Kurios: Ablehnung der Akteneinsicht durch Verwaltungsbehörde soll nicht im Rahmen des § 62 OWiG anfechtbar sein

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 28.05.2023
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1536 Aufrufe

Glücklicherweise ist dieser Beschluss nicht anfechtbar. Das AG Detmold hat nämlich den Antrag auf gerichtliche Entscheidung für wegen der Messdatenreihe unzulässig erachtet. Kurios. Man mag natürlich darüber streiten, ob die Messreihe tatsächlich dem Verteidiger zur Verfügung stehen muss. Trotz der Rechtsprechung des BVerfG zu behaupten,  es handele sich bei dem Begehren Akteneinsicht in die Messreihe zu erlangen um eine  unselbständige Beweiserhebung, erscheint mir doch eher fernliegend:

 

Der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung gegen den Verwerfungsbescheid des Kreises Lippe vom 19.01.2023 wird zurückgewiesen.

 Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt dieser selbst.

 Gründe: 

 Dem Betroffenen wird vorgeworfen, am 22.11.2022 in Horn-Bad Meinberg auf der Bundesstraße 1 Abfahrt Leopoldstal als Führer des Lkw MAN mit dem amtlichen Kennzeichen … die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 17 km/h überschritten zu haben.

 Am 01.02.2023 wurde gegen den Betroffenen ein Bußgeldbescheid erlassen, in dem eine Geldbuße i.H.v. 160 € verhängt wurde.

 Mit Schriftsatz vom 06.02.2023 legte der Verteidiger des Betroffenen Einspruch ein. Mit Schreiben vom 24.01.2023 beantragte er, die gesamten Messdaten der Messserie zu erhalten.

 Dies wurde mit Bescheid des Kreises Lippe vom 19.01.2023 verwehrt, sodass mit Schriftsatz vom 10.02.2023 von dem Verteidiger Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt wurde.

 II.

 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig.

 Nach § 62 OWiG kann dieser jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, welche die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren mit Rechtswirkung nach außen trifft, und die in den Rechtskreis des Betroffenen oder eines Dritten eingreift (vgl. § 35 VwVfG), zum Gegenstand haben (KK-OWiG/Kurz, 5. Aufl. 2018, OWiG § 62 Rn. 4). Außerdem muss diese Maßnahme aber auch selbständige Bedeutung haben. Eine Maßnahme ist also nur dann selbstständig anfechtbar, wenn sich ihre prozessuale Bedeutung nicht ausschließlich in der sachlichen Aufklärung erschöpft, sondern wenn sie darüber hinaus in den Rechtskreis einer Person in materieller oder prozessualer Hinsicht eingreift (KK-OWiG/Kurz, 5. Aufl. 2018, OWiG § 62 Rn. 5). Dies ist jedoch nicht der Fall bei beantragten Ermittlungsmaßnahmen oder der Ablehnung eines Beweisantrages – diese können nur mit dem gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelf angegriffen werden, dem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid.

 Der Verteidiger beantragt, 

 dass ihm die gesamte Messreihe des mit dem Messgerät. Poliscan Speed FM1 gemessenen Verstoßes zur Verfügung gestellt werden. Hierbei handelt es sich um eine noch nicht erfolgte – unselbständige – Beweiserhebung und nicht um eine Akteneinsicht, deren Versagung einer gerichtlichen Entscheidung nach § 62 OWiG unterläge. Die Messserie ist nämlich nicht Bestandteil der Akten (vgl. AG Neumünster, Beschluss vom 12. Januar 2016 – 23 OWi 1/16 E –, Rn. 3).

 III.

 Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 62 Abs. 2 S. 2 OWiG, 473 Abs. 1 S. 1 StPO.

 IV.

 Diese Entscheidung ist gemäß § 62 Abs. 2 S. 3 OWiG unanfechtbar.

AG Detmold Beschl. v. 6.3.2023 – 4 OWi 192/23 [b], BeckRS 2023, 6366

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