BGH kippt Freispruch im Fall Ouri Jallow in Dessau nach dessen Tod im Polizeigewahrsam

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 08.01.2010
Rechtsgebiete: StrafrechtMaterielles StrafrechtStrafverfahrensrecht393|112219 Aufrufe

Die Entscheidung, auf die Herr Kollege Müller in seinem Blogbeitrag schon kurz hinwies, will ich nochmals aufgreifen, weil der erstinstanzliche Freispruch mangels Beweises ein großes, teils sehr negatives Medienecho fand und auch heute die Medien von der Entscheidung des BGH "voll" sind: Der Prozess um den Tod des Asylbewerbers  Ouri Jallow am 7. Januar 2005 im Polizeigewahrsam in Dessau muss neu aufgerollt werden. Der BGH hat gestern den Freispruch des Dienstgruppenleiters durch das LG Dessau-Roßlau vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge wegen zahlreicher Lücken aufgehoben (Mitteilung der Pressestelle des BGH; die Urteilsgründe liegen noch nicht vor).

Der aus Sierra Leone stammende 23-jährige Ouri Jallow verstarb bei einem Brand in seiner Gewahrsamszelle in Dessau. Er war festgenommen worden, weil sich zwei Frauen von dem alkoholisierten Mann belästigt gefühlt hatten. Weil er sich den Beamten widersetzte, wurde er an die Matratze seiner Gewahrsamszelle gefesselt, die später in Flammen aufging.

Der BGH hat die Sache nicht - wie zumeist - an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen, sondern von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, an ein anderes Landgericht zurückzuverwiesen, nämlich an das Landgericht Magdeburg. Dort muss sie jetzt neu verhandelt werden.  

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393 Kommentare

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Ich kann Ihre Kritik am BVerfG nicht nachvollziehen, zumal Sie auch keine Angaben zu Ihrer VB und der Entscheidung darüber gemacht haben. An einer anderen Stelle schreiben Sie, die VB hätte sich gegen eine "Einstellung des Verfahrens gegen zwei Polizeibeamte wegen Freiheitsberaubung" gerichtet. Wenn ich Sie dabei bei Wort nehmen soll, dann kommt eine solche VB nur dann in Betracht, wenn das Gericht in der HV das Verfahren einstellt, weil die Nebenklage gegen die Einstellungsentscheidung grundsätzlich kein Rechtsmittel hat, jedenfalls nicht gegen die Ermessensentscheidung. Hat aber die STA das Ermittlungsverfahren eingestellt, dann ist eine VB gegen diese Einstellungsentscheidung nicht zulässig, weil dem Verletzten noch das Klageerzwingungsverfahren zur Verfügung steht.

An einer anderen Stelle kritisieren Sie die Entscheidung des BVerfG (2 BvR 309/15 und 2 BvR 502/16) zu der 30-Minuten-Regel und behaupten, die Betroffenen seien in dieser Zeit durch das BVerfG rechtslos gestellt. Das ist aber falsch. Denn die 30-Minuten-Regel dient der Abgrenzung zwischen der Freiheitsbeschränkung (104 I GG) und der Freiheitsentziehung (104 II GG). Freiheitsbeschränkungen bedürfen keiner richterlichen Anordnung. Sie unterliegen gleichwohl dem Gesetzesvorbehalt und sind rechtswidrig, wenn es an einem förmlichen Gesetz dafür fehlt. Auch der Tatbestand der Freiheitsberaubung kann durch Freiheitsbeschränkung erfüllt sein.

 

Sie haben sich in der Tür geirrt. Wir diskutieren hier den Fall Oury Jalloh. Darauf bezieht sich Ihre Kommentierung ersichtlich nicht

Nein, wir sind mit unseren Beiträgen nicht in der falschen Tür. Auch im Fall Ouri Jallow geht es um erfolglosen Klageerzwingungsantrag und um Überlegungen zu einer VB. Und auch im Fall Ouri Jallow ging es doch um Freiheitsentziehung und Fixierung, wenn ich mich richtig erinnere, wenn auch nicht in einem Krankenhaus, sondern in einer Gewahrsamszelle. Das macht es aber nicht besser.

Wenn das BVerfG Ihre VB ohne Begründung nicht zur Entscheidung angenommen hat, dann lassen sich daraus nicht die Schlussfolgerungen ziehen, die Sie daraus ziehen. Vielleicht überprüfen Sie zunächst einmal selbstkritisch, ob Sie mit Ihrer VB auch alle Anforderungen für eine erfolgreiche VB erfüllt haben, die das BVerfG an eine VB stellt. Vielleicht kann Ihnen dabei die Entscheidung des BVerfG vom 29. Mai 2019 - 2 BvR 2630/18 - helfen, aus der schon Herr Würdinger zitiert hatte. Zwar wurde diese VB ebenfalls nicht zur Entscheidung angenommen, dafür aber die Nichtannahme ausführlich begründet. Die VB wendete sich auch gegen die Einstellung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens und gegen die Verwerfung (richtig wohl: Zurückweisung) des Antrags auf gerichtliche Entscheidung. Die Ermittlungen betrafen auch eine von der Polizei getroffene Maßnahme ohne richterliche Anordnung. Auch hier ging es um die Frage, ob die Maßnahme ohne richterliche Anordnung hätte getroffen werden dürfen. Das OLG meinte: ja.

Die VB rügte daraufhin die Verletzung des Willkürverbots u.a.. Auch das BVerfG hielt die Erwägungen des OLG für willkürlich. Die Entscheidung des OLG war gleichwohl verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil das OLG die Maßnahme für gerechtfertigt hielt. Den Beschuldigten kam vor allem zugute, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die Erforderlichkeit der richterlichen Anordnung gesetzlich weggefallen war und die Anwendung des mildesten Gesetzes gem. 2 Abs. 3 StGB verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

Vor allem dürften für Sie folgende Ausführungen des BVerfG zur effektiven Strafverfolgung interessant sein (Rn. 15):

"Vielfach genügt es hierfür, wenn die Strafverfolgungsbehörden mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln den Sachverhalt aufklären und Beweismittel sichern (...). Die Erfüllung der Verpflichtung zur effektiven Strafverfolgung setzt eine detaillierte und vollständige Dokumentation des Ermittlungsverlaufs ebenso voraus wie eine nachvollziehbare Begründung der Einstellungsentscheidungen."

Das von Ihnen beschriebene Szenario, kann und will ich mir nicht vorstellen. Das wäre für mich eine Horrorvorstellung. Ich leide nicht unter Klaustrophobie. Aber ich vermute, dass diese Art Krankheit irgendwo in jedem versteckt schlummert und je nach Enge des Raums und der Umstände bzw. Einschränkung der Bewegungsfreiheit ausbrechen kann. Diese Gefahr sehe ich bei der 5-Punkt-Fixierung.

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Von Ihrer Darlegung der 9-seitigen Begründung der Nichtannahmeentscheidung des BVerfG habe ich in der Tat nichts gelesen und nichts gefunden. Ich habe angenommen, dass die Entscheidung nicht begründet wurde, weil Sie schrieben:

"Wie Sie wissen, begründet das Verfassungsgericht seine Entscheidungen nicht immer."

Ich habe Ihnen weder Unfähigkeit unterstellt, noch eine fehlerhafte Begründung der VB. Auch VBs von ausgewiesenen Experten auf diesem Gebiet werden schon mal nicht zur Entscheidung angenommen. Aus einer 9-seitigen Begründung wird man wohl aber entnehmen können, woran es gelegen hatte.

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Ach, Realität! Wenn ein Polizist einen Gewaltverbrecher unschädlich macht , bekommt er, wenn Franzose, einen Orden an den Hals, wenn deutscher, ein Strafverfahren.

Ich bin zwar nicht angesprochen, aber mir fällt da spontan die Verurteilung der Polizisten im Fall Gäfgen ein. Das war m.E. eine zu viel.

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Nein, nicht veräußerlich. Man kann nicht leugnen, dass es einen Interessenkonflikt zwischen den Menschenrechten des Täters gibt, die vor Eingriffen der Polizei geschützt sind, und der Menschenwürde eines besonders schutzwürdigen, weil kindlichen Opfers, und seines Anspruchs, dass die Staatsgewalt sich schützend vor Eingriffen auf sein Leben stellt. Es geht um die Abwägung, die nach h.M. nicht zulässig ist. Mag deswegen schon sein, dass der Eingriff in ein von der Menschenwürde gedecktes Menschenrecht des Täters auch zum Schutz des Lebens und der Menschenwürde des Opfers rechtswidrig ist. Das bedeutet aber nicht, dass die Auflösung der Konfliktlage durch (eine an sich unzulässige) Abwägung des Polizisten zu Gunsten der Menschenwürde des Opfers ein sozial-ethisches und daher strafbares Unwert-Urteil sei. Das ist doch absurd.

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Der anonyme Gast unten schreibt:

[Erster Teil]: "Selbstverständlich muss die Initiative die Unterlagen nicht veröffentlichen. Niemand zwingt sie und niemand kann sie zwingen." 

[Zweiter Teil]: "Aber wer es nicht tut, handelt eben unlauter, unredlich und vor allem völlig unglaubwürdig."

Der erste Teil ist richtig. Der zweite Teil ist lediglich die Wertung des anonymen Gastes, der ich mich nicht anzuschließen vermag. 

Wer die Aufmerksamkeit und Hilfe der Öffentlichkeit will, darf die Öffentlichkeit nicht unlauter, unredlich und vor allem völlig unglaubwürdig behandeln.

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Sie haben die Problematik Ihrer Behauptung immer noch nicht begriffen: Das eine ist Ihre subjektive Sicht, Ihre subjektive Bewertung. Die sei Ihnen selbstverständlich unbenommen. Das andere ist, ob das Verhalten der Intiative tatsächlich "unlauter, unredlich und unglaubwürdig" sein soll, wie Sie behaupten. Ich meine nein.  

