Veröffentlicht am 17.01.2008 von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-HeineggAm 16. Januar 2008 hat Bayerns Justizministerin Dr. Beate Merk die vom Münchner Generalstaatsanwalt Dr. Christoph Strötz organisierte internationale Tagung "Schutz der finanziellen Interessen der EU durch Korruptionsbekämpfung in Europa" eröffnet und dabei die Pläne der Bundesjustizministerin zum Korruptionsstrafrecht kritisiert. Aus meiner Sicht mit Recht! Die Bevölkerung ist spätestens seit den verschiedenen Siemens-Skandalen sensibel geworden für "krumme" Gechäfte. An der Strafwürdigkeit hoher Schmiergeldzahlungen besteht auch kein Zweifel. Wo aber liegt die Grenze etwa bei Einladungen zu Großveranstaltungen oder sogar bei kleineren Geschenken? Jetzt plant die Bundesjustizministerin, die Strafvorschriften gegen Bestechlichkeit und Bestechung bei Zuwendungen an Privatangestellte beim Bezug von Waren oder Dienstleistungen auszuweiten, wenn der Angestellte interne Pflichten verletzt. Ein Schaden oder eine Verzerrung des Wettbewerbs soll für die Strafbarkeit nicht erforderlich sein. Kriminalpolitisch erscheint es mir nicht sinnvoll , wenn demnächst die Privatwirtschaft entsprechend den Ministerialerlassen der Länder zum Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken solche Richtlinien aufstellen müsste. Wie werden wir dann den Fall mit der angebotenen Tasse Kaffee lösen?Weiterlesen
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Veröffentlicht am 22.12.2007 von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-HeineggZu den wichtigsten Rechten des Angeklagten in der Hauptverhandlung zählt, sich zur Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen, § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO. Lässt sich der Angeklagte zur Sache ein, wird er mit seiner Aussage zu einem außerhalb der Beweisaufnahme gewonnenen, der richterlichen Beweiswürdigung zugänglichen Beweismittel. Die Einlassung des Angeklagten zur Sache ist, wie auch immer sie abgegeben wird, eines der wichtigsten und effektivsten Mittel materieller Verteidigung. In immer mehr Hauptverhandlungen lässt sich der Angeklagte selbst nicht zur Sache ein, sondern die Verteidigerin/der Verteidiger gibt für ihn eine Erklärung zum Anklagevorwurf ab. Dahinter können verteidigungstaktisch die unterschiedlichsten Erwägungen stehen: Erfahrung und Rhetorik des Verteidigers sollen genutzt werden, die Aussage soll möglichst objektiv abgegeben werden, der Mandant soll sich nicht unter Umständen bei der anschließenden Befragung durch Gericht und Staatsanwalt "um Kopf und Kragen" reden etc. Trotz vielfältiger Gründe dafür, die Einlassung des Angeklagten durch eine Verteidigererklärungen "zu ersetzen", so sind damit doch wichtige Rechtsfragen verbunden, die die Revisionsgerichte immer wieder beschäftigen. Das ist auch der Grund dafür, dass sich das 12. Strafverteidiger-Frühjahrssymposium Karlsruhe am 18. und 19.4.2008 unter anderem mit dem Thema "Die Verteidigererklärung als Einlassung des Angeklagten" befassen wird. Der 3. Strafsenat des BGH (BGH NJW 2005, 3508 [nur Leitsatz] = NStZ-RR 2005, 353 [Sachverhalt und Gründe]), hat es abgelehnt, Erklärungen des Verteidigers in der Hauptverhandlung in Anwesenheit des Angeklagten, der selbst keine Erklärung abgibt, ohne weiteres als Einlassung des Angeklagten zu verwerten. Die Verwertbarkeit setze vielmehr voraus, dass der Angeklagte den Verteidiger zu dieser Erklärung ausdrücklich bevollmächtigt oder die Erklärung nachträglich genehmigt hat. Nunmehr hat der 2. Strafsenat ( Urteil vom 20.6.2007 - 2 StR 84/07 = BeckRS 2007, 11381 = StV 2007, 622 = StraFo 2007, 377) im Kern folgende drei Aussagen getroffen: 1. Lehnt das Tatgericht es ab, Erklärungen des Angeklagten gegenüber seinem Verteidiger, der diese schriftlich niedergelegt hat, durch den Verteidiger verlesen zu lassen, so begründet dies keine Besorgnis der Befangenheit des Gerichts. 2. Ein auf Verlesen dieser Erklärung als Urkunde gerichteter Beweisantrag ist unzulässig, da er darauf abzielt, die Einlassung des Angeklagten zu ersetzen. 3. Auch eine Verletzung der Aufklärungspflicht ist in der unterlassenen Verlesung der schriftlichen Erklärungen des Angeklagten nicht zu sehen. Es wäre interessant, über Ihre praktischen Erfahrungen zu diskutieren! Nachtrag vom 14. Januar 2008: Zur Abgrenzung zwischen Sacheinlassung und bloßer Prozesserklärung jetzt auch BGH Beschluss vom 20.9.2007 - 1 StR 385/07, NStZ-RR 2008, 21Weiterlesen
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