...niemand hat die Absicht, die StVO/den BKat zu reformieren....

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 18.09.2020
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht12|5430 Aufrufe

War ja absehbar: Natürlich schafft es die Politik nicht, endlich klare Verhältnisse im StVO/BKatV-Durcheinander zu schaffen. Hatte sicher auch niemand erwartet. Kein Wunder, dass auch der ADAC verlauten lässt: „Die Chance, Rechtssicherheit wiederherzustellen wurde vertan. Das ist für die Bevölkerung kaum mehr nachvollziehbar, zumal sich alle Seiten die Erhöhung der Verkehrssicherheit auf die Fahnen schreiben."

Dazu dann noch diese unnötige Diskussion zur Frage, ob nicht bereits seit 2009 die StVO/der BKat unwirksam ist. Das wurde aus Baden-Württemberg lanciert. Warum? Vielleicht wegen der Streitigkeiten um die neuen Fahrverbotsregelungen? Und: Ist da nun etwas dran oder nicht? Keine Ahnung. Die meisten Bürger*innen werden kein Verständnis für dieses Gezerre haben.

Ich stelle mir die Frage: Was ist das Signal an die deutschen Verkehrsteilnhmer? Hoffentlich nicht, dass man fahren darf, wie man will. 

 

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12 Kommentare

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Was ist das Signal an die deutschen Verkehrsteilnhmer? Hoffentlich nicht, dass man fahren darf, wie man will. 

Das ist wie mit der Rechtschreibreform. Jeder macht, wonach er lustig ist. Vor lauter unübersichtlichen und unverständlichen Regeln im deutschen Rechtsstaat kennt sich ohnehin keiner mehr aus und die Rechtsprechung macht ohnehin wieder ganz was anderes...

Ist da nun etwas dran oder nicht? Keine Ahnