Arbeitsrecht: Hinweise zu rein online-basierten Krankschreibungen

von Gastbeitrag, veröffentlicht am 26.05.2023
Rechtsgebiete: Verlag|2136 Aufrufe

Ein Auszug aus dem Buch Kramer, IT-Arbeitsrecht, 3. Auflage, C.H.BECK

Im Falle einer rein online-basierten Krankschreibung, bei der zwischen dem Patienten und einem Arzt kein direkter Kontakt (per Video) hergestellt wird und die Angaben des Patienten lediglich in Textfeldern auf der Website eingetragen werden, sind die von der Rechtsprechung des BAG aufgestellten Voraussetzungen einer „ordnungsgemäß ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung“ nicht erfüllt.

Es fehlt an einer der Ausstellung vorausgegangenen Untersuchung und – mangels Patientenbeziehung – an einer darauf basierenden (Fern-)Diagnose. Zutreffend ist die Instanzrechtsprechung davon ausgegangen, dass der auf diesem Weg erlangten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kein Beweiswert zukommt.

Infolgedessen entfällt für den Arbeitnehmer bei einem solchen Online-Verfahren ohne Arztkontakt im Regelfall die Beweisbarkeit seiner Arbeitsunfähigkeit und damit sein Entgeltfortzahlungsanspruch. Entsprechendes gilt auch für sonstige auf diese Art erlangte Online-Atteste und Zertifikate wie Bescheinigungen über eine Impfunfähigkeit oder über das Ergebnis eines COVID-19-Antigentests.

Hinweis 1

Arbeitnehmer, die eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Online-Verfahren ohne direkten Arztkontakt oder per Telefonanruf ausstellen lassen, gehen im Regelfall ein erhebliches Risiko ein, den Entgeltfortzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber bei dessen Verweigerung nicht gerichtlich durchsetzen zu können.

Hinweis 2

Der Arbeitgeber kann das ordnungsgemäße Ausstellen der Arbeitsbescheinigung hinterfragen und im gerichtlichen Streitfall mit Nichtwissen bestreiten. Der Arbeitnehmer trägt insoweit die Darlegungs- und Beweislast im Prozess.

aus Kramer, IT-Arbeitsrecht, 3. Auflage, § 2 XVI 3. b) Online-Krankschreibung

Die dritte Auflage (Erscheinungstermin: Juni 2023) führt u.a. folgende Themen eingehend aus:

  • Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI),
  • Crowdworker und ihre Eigenschaft als Arbeitnehmer,
  • Homeoffice und die weitere Entwicklung nach der Pandemie,
  • Arbeitgeber als IT-Verantwortlicher,
  • virtuelle Kommunikation über Teams, Zoom etc.,
  • Datenschutz in Cloudbasierten IT-Systemen und Einbeziehung des Betriebsrats,
  • Digitalisierung bei Krankmeldung und -schreibung.
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