Das Kind hat einen Anspruch auf einen unbefristeten Titel

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 19.03.2012
Rechtsgebiete: BefristungKindesunterhaltFamilienrecht9|20522 Aufrufe

Der barunterhaltspflichtige Vater ließ den Mindestunterhalt für sein minderjähriges Kind durch Jugendamtsurkunde titulieren - allerdings befristet bis zur Volljährigkeit des Kindes.

Das OLG Hamm (Beschluss v. 28.10.2011 - 8 WF 160/11) gewährte dem Kind Verfahrenskostenhilfe für einen Abänderungsantrag auf Schaffung eines unbefristeten Titels.

 

Im Gegensatz zum nachehelichen Unterhalt besteht beim Kindesunterhalt auch keine gesetzliche Befristungsmöglichkeit, so dass eine Änderung der Verhältnisse von den Beteiligten nur im Wege des Abänderungsantrags geltend gemacht werden kann. Insoweit bestehen auch keine Unterschiede zwischen einem betragsmäßig festgelegten und einem dynamisierten Kindesunterhalt. Wenn auch die Dynamisierung gem. § 1612a BGB nur für minderjährige Kinder möglich ist, stellt demgegenüber § 244 FamFG klar, dass auch gegenüber einem solchen Titel nicht der Einwand der Volljährigkeit erhoben werden kann. Zwar findet die Dynamisierung dann mit der 3. Altersstufe ihre (höhenmäßige) Beendigung; der sich danach ergebende Betrag gilt aber unverändert über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus fort. Eine solche Fortdauer des Minderjährigenunterhalts - verbunden damit, dass die Abänderungslast für eine Herabsetzung beim Unterhaltspflichtigen liegt - erscheint auch nicht ungerecht. Denn heutzutage entspricht es weitgehend der Lebenswirklichkeit, dass volljährig gewordene Kinder, unabhängig davon, ob sie sich noch in der Schulausbildung oder in einer Berufsausbildung befinden, weiterhin unterhaltsbedürftig sind. Die vollständige Anrechnung des Kindergeldes ab Volljährigkeit wird zum Teil durch den Aufstieg in die 4. Altersstufe ausgeglichen. Ein höherer Bedarf ergibt sich regelmäßig dann, wenn das Kind in einem eigenen Haushalt lebt.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann die beabsichtigte Rechtsverfolgung auch nicht als mutwillig gem. § 114 ZPO angesehen werden. Vielmehr hätte ein prozessökonomisch denkender Beteiligter, um ein Folgeverfahren zu vermeiden, sogleich eine unbefristete Titulierung angestrebt, zumal sich dies auf den Verfahrenswert nicht ausgewirkt und damit keine höheren Kosten verursacht hätte. Diese Möglichkeit kann der Antragstellerin dadurch, dass der Antragsgegner eine befristete Jugendamtsurkunde errichten ließ, nicht aus der Hand geschlagen werden. Abgesehen davon kommt der Frage, wer die Abänderunglast bezüglich eines Titels trägt, durchaus praktische Bedeutung zu, zumal bestehende Abänderungsmöglichkeiten nicht selten versäumt oder erst mit zeitlicher Verzögerung wahrgenommen werden.

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9 Kommentare

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In einem Land mit Vollbeschäftigung und sicheren Arbeitsplätzen für Väter wäre sowas ja denkbar - in der Weise ist es lediglich eine Subvention und Beschäftigungsprogramm für die Anwaltschaft.

Absurd. Von der Lebenswirklichkeit der Billiglöhner haben etliche Richter wohl jede Ahnung verloren. Niedriglohn wird so automatisch zur Unterhaltsfalle, die direkt in die Insolvenz führt.

Da kann man gerade Geringerverdienern nur noch zur Aufstockung mit ALGII raten - jedenfalls sofort bei Arbeitsplatzverlust sollte dann die Aufstockung in Verbindung mit §11b ... Nr. 7 SGBII umgehend geprüft werden.

Das Gericht verkennt neben vielen anderen Dingen, dass die Fortdauer des Unterhalts über die Volljährigkeit hinaus für das Interesse des Unterhaltsgläubigers irrelevant oder sogar gegenläufig ist, weil sich mit Eintritt seiner Volljährigkeit grundlegende Änderungen ergeben. So tritt ein neuer Barunterhaltsschuldner hinzu, eine neue Berechnung findet damit zwangsläufig statt, in der Regel ergeben sich grosse Änderungen, die eine Abänderung ohnehin rechtfertigen, was ein Kosten- und Prozessrisiko verursacht. Somit wird also eine teure zusätzliche Schranke für die Beteiligten eingeführt.