Auf jeden Fall erweckt die Initiative den unabweisbaren Eindruck, dass man etwas zu verbergen hat. Und das macht sie "unlauter, unredlich und unglaubwürdig".

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Die an die initiative-ouryjalloh gerichtete Bitte, die maßgeblichen Unterlagen ins Netz zu stellen, ist dort nicht mehr auffindbar. Daraus schließe ich, dass die Initiative der Bitte nicht nachkommen will. Dies ist, wie ich bereits ausgeführt habe, nicht zu beanstanden. 

Hm, da ist ja die "Bitte" wieder. Die moderne Technik birgt gar manches Wunder. Nun gut, aber die Initiative scheint der Bitte trotzdem nicht nachkommen zu wollen. 

Seit mehr als einer Woche steht bei der initiative-ouryjalloh eine Bitte, die maßgeblichen Unterlagen ins Netz zu stellen, also z. B. den Beschluss des OLG und das neue Gutachten, zur Moderation an. Die Bitte wurde noch nicht einmal moderiert, geschweige denn veröffentlicht, beantwortet oder gar erfüllt. So jedenfalls überzeugt man niemanden von seiner Ernsthaftigkeit und seinem Aufklärungswillen! Ein komischer Verein...

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Ihre dämliche Bemerkung "Ein komischer Verein" lassen Sie bitte stecken. Die initiative-ouryjalloh ist vielmehr die einzige Institution, die sich ernsthaft um die Aufklärung des, vorsichtig ausgedrückt, Todesfalles Oury Jalloh kümmert, während der Justizapparat von Anfang an ausschließlich vertuscht und verschleiert und sonst gar nichts - übrigens unter dem frenetischen Applaus der AfD. Es ist also mehr als verständlich, wenn die initiative-ouryjalloh das Gutachten unter Verschluss hält und im übrigen bitte schön selbst auswählt, wem das Gutachten zur Einsicht überlassen wird (OLG Naumburg, Redaktion des Monitor) und wem nicht.  

Selbstverständlich muss die Initiative die Unterlagen nicht veröffentlichen. Niemand zwingt sie und niemand kann sie zwingen. Aber wer es nicht tut, handelt eben unlauter, unredlich und vor allem völlig unglaubwürdig.

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Es gibt wohl kaum ein anderes Verfahren, in dem die deutsche Justiz mt ungeheurem Aufwand und ungeheuren Kosten für den Steuerzahler so intensiv versucht hat, alles, aber auch alles zu ermitteln. Mehr lässt sich nicht ermitteln. Jetzt geht es nur noch um Propaganda gegen eine angeblich kriminelle Polizei, eine angeblich böse und unfähige Justiz, einen angeblichen Unrechtsstaat Deutschland. Alles dummes Zeug.

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Was würde das zur sachlichen Richtigkeit und Überezugungskraft bedeuten?

Nun, die Positionierung der AfD im Fall Oury Jalloh ist weder sachlich richtig noch von irgend einer Überzeugungskraft. Vielmehr ist der Stellungnahme der AfD anzumerken, dass die AfD gar kein Interesse an einer an Objektivität orientierten Aufklärung des Todesfalles Oury Jalloh hat. Vielmehr wird aus der Stellungnahme der AfD zum Fall Oury Jalloh erkennbar, dass die AfD nur ihr politisches Süppchen kochen will und sonst gar nichts. 

Das OLG Naumburg, Beschluss vom 22. Oktober 2019, Az. 1 Ws (gE) 1/19, hat über den Fall rechtskräftig entschieden:

https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=OLG%20Naumb...

Es gilt der Grundsatz iura novit curia. Danach hat das Gericht das sachlich einschlägige Prozessrecht von Amts wegen, also auch ohne entsprechende explizite Verfahrensanträge, anzuwenden.                  

Das bedeutet zunächst einmal, dass das Gericht höherrangiges Recht, das in der Normenpyramide oberhalb der StPO angesiedelt ist, anzuwenden hat. Das ist in diesem Fall Art. 6 I 1 EMRK. Art. 6 I 1 EMRK schreibt eine mündliche öffentliche Gerichtsverhandlung vor. Also ist auch - von Amts wegen - eine mündliche öffentliche Gerichtsverhandlung durchzuführen.                    

Der Grundsatz iura novit curia schreibt aber auch vor, dass das Gericht dasjenige Prozessrecht von Amts wegen anzuwenden hat, das nach den allgemein geltenden Auslegungsmethoden zwingend Anwendung finden muss. Da die StPO in diesem Fall nur "pflichtgemäßes Ermessen", aber keine konkreten, bestimmten gesetzlichen Vorschriften für die Durchführung des Gerichtsverfahrens anzubieten hat, sind selbstverständlich konkrete, bestimmte gesetzliche Vorschriften auf das Gerichtsverfahren anzuwenden. Und dies, nach dem Grundsatz iura novit curia, von Amts wegen.                           

Das bedeutet vor allem, dass das OLG Naumburg im Fall Oury Jalloh den Verletzten - zwingend -  Richterliche Hinweise gem. § 86 III VwGO erteilen musste. Denn es war angesichts der außerordentlichen Fülle des in diesem Fall aufgelaufenen Verfahrensstoffs von Anfang an schlicht unmöglich, auf Anhieb "vollständig" vorzutragen. Es war die Pflicht des OLG Naumburg gewesen, seine richterlichen Hinweise gem. § 86 III VwGO so konkret abzufassen, dass es den Verletzten ermöglicht wird, darauf ebenso konkret zu antworten. Nur auf diese Weise konnte das OLG Naumburg auch dem Untersuchungsgrundsatz gem. § 86 I VwGO gerecht werden. Nur wenn die Verletzten ihren Vortrag vervollständigen können, kann auch der Sachverhalt einer vollständigen Überprüfung durch das Gericht unterzogen werden.                          

Es gibt keine entgegenstehende Rechtsprechung des BVerfG. Das BVerfG schweigt dazu. Vielmehr gebietet die Rechtsprechung des BVerfG exakt seit dem 26. Juni 2014 - Stichwort Tennessee Eisenberg-Entscheidung -  dass der "Anspruch auf Strafverfolgung Dritter" (oder wie immer man ihn sonst nennen will) mit Leben erfüllt wird. Dieser Anspruch wird aber nur dann mit Leben erfüllt, wenn dieser Anspruch des Verletzten nicht nur auf dem Papier steht und in Sonntagsreden vorkommt, sondern wenn der Verletzte - ganz praktisch - konkrete prozessuale Verfahrensrechte im Rahmen des Gerichtsverfahrens vor dem OLG erhält. Es reicht dabei vollständig, wenn sich der Verletzte auf konkrete gesetzliche Vorschriften - eben diejenigen der EMRK und der VwGO - berufen kann und nicht dem "pflichtgemäßen Ermessen" (alias freies Belieben) des Gerichts ausgeliefert ist.                        

Das OLG Naumburg durfte sich im Fall Oury Jalloh auch nicht darauf berufen, es sehe sich durch die entgegenstehende Rechtsprechung des BayVerfGH und des OLG München an einer Anwendung der Vorschriften der EMRK und der VwGO auf das gerichtliche Verfahren gehindert. Denn die entgegenstehende Rechtsprechung des BayVerfGH und des OLG München ist schlicht interessengeleitet. Es geht bei jedem einzelnen Verfahren vor dem BayVerfGH bzw. vor dem OLGnchen einzig und allein darum, strafrechtliche Ermittlungen gegen einen Münchner Richter oder gegen einen Münchner Staatsanwalt zu verhindern - um jeden Preis. Das ist auch für neutrale Beobachter, die nicht selbst in die Verfahren involviert sind,  ohne weiteres zu erkennen. Das OLG Naumburg war deshalb gehindert, sich für das gerichtliche Verfahren im Fall Oury Jalloh darauf zu berufen.                          

Das OLG Naumburg musste deshalb nach dem Grundsatz "iura novit curia" im Fall Oury Jalloh eine Mündliche Verhandlung gem. Art. 6 I 1 EMRK abhalten und den Verletzten richterliche Hinweise gem. § 86 III VwGO erteilen.


Familie von Oury Jalloh legt Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein

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Posted on Tue, 26. Nov 2019 Reply


Pressemitteilung der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh        Berlin, 26.11.2019

Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Naumburg hat die Anwältin des Bruders von Oury Jalloh am 25.11.2019 fristgerecht Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. Das OLG von Sachsen-Anhalt hatte mit Beschluss vom 22.10.2019 die Einstellungsbegründungen der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg für rechtmäßig erklärt.

Die Verfassungsbeschwerde von Rechtsanwältin Beate Böhler richtet sich gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft Halle vom 12.10.2017 und gegen den Prüfvermerk der Generalstaatsanwalt Naumburg vom 29.11.2018 die Ermittlungen einzustellen sowie gegen den aktuellen Beschluss des OLG Naumburg keine öffentliche Anklage verdächtiger Personen im Fall von Oury Jalloh anzuordnen.

Rechtsanwältin Böhler argumentiert, dass diese Entscheidungen die Grundrechte des Bruders Mamadou Saliou Diallo verletzen: “Ein Anspruch auf effektive Strafverfolgung besteht zumindest dann, wenn Amtsträger bei der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben Straftaten begangen haben. Ein Verzicht auf eine effektive Verfolgung solcher Taten ist geeignet das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität und Rechtsstaatlichkeit staatlichen Handelns zu erschüttern. Anspruch auf effektive Strafverfolgung besteht auch dann, wenn dem Staate spezifische Fürsorge- und Obhutspflichten gegenüber Personen obliegen, die diesen Amtsträgern anvertraut sind.” Die Einstellungsbescheide stellen daher in mehreren Punkten eine Grundrechtsverletzung dar. “Im vorliegenden Fall sind beide Kriterien erfüllt. Der Getötete befand sich in wehrloser Lage in polizeilichem Gewahrsam und wurde durch Polizeibeamte misshandelt und getötet. Die Verpflichtung zur effektiven Strafverfolgung trifft alle Strafverfolgungsorgane.”

Zu den polizeilichen und staatsanwaltlichen Ermittlungen führt Rechtsanwältin Böhler an, dass diese nicht unvoreingenommen waren, lückenhaft und zögerlich durchgeführt wurden und “ausschließlich der Bestätigung der Selbstentzündgsthese” dienten:
“Beweisergebnisse, die die Selbstentzündgsthese widerlegen, werden ignoriert und umgedeutet. So weigern sich die Strafverfolgungsbehörden zur Kenntnis zu nehmen, dass sich das in der Zelle 5 aufgefundene Feuerzeug während des Brandgeschehens dort nicht befunden haben kann.”

Insbesondere auch die neuen Ergebnisse des fachradiologischen Gutachtens vom 18.10.2019, werden im Beschluss des OLG Naumburg nicht sachgerecht abqualifiziert: “Die nunmehr nachgewiesenen weitergehenden Verletzungen werden ohnehin als Schutzbehauptungen zu erachtenden Angaben der Beschuldigten M. und S. nicht erklärt.”

Weiter heißt es in der Verfassungsbeschwerde: “Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse und der bereits vorliegenden sachverständigen Feststellungen dürfte an einer Verneinung des hinreichenden Tatverdachts gegen den Beamten S. wegen gemeinschaftlich mit dem Beamten M. begangenen Mordes aus Verdeckungsabsicht nicht mehr festgehalten werden können. Es besteht der Verdacht, dass dieser gemeinsam mit dem Beamten M. den Getöteten nicht nur rechtswidrig inhaftiert, sondern auch schwer misshandelt und zur Verdeckung der Misshandlungen in der Zelle 5 verbrannt hat.”

Abschließend beantragt Rechtsanwältin Böhler beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe:

“[…] festzustellen, dass die angefochtenen Entscheidungen den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art.2 Abs.2 S. 1 und 2 in Verbindung mit Art.1 Abs.1 S.2, in Verbindung mit Art.6 GG, Art.3 Abs.1 GG und 19 Abs.4 GG, sowie in seinem recht auf rechtliches Gehör aus Art.103 Abs.1 GG verletzen
und den Bescheid der Staatsanwaltschaft Halle vom 12.10.2017, den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg vom 29.11.2018 und den Beschluss des OLG Naumburg vom 22.10.2019 aufzuheben und die Sache an eine andere Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung hilfsweise zur Durchführung weiterer Ermittlungen zurückzuverweisen.”                                 Pressemitteilung als PDF Link

Bekanntlich reicht es für eine VB nicht aus, zu rügen, dass die angefochtene Entscheidung inhaltlich falsch ist. Vielmehr muss in der VB irgendeine Grundrechtsverletzung dargetan werden. Dafür kommt vor allem in Betracht eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung Rechtlichen Gehörs. Die Tatsache, dass keine Mündliche Verhandlung stattfand (wie es Art. 6 I 1 EMRK vorschreibt) und die Tatsache, dass keine Richterlichen Hinweise erteilt wurden (wie es § 86 III VwGO vorschreibt) fanden augenscheinlich keinen Eingang in die VB. Somit ist nicht ersichtlich, in welcher Weise in der VB überhaupt Grundrechtsverletzungen gerügt wurden. Zudem wurde offenbar vorher keine Anhörungsrüge erhoben. Dies wäre aber in Hinblick auf das Subsidiaritätsprinzip notwendig gewesen. Die VB wird also voraussichtlich meiner Prognose nach nicht von Erfolg gekrönt sein.   

Der auf meine Meldung hin gelöschte Kommentar des anonymen Gastes führte aus:

"Die Verfassungsbeschwerde rügt die Verletzung des "Grundrechts auf effektive Strafverfolgung" (zuletzt: BVerfG, B. v. 25.10.2019 - 2 BvR 498/15), vgl. ausdrücklich oben: "Ein Anspruch auf effektive Strafverfolgung besteht zumindest dann, wenn Amtsträger bei der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben Straftaten begangen haben"

Das ist zwar richtig. Das ist aber aus mehreren Gründen zu kurz gesprungen. Zum einen ist es alles andere als eine ausgemachte Sache, dass das "Grundrecht auf effektive Strafverfolgung" nicht nur einen "Anspruch auf ernsthafte Ermittlungen", sondern auch einen "Anspruch auf Anklageerhebung"  umfasst. Vor allem aber verstehe ich, ehrlich gesagt, nicht, warum die VB so vollständig auf die Geltendmachung aller prozessualen Rechte verzichtet hat. 

Der auf meine Meldung hin gelöschte Kommentar...

Mit abweichenden und/oder kritischen Meinungen kommen Sie wohl gar nicht zurecht, oder?

Zum einen ist es alles andere als eine ausgemachte Sache, dass das "Grundrecht auf effektive Strafverfolgung" nicht nur einen "Anspruch auf ernsthafte Ermittlungen", sondern auch einen "Anspruch auf Anklageerhebung"  umfasst.

Völlig falsch. Der Anspruch gilt für alle "Mittel des Strafrechts", also insbes. auch die Anklage, vgl.: "In solchen Fällen kann ein Tätigwerden des Staates und seiner Organe auch mit den Mitteln des Strafrechts verlangt werden" (BVerfG, B. v. 2.7.2018 - 2 BvR 1550/17, Rdnr. 38)

Vor allem aber verstehe ich, ehrlich gesagt, nicht, warum die VB so vollständig auf die Geltendmachung aller prozessualen Rechte verzichtet hat.

Wenn keine Verfahrensrechte in grundrechtsrelevanter Weise verletzt wurden, kann man auch keine Grundrechtsverstöße rügen. So einfach ist das.

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Bekanntlich macht mir schon länger ein Troll zu schaffen. Aufgrund bestimmter sprachlich-stilistischer Eigenheiten (z.B. die Art und Weise, Entscheidungen zu verlinken und abzukürzen) habe ich nunmehr Herrn Dr. Johannes Rübenach im Verdacht, der Troll zu sein.

 

 

Z.B. auch die Technik, Entscheidungen mit hier zu verlinken, haben Herr Dr. Johannes Rübenach und der Troll gemein. Ich habe Herrn Dr. Johannes Rübenach inzwischen gegooglet. Es scheint sich um einen klassischen gewerblichen Abmahner zu handeln. Das würde "stilistisch" zu seinem anonymen Auftreten hier im beck-blog passen wie die Faust aufs Auge. 

 

 

Ich hatte gefragt: Habe ich das Vergnügen mit Herrn Dr. Johannes Rübenach?

Ich wollte noch näher begründen, warum - zumindest im Fall Oury Jalloh - m.E. ein "Anspruch auf Anklageerhebung" gegeben ist:

1) Die Sachsen-Anhaltinische Justiz hat in all den Jahren, in denen der Fall Oury Jalloh nun schon läuft,  "tendenziös" ermittelt, eher im Sinne einer "Nicht-Ermittlung".  

2) Es ist anzunehmen, dass das - absehbar langwierige - Strafverfahren gegen die beiden des Mordes beschuldigten Polizeibeamten weitere Erkenntnisse zutage fördern wird. Nicht zuletzt, weil das von der Initiative beauftragte forensische Gutachten bisher zu wenig Beachtung gefunden hat. Es ist angemessen, dass die Ergebnisse des Gutachtens Gegenstand eines Gerichtsverfahrens werden. Dazu ist eine Anklageerhebung gegen die beiden des Mordes beschuldigten Polizeibeamten notwendig. 

1) Die Sachsen-Anhaltinische Justiz hat in all den Jahren, in denen der Fall Oury Jalloh nun schon läuft,  "tendenziös" ermittelt, eher im Sinne einer "Nicht-Ermittlung".

208 Seiten "Prüfbericht" des Generalstaatsanwalts beweisen eindeutig und nachdrücklich das direkte Gegenteil Ihrer Behauptung!

2) Es ist anzunehmen, dass das - absehbar langwierige - Strafverfahren gegen die beiden des Mordes beschuldigten Polizeibeamten weitere Erkenntnisse zutage fördern wird. Nicht zuletzt, weil das von der Initiative beauftragte forensische Gutachten bisher zu wenig Beachtung gefunden hat. Es ist angemessen, dass die Ergebnisse des Gutachtens Gegenstand eines Gerichtsverfahrens werden. Dazu ist eine Anklageerhebung gegen die beiden des Mordes beschuldigten Polizeibeamten notwendig. 

Das von der Initiative beauftragte forensische Gutachten hat bisher deshalb "wenig Beachtung gefunden", weil es die Initiative verbirgt, wohl aus guten Gründen. Das ein (aus guten Gründen?) verstecktes Gutachten keine Beachtung finden kann, liegt in der Natur der Sache!

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Iura novit curia bedeutet nur, dass der Rechtssuchende nichts zur Rechtslage vortragen muss, sondern nur die Tatsachen vorzutragen und zu beweisen hat (§ 17 Abs. 2 S. 1 GVG) und sonst nichts.

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Und es heißt, wörtlich übersetzt "Das Gericht kennt Recht und Gesetz". Deswegen auch an dieser Stelle meine Frage an Sie: Worin liegt Ihr Widerspruch zu dem, was ich sage?

Worin liegt Ihr Widerspruch zu dem, was ich sage?

Sie verwechseln Iura novit curia mit der Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 GG).

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Ich verwechsele gar nichts. Sie können dasselbe auch "Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 GG)" nennen, wenn Ihnen das sprachlich besser gefällt. 

Sie können dasselbe auch "Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 GG)" nennen, wenn Ihnen das sprachlich besser gefällt.

Ach, Würdinger, Sie verstehen gar nichts! Iura novit curia ist ein zivilrechtlicher Grundsatz des (antiken) römischen Rechts, die Bindung an Gesetz und Recht ist ein Grundsatz des modernen Rechtsstaats. Beides hat miteinander nichts zu tun, was Sie schon daraus ersehen können, dass der Grundsatz iura novit curia immer mehr zurückgedrängt wird und von den Parteien, bzw. deren Rechtsanwälten, entgegen iura novit curia immer öfter und immer mehr umfangreiche Rechtsausführungen erwartet werden, ohne dass darunter die Bindung an Gesetz und Recht leidet. 

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sobald es um Prozessrecht geht, verabschiedet sich der Text...

Ist doch eigentlich alles ziemlich richtig, was da zum Prozessrecht im Text steht und von "Verabschieden" keine Spur: "Heinecke hält es angesichts der Widersprüche in der OLG-Entscheidung für nötig, aber für äußerst schwierig, beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde dagegen einzulegen. Dafür hätten die Anwältinnen der Nebenklage lediglich einen Monat Zeit, zugleich seien die formalen Anforderungen an eine Verfassungsbeschwerde sehr hoch". Zum Prozessrecht habe ich da schon unendlich viel schlimmeres gelesen, insbes. leider auch hier im Forum...

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Im Text fehlen alle Ausführungen zur Verletzung des Anspruchs auf Gewährung Rechtlichen Gehörs. Die Tatsache, dass keine Mündliche Verhandlung stattfand (wie es Art. 6 I 1 EMRK vorschreibt) und die Tatsache, dass keine Richterlichen Hinweise erteilt wurden (wie es § 86 III VwGO vorschreibt) fanden augenscheinlich keinen Eingang in den Artikel. 

Im Text fehlen alle Ausführungen...

...und das ist gut so, andernfalls man ja zeigen würde, dass man von Prozessrecht keine Ahnung hat, weil es diese genannten Ansprüche im Klageerzwingungsverfahren nicht gibt. Der Text "verabschiedet" sich also nicht, sondern ist völlig auf der Höhe notwendiger juristischer Kenntnisse...

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Die Ansprüche auf eine Mündliche Verhandlung (wie es Art. 6 I 1 EMRK vorschreibt) und auf Richterliche Hinweise (wie es § 86 III VwGO vorschreibt) bestehen, wie in jedem anderen Prozess auch, selbstverständlich auch im Klageerzwingungsverfahren.

Dann werfen Sie der Sache nach also auch Carsten Krumm vor, er schreibe "an sich schöne Artikel, aber, es ist zum Verzweifeln, sobald es um Prozessrecht geht, verabschiedet sich der Text", denn zur mündlichen Verhandlung und zu richterlichen Hinweisen schreibt er (wie auch die anderen ernst zu nehmenden Fachautoren) ja bekanntlich in seinen bekannten Aufsätzen (richtigerweise) nichts. Interessant...

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Ich meine sagen zu dürfen, dass sich Herr Krumm und ich menschlich tadellos verstehen. Zumindest verläuft unsere Kommunikation auf dem eMail-Kanal, den beck-blog den angemeldeten Teilnehmern zur Verfügung stellt, aus meiner Sicht sehr angenehm. Zudem habe ich (unter einer IP-Adresse) vor einiger Zeit den Wikipedia-Artikel über Herrn Krumm angelegt. Das alles würde man nicht machen, wenn man sich nicht gegenseitig schätzen und achten würde. Es ist mir auch nicht entgangen, dass anonyme Gäste auf beck-blog schon häufiger den Versuch unternommen haben, einen, wie man so schön sagt, "Keil zu treiben" zwischen Herrn Krumm und mich. Herr Krumm wird es mir deshalb nachsehen, wenn ich über seinen Aufsatz zum KlEV nachfolgend einige Bemerkungen mache:

Das Problem an dem Aufsatz ist, dass der Aufsatz zwar jede Menge Punkte auflistet, die man als Anwalt bei der Abfassung einer Antragsschrift im KlEV zu beachten hat. So weit, so gut. Der Aufsatz ändert aber nichts an dem Problem, dass die OLGe sich dann halt nach aller Erfahrung einen Punkt einfallen lassen, den man als Anwalt "übersehen" haben soll. Dies führt bekanntlich dazu, dass der Antrag unzulässig ist. Der Fantasie, was Sie als Anwalt diesmal "übersehen" haben sollen, sind dabei keinerlei Grenzen gesetzt. Als Anwalt spielen Sie also, wenn Sie ein KlEV betreiben wollen, von Anfang an ein Spiel, das Sie nicht gewinnen können. Genauer gesagt: Sie überwinden die Zulässigkeitshürde eines KlEV nur dann, wenn sich das OLG aus freien Stücken mit der Sache befassen will. Aber Sie haben als Anwalt keinerlei Handhabe, wenn das OLG ganz einfach keine Lust hat, sich mit der Sache zu befassen, die Sie dem OLG zur Prüfung unterbreiten wollen.

Also mit anderen Worten: Carsten Krumm schreibt "an sich schöne Artikel, aber, es ist zum Verzweifeln, sobald es um Prozessrecht geht, verabschiedet sich der Text", oder? Und Sie (alleine) wissen (selbstverständlich) alles (ungleich sehr viel) besser...

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Auf Ihren irrationalen Kommentar noch einmal eine rationale Antwort: Die Argumente habe ich in meinem Aufsatz Alexander Würdinger: Die Zeitenwende im Klageerzwingungsverfahren. In: HRRS, Nr. 1/2016, S. 29 dargelegt, wonach die VwGO auf ein KlEV und ein EEV Anwendung findet. 

https://www.google.de/search?q=Alexander+W%C3%BCrdinger%3A+Die+Zeitenwen...

Und was sind Ihre Gegenargumente?

...und niemand glaubt Ihnen, Sie armer, weder Carsten Krumm, mit dem Sie sich "menschlich tadellos verstehen" und der "an sich schöne Artikel schreibt, aber, es ist zum Verzweifeln, sobald es um Prozessrecht geht, sich verabschiedet", noch ein anderer ernst zu nehmender Fachautor. Was schließen Sie daraus? Sie (alleine) wissen (selbstverständlich) alles (ungleich sehr viel) besser.

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Dazu nur Folgendes: Lesenswert sind insbesondere die folgenden Fundstellen in der Kommentarliteratur:

Es handelt sich zum einen um Graf, Kommentar zur Strafprozessordnung, 3. Auflage 2018, Rn. 19 zu § 172 StPO. Dort weist die Bearbeiterin Claudia Gorf auf meinen Aufsatz hin. Hierbei macht die Bearbeiterin  insbesondere darauf aufmerksam, dass ich die Anwendung des Verwaltungsprozessrechts auf die Verfahren nach den §§ 172 ff StPO vorschlage. Weiter hebt die Bearbeiterin in ihrer Kommentierung der §§ 172 ff StPO zu Recht hervor, dass dies insbesondere eine Hinweispflicht des Gerichts gem. § 86 III VwGO zur Folge hätte. 

Zum anderen weist der angesehene Heidelberger Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Auflage 2019, Bearbeiter Mark Zöller in Rn. 1 zu § 172 StPO zu Recht darauf hin, dass die Anwendung der VwGO auf die Verfahren nach den §§ 172 ff StPO die bisher bestehenden Probleme im Bereich der Zulässigkeit dieser Verfahren lösen würde. 

Schließlich weist der Standardkommentar zur Strafprozessordnung von Lutz Meyer-Goßner und Bertram Schmitt bereits seit der 59. Auflage aus dem Jahr 2016 unter der Randnummer 1 zu § 173 StPO darauf hin, dass ich die Anwendung des Verwaltungsprozessrechts auf das Ermittlungserzwingungsverfahren (EEV) und auf das Klageerzwingungsverfahren (KlEV) vorschlage. 

Das ist doch alles nur de lege ferenda gemeint. De lege lata wäre das nichts anderes als blühender Unsinn.

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Die vier gleichlautenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juni 2014, 2 BvR 2699/10 im Fall Tennessee Eisenberg [3], vom 6. Oktober 2014, 2 BvR 1568/12 im Fall Gorch Fock [4], vom 23. März 2015, 2 BvR 1304/12 im Fall Münchner Lokalderby [5] und vom 19. Mai 2015, 2 BvR 987/11 im Fall Luftangriff bei Kundus [6] stellen die bestehende Rechtslage dar. 

Genau! Ich bin begeistert. Endlich haben auch Sie verstanden: Kein Wort davon, "wonach die VwGO auf ein KlEV und ein EEV Anwendung findet". Können wir die unselige Diskussion jetzt also hiermit endlich abschließen?

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Die vier gleichlautenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juni 2014, 2 BvR 2699/10 im Fall Tennessee Eisenberg [3], vom 6. Oktober 2014, 2 BvR 1568/12 im Fall Gorch Fock [4], vom 23. März 2015, 2 BvR 1304/12 im Fall Münchner Lokalderby [5] und vom 19. Mai 2015, 2 BvR 987/11 im Fall Luftangriff bei Kundus [6] postulieren den Anspruch auf Strafverfolgung Dritter. Haben Sie sich schon mal überlegt, welche praktischen Auswirkungen der Anspruch auf Strafverfolgung Dritter hat?

Die vier gleichlautenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juni 2014, 2 BvR 2699/10 im Fall Tennessee Eisenberg, vom 6. Oktober 2014, 2 BvR 1568/12 im Fall Gorch Fock, vom 23. März 2015, 2 BvR 1304/12 im Fall Münchner Lokalderby und vom 19. Mai 2015, 2 BvR 987/11 im Fall Luftangriff bei Kundus stellen die bestehende Rechtslage dar. Im Unterschied zu einer künftig wünschenswerten Rechtslage...

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