erfahren hatte, in der kolumbianischen Heimat seines Ehemanns zwei Leihmütter zu beauftragen. Das Arbeitsgericht Braunschweig habe den von der Beklagten behaupteten Loyalitätsverstoß nicht erkennen können. Am 27. Juni wird nun über die Berufung verhandelt.

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