 

Das deutsche Unterhaltsrecht wurde in diesem Bereich über die Jahre hinweg so entwickelt:

 

- Einführung der Pflicht für den Pflichtigen, einen Titel zu erstellen

- Erfindung dynamischer Titel, die sich wie eine Staffelmiete ständig von selbst erhöhen

- Einführung grundsätzlicher Gültigkeit über die Volljährigkeit hinaus

- Einführung einer Pflicht zu dynamischen Titeln

- Einführung einer Pflicht zu unbegrenzt gültigen Titeln

- Einführung einer Anwaltspflicht für alle Abänderungsklagen des titulierten Unterhalts.

  Das ist weltweit einzigartig. Eine sehr konsequente Entwicklung. Wieso führt man eigentlich nicht gleich die Verpflichtung ein, dass Drittschuldner wie z.B. der Arbeitgeber alle Zahlungen von vornherein nur noch an den Unterhaltsgläubiger abzuführen haben, der nach Abzug seines Unterhalts eventuelle Restbeträge an den Pflichtigen weitergibt? Oder eine Schuldenaufstellung, wenn es ein Minusbetrag ist. So viel sollten uns unsere Kinder schon wert sein und das liegt ja auch alles im Interesse des Unterhaltsgläubigers, somit voll gerechtfertigt. Ich bin sicher, unsere weisen Richter werden auch das schaffen, dem Kindeswohl zum Wohl.

So tritt ein neuer Barunterhaltsschuldner hinzu, eine neue Berechnung findet damit zwangsläufig statt, in der Regel ergeben sich grosse Änderungen, die eine Abänderung ohnehin rechtfertigen, was ein Kosten- und Prozessrisiko verursacht. Somit wird also eine teure zusätzliche Schranke für die Beteiligten eingeführt.

Es mag nicht Ihrer Lebenswahrnehmung entsprechen, aber man kann Unterhaltstitel auch einvernehmlich und außergerichtlich abändern/aufheben. Dies geschieht tatsächlich auch in der großen Mehrzahl aller Fälle.

Wieso führt man eigentlich nicht gleich die Verpflichtung ein, dass Drittschuldner wie z.B. der Arbeitgeber alle Zahlungen von vornherein nur noch an den Unterhaltsgläubiger abzuführen haben, der nach Abzug seines Unterhalts eventuelle Restbeträge an den Pflichtigen weitergibt?

Lässt es der Unterhaltspflichtige zur Pfändung kommen, geschieht genau das.

Und das ist gut so.

Subjektive Wahrnehmungen ist eine Sache, die Zahl der Abänderungsklagen jedoch durchaus sehr genau quantifizierbar. Ihr Argument, dass das Meiste doch sowieso aussgerichtlich geregelt werden würde lässt sich ausserdem gegen das ständig weiter aufgeblähte Instrumentarium aus Titulierungen, unbegrenzten Laufzeiten, dynamischen Höhen, Anwaltspflichten etc. wenden - schliesslich geht es doch offenbar auch ohne, aussergerichtlich. Ein generelles, anlass- und schrankenloses Rechtsschutzinteresse für eine Titulierung kann somit nicht bestehen. Tut es aber laut ihren Kollegen. Und nicht nur das: Dynamisch, unbegrenzt, vollständig.

Quote:
Lässt es der Unterhaltspflichtige zur Pfändung kommen, geschieht genau das.

Ist mir bekannt. Meine Idee zur "Weiterentwicklung" und "Rechtsstärkung" war allerdings, den Zwischenschritt von Titulierung und Beauftragung der Vollstreckung auszulassen, sondern sich ohne Umschweife gleich an der Quelle zu bedienen. Der Pflichtige ist ohnehin für alles beweispflichtig und der Berechtigte hat für "alles" Rechtsschutzinteresse.

  In der Väterberatung (es handelt sich ja fast nur um Väter) hat die Beschreibung der Titulierungszwänge und -folgen übrigens interessante Effekte auf die Vorgehensweise der Pflichtigen. Nichts Juristisches, deshalb nicht für hier.

Ändert das Gesetz und führt grds. befristete Titel auf Kindesunterhalt bis zum 18. Lebensjahr ein. Gebe Herrn Untermann recht, dass sich mit 18 genug ändert und dann soll der Berechtigte sich darum kümmern. Immer wieder kommt es doch vor, dass die Parteien meinten, man habe sich aussergerichtlich mündlich geeinigt und dann beim ersten Streit wird der alte Titel wieder herausgezogen.

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Hmm, Vermieter bekommen keine Titel, Gasversorger nicht, die Telekom nicht, aber gekränkte Mütter, wo sich die Eltern nicht einigen können, bekommen eine weitere Atomwaffe in die Hand... Und damit das Spiel mit den dann augehetzten Kindern so weitergeht, über das 18te Lebensjahr hinaus. Das ist immerhin konsequente Fortführung des Deutschen Familienrechts!

Die Richter müssten mal in einer Scheidungsfamilie aufgewachsen sein, dann würden sie mal die Erfahrung machen, wofür diese Instrumente wirklich benutzt werden. Die Unterhaltsdaumenschrauben werden ganz schnell zu Racheinstrumenten.

Deren Einsatz führt zu dauerhaft zerstörten Familien, die Beziehung zwischen den Eltern ist nachhaltig zerrüttet, zu den Kindern, die ja allzu gerne mit in den Krieg hineingezogen werden, auch. Ich kenne mehrere Leute, deren Familien durch das deutsche Familienrecht mit zerstört wurden.

Und nein, es war niemals zum Wohle des Kindes, es kommt zwar dank so eines Unterhaltstitels über die Schulzeit, aber das Schlachtfeld und die Zerstörung bleiben ein Leben lang.

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Meiner Ansicht nach wiederspricht die gesamte Unterhaltstitulierung gegen die freiheitlich

Demokratische Grundordnung. Diese zu schützen haben sich unsere Richter verpflichtet indem

sie ihren Berufseid darauf abgegeben haben. Laut § 1612 steht beiden Elternteilen das

gemeinsame Unterhaltsbestimmungsrecht zu !!! Das minderjährige sowohl als auch das Volljährige

Kind haben sich daran binden zu lassen. Dies insoweit als es dem Kindeswohl nicht wiederspricht und Sonweit es für das Kind erreichbar ist. Sonst könnte ja ein minderjähriges Kind das aus einem intakten Elternhaus abhaut beide Elternteile auf Zahlung einer Geldrente verklagen.

Ebenso müßten alle Eltern die in einer Paarbeziehung leben laut BGH Urteil vom

11 Januar 2017 XII ZB 565/15 eine Geldrente an ihre Kinder zahlen.

Hier wird der "nonsens" dieser Entscheidungen vor Augen geführt.

Deliktisch gesehen ist Minderjährigenunterhalt eine Schadensersatzzahlung für

entgangene Barunterhaltsleistungen des Kindes, da es ja seine Existenz sichern muß.

Faktisch ist es jedoch so, das die Kinder dem nicht betreuenden Elternteil entfremdet werden. Was in einem "Rechtsstaat" eigentlich gegen § 225 StGB verstößt hier "seelischen Entwicklung" verstößt.

Praktisch wird der Elternteil auch noch mit der "Verfolgung von Unterhaltspflichtigen" belohnt und kann so "Kasse machen".

(Der betreuende Elternteil erfüllt seinen Teil in Naturalunterhalt, eigentlich kann er sich einer Barunterhaltspflicht nicht entpflichten siehe Urteil BGH vom 11. Januar 2017 ).

Der nicht betreuende Elternteil wird gänzlich seiner Grundrechte gemäß Grundgesetz beraubt und auf das Niveau eine Verbrechers reduziert dem lediglich ein "Besuchsrecht" hier "Umgangsrecht" (P.S. Ein Recht des Kindes nicht des jeweiligen Elternteils) zusteht.

Das gemeinsame Sorgrecht insbesondere die "Pflicht" nach Artikel 6 GG werden

damit unmöglich gemacht. ( Kein Umgang keine Möglichkeit zur Sorge oder Erziehung ).

Nach § 1612 würden dem nicht betreuenden Elternteil in einem "Rechtsstaat" jetzt die Möglichkeit gegeben die Unterhaltsvorderungen des minderjährigen

Kindes abzulehnen und ihm stattdessen die Möglichkeit gegeben den Unterhalt in Form eines Naturalunterhalts wahrzunehmen.

Das Kind das dieser Forderung nicht nachkäme würde seinen Unterhalt verlieren,

gleichzeitig stünde es ihm offen den Barunterhalt vom "Täter" gemäß § 280 BGB zurückzufordern.

Wie gesagt wenn wir in einem "Rechtsstaat" leben würden.

Faktisch hat bereits das Bundesverwaltungsgericht festgestellt das regelmäßig

Elternteile vornehmlich Väter unter ihre Leistungsfähigkeit hier "Existentminimum nach Hatz IV" vollstreckt werden.

Dies verstößt gegen die Menschenwürde, den Gleichbehandlungsgrundsatz ( Diskriminierung der Gruppe der Väter ), der freien Entwicklung der Persönlichkeit

,körperliche  Uversehrtheit ( Existenz in rechtsfreien Raum macht Krank, die Zerstörung der gesamten Lebensumstände bis hin zur Mittellosigkeit endet sehr oft im Suizid ) das Recht auf freie Arbeitsplatzwahl (Zwang soviel Kohle zu verdienen das du auch ja zahlen kannst),das Recht auf freie Partnerwahl ( niemand will für dich Kindesunterhalt zahlen wollen wenn du dazu nicht in der Lage bist ).

Wie gesagt das ist was "Laie" aus einem Gesetz liest, also persönliche Meinung.

Fakt ist das viele Gewaltdelikte auf dieser Ungleichbehandlung fußen ob als

Täter ( Mann mit Abschleppseil ) oder als Opfer ( Suizid ).

Wann ist die Gesellschaft endlich bereit den Gleichbehandlungsgrundsatz auch hier anzuwenden und "Apartheidsgesetze" abzubauen.

0

Im Strafrecht gilt nach deutschem Recht die Unschuldsvermutung und das ist gut so!

Dieses Rechtsgut sowie der Gleistellungsgrundsatz ist für mich im Unterhaltsrecht und der hier dargelegten Argumente in der aktuellen Rechtsprechung in keinster Weise erkennbar.

Während Arbeitslosigkeit oder fortgesetztes Krankengeld für den betreuenden Elternteil keinerlei Rechtsfolgen nach sich ziehen, wird der Unterhaltspflichtige über die "Unterwerfungsklausel" zur Fortzahlung im Rahmen eines faktisch nicht mehr existierenden Einkommens von mindestens drei Monaten gezwungen. Im Falle schwerer Erkrankungen (Schlaganfall, Herzinfarkt, Bandscheibenvorfälle) dauert das erstellen entsprechender medizinischer Gutachten, über den Grad der abschließenden Genesung in der Regel 1-2 Jahre. In dieser Zeit hat der Unterhaltspflichtige gar nicht die Möglichkeit über die Nachhaltigkeit der eingeschränkten Leistungsfähigkeit Auskunft zu erteilen.

Anzunehmen, dass der betreuende Elternteil als gesetzlicher Stellvertreter des Kindes und Titelverwalter die Beziehungsebene zwischen den Elternteilen unberücksichtigt lässt und rücksichtsvoll nach einer situationsbedingt sinnvollen Lösung sucht, ist illusorisch und praxisfremd.

Natürlich ist anzunehmen, das ein grundsätzlicher Rechtsanspruch auf Unterhalt in der heutigen Zeit auch weiterhin bestehen wird. Hierbei bleibt jedoch unberücksichtigt, dass die Titulierung in der Regel dynamisch erfolgt und eine Barunterhaltspflicht der Kindesmutter beginnt. Allein dies macht in der Regel eine Überprüfung und in der Folge eine Abänderungsklage des Unterhaltspflichtigen gegenüber seines eigenen Kindes erforderlich. Sollte die Mutter der Aufforderung zur Offenlegung ihrer Einkünfte außergerichtlich nicht nachkommen, ist auch hier eine weitere Klage erforderlich. Der über die Dauer der Verfahren evtl. zuviel gezahlte Unterhalt ist natürlich weg.

Unterhaltsverfahren werden in der Regel nicht wirklich wegen Streitigkeiten zwischen Eltern und Kind geführt, da jeder Elternteil ein berechtigtes Interesse am Wohlergehen seines Kindes hat. In den meisten Fällen sind es doch die betreuenden Elternteile, die entsprechende Verfahren anstrengen, weil sie "verborgene Reichtümer" beim Unterhaltspflichtigen vermuten.

Während sie sich jedoch hinter Beistandschaft und Titulierungszwang verstecken können, werden die Unterhaltspflichtigen gezwungen gegen ihre eigenen Kinder vor Gericht zu ziehen.

Ich werde dies jetzt tun müssen, da die Kindesmutter eine bis zum 18. Lebensjahr begrenzte, von mir unterschriebene Titulierung trotz durch das Jugendamt in der Höhe überprüfter, fortlaufender und regelmäßiger Zahlungen in den letzten 7 Jahren, abgelehnt hat...(Bis jetzt gab es keinen Titel, ging auch so...). Die Klageschrift ging mir am 15.12. mit Fristsetzung von 14 Tagen zu...

Frohe Weihnachten

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Hallo,

das Deutsche Familienrecht ist bei gekränkten Frauen und minderjährigen Kindern ein Freifahrtschein. Aber wen wunderts in einem Land wo Frauenförderung an erster Stelle steht, dank Mama Merkel sei dank.

Ich soll jetzt auch nachdem ich 8 Jahren vollen Unterhalt gezahlt habe einen Titel für meine beiden Söhne erstellen lassen.

Ich möchte es auch auf 18. Lebensjahr befristen lassen. Halte mich bitte mal auf dem Laufenden!! Danke. MfG. "Anwaltszwang = ABM"

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