Reisetipps für Juristen

von Gastbeitrag, veröffentlicht am 18.08.2023
|1951 Aufrufe

Ob Süd, Ost, Nord oder West, es gibt überall Spannende Orte zu entdecken. Durch die juristische Brille betrachtet bekommen auch bekannte Urlaubsorte noch einmal einen neuen, ganz besonderen Charme. Wir hätten da zum Beispiel ein paar Tipps für London und Venedig.

Goethe in Venedig
Dass Goethe ein Fan Italiens war, ist hinreichend bekannt. Doch dass ausgerechnet eine Gerichtsverhandlung ein Highlight seiner »Italienischen Reise« war, wissen die wenigsten. Ende September 1786 regierte noch ein Doge in Venedig, gegen dessen Gemahlin Klage erhoben wurde. Goethe notierte, dass sich die Bürger einiges darauf einbildeten, dass die Fürstin in ihrem eigenen Palast vor dem Gericht und somit vor den Venezianern erscheinen musste. Und auch ihm gefiel das Geschehen »unendlich besser als unsere Stuben- und Kanzleihockereien«.

Die Macht der Bilder und des Geldes
An dem Reiterstandbild von Condottiere Bartolomeo Colleoni im Norden Venedigs laufen die meisten Touristen wohl achtlos vorüber, wenn es sie überhaupt in diese Ecke verschlägt. Doch die Statue hat eine interessante Geschichte: In der Republik Venedig war lange Zeit jegliche Form der bildlichen Glorifizierung einer einzelnen Person verboten. Niemand sollte sich über die Serenissima stellen. Colleoni verfügte 1475 jedoch in seinem Testament, dass die Seerepublik hunderttausend Golddukaten erhalten solle, wenn sie ihm ein Denkmal vor San Marco errichte. Diesen Geldsegen wollte man sich nicht entgehen lassen. Nach fünf Jahren war endlich eine formal- juristisch korrekte Lösung gefunden: Der Verstorbene hatte zwar sicherlich die zentrale Piazza San Marco gemeint, im Testament stand jedoch nur San Marco. So wurde das Standbild im Endeffekt an einem gleichnamigen, aber abgelegeneren Platz errichtet.

Kaltblütiges Glück
Am Tower kommt kein London-Besucher vorbei. Kombiniert man den Besuch mit einem Abstecher zur St. Margret's Church nahe des St. James Park, wandelt man auf den Spuren einer Persönlichkeit, die ihresgleichen sucht: Thomas Blood schafite es, sich mit seinen Abenteuern, Verbrechen und Tricksereien folgenden Spruch auf seinem Grabstein zu verdienen: Here lies the man who boldly hath run through / More villainies than England ever knew; / And ne'er to any friend he had was true. / Here let him then by all unpitied lie, / And let's rejoice his time was come to die. Sein Glanzstück: der Versuch, 1671 die Kronjuwelen aus dem Tower zu stehlen, dabei der Handlichkeit halber die Krone platt zu schlagen und anschließend vor dem König seinen Fall so vorzutragen, dass er nicht nur begnadigt, sondern mit Geld, Grund und lebenslanger Gunst belohnt wurde.

Leichenschau auf Wunsch des Verstorbenen
Im University College London gibt es eine besondere Attraktion zu bestaunen: Jeremy Bentham kam 1748 als Sohn eines vermögenden Rechtsanwalts zur Welt und begann selbst mit zwölf Jahren ein Studium der Rechtswissenschaften und Philosophie in Oxford. Doch anstatt Recht zu praktizieren, wurde er Sozialreformer und forderte in seinen Schriften u.a. die Gleichberechtigung von Frauen und die Entkriminalisierung von Homosexuellen. Auf eigenen Wunsch wurde sein Körper nach seinem Ableben seziert, mumifiziert und ausgestellt. Das Ergebnis beim Gesicht war nicht ideal. weshalb sein Körper mit einem Wachskopf versehen wurde. Der echte lag lange zu seinen Füßen, wurde jedoch zu oft Ziel studentischen Schabernacks, weshalb er heute in einem Safe des Instituts für Archäologie am UCL untergebracht ist.

Der Beitrag erschien zuerst in beck-aktuell - DAS MAGAZIN. Jetzt kostenlos abonnnieren.

Sie sind neugierig geworden?
Unsere Tipps stammen aus der Reihe »Reiseführer für Juristen« von Claudia Sternthal. Neben London, Venedig und Berlin sind auch Bücher zu Paris, Wien und Rom erhältlich. Mehr Informationen finden Sie auf beck-shop.de.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen