Deutscher Public Corporate Goverance Musterkodex für öffentliche Unternehmen veröffentlicht

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 17.01.2020

Die Expertenkommission Deutscher Public Corporate Governance Musterkodex hat am 7. Januar 2020 einen Musterkodex (D-PCGM) veröffentlicht, der Empfehlungen für die Organisation öffentlicher Unternehmen in privater und öffentlicher Rechtsform enthält. Hauptsächlich zugeschnitten ist er auf eine GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat und Mehrheitsbeteiligung einer Gebietskörperschaft. Auch die Gebietskörperschaft selbst und eine mittelbare Beteiligung durch eine Gebietskörperschaft sind teilweise berücksichtigt.

Mustertext für Gebietskörperschaften

Der Musterkodex soll Gebietskörperschaften dabei unterstützen, einen Public Corporate Governance Kodex (PCGK) für eigene Unternehmen zu beschließen oder einen bestehenden PCGK zu evaluieren. Er soll damit der Uneinheitlichkeit bestehender PCGKs entgegenwirken.

Handhabung per Comply-or-Explain

Enthalten sind insgesamt 167 Empfehlungen für neun Themenbereiche (u. a. Gesellschafterversammlung und Beteiligungsmanagement, Aufsichtsorgan, Geschäftsführung, Compliance) sowie Verweise auf gesetzliche Vorschriften. Ähnlich wie DCGK-Empfehlungen sollen die Empfehlungen des Musterkodex per Comply-or-Explain behandelt werden – also entweder befolgt werden oder die Pflicht zur Begründung einer im Einzelfall gewählten Abweichung auslösen. Die Gesellschaft soll hierzu eine jährliche Entsprechenserklärung abgeben.

Corporate Governance mit öffentlich-rechtlicher Färbung

Inhaltlich lehnt sich der Musterkodex teilweise an Aktienrecht, öffentliches Recht, bestehende PCGKs und den DCGK an. Empfohlen werden etwa Höchstgrenzen für die Zahl paralleler Organämter, Restriktionen für Geschäfte mit nahestehenden Personen, ein Kompetenzprofil für den Aufsichtsrat, eine eigenverantwortliche Geschäftsführung, in die die Gesellschafterversammlung nur ausnahmsweise per Weisung eingreift, sowie eine regelmäßige Überprüfung, ob die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen der wirtschaftlichen Betätigung noch gewahrt sind. Diversität und Geschlechterparität sollen u. a. durch mindestens 30 % Frauen- bzw. Männeranteil im Aufsichtsrat und ein ausgewogenes Frauen-/Männer-Verhältnis in der Geschäftsführung gefördert werden.

Besondere Berücksichtigung politischer Besonderheiten

Viel Raum nehmen ferner Umwelt-, Sozial- und politische Themen ein. So soll die Geschäftsführung auch Nachhaltigkeitsziele berücksichtigen. Im Jahresabschluss sollen u. a. Sponsoringleistungen gesondert offengelegt und über Nachhaltigkeitsaspekte nach den Kriterien des Deutschen Nachhaltigkeitskodex berichtet werden. Von der Gebietskörperschaft entsendete Aufsichtsratsmitglieder sollen neben dem Unternehmensinteresse auch die Interessen der Gebietskörperschaft berücksichtigen und mit der Beendigung ihres Amts bei der Gebietskörperschaft auch ihr Aufsichtsratsamt niederlegen.

Nächste Schritte

Die Kommission lädt ein, schriftliche Stellungnahmen zum Musterkodex einzureichen. Eine überarbeitete Fassung soll ca. im Januar 2021 veröffentlicht werden.

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4 Kommentare

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Wären nicht auch für Gebietskörperschaften selbst solche Regeln und Umsetzung wünschenswert? Planung  nur mit Kostenfolgenklärug,  Und retrospektiv Durchführungskontrolle.  Wie etwa am 16.1.2020 im BUndestag begehrt.

Vermutlich gar nicht so viel Platz für einen „Gebietskörperschaft-Kodex“ neben Organisationsgesetzen, Geschäftsordnungen und Verwaltungsanweisungen. Und soweit Platz ist: Welches Gremium wäre zum Erlass eines Kodex geeignet? Dazu bleibt wohl die Frage, ob nicht viele mögliche Themen eines Kodex (z.B. Ausschuss-/Ämterbesetzungen, Berichte/Transparenz, Unabhängigkeit, Interessenkonflikte, Doppelmandate, Frauen/Männer, Nachhaltigkeit) besser durch die jeweilige politische Mehrheit entschieden und fortentwickelt werden sollten.

Also, wenn durch einen nicht - dann die jeweilige Mehrheit. Viel hülfe ja eventuell bereits, einer Minderheit durchgreifende investigative Befugnisse einzuräumen. 

Durch wen stattdessen? Auch ein unabhängiges Expertengremium müsste ja seinerseits von einem dazu legitimierten Gremium ernannt werden.

Und investigative Befugnisse für parlamentarische Minderheiten gibt es durchaus bereits, insb. in Form von Untersuchungsausschüssen.

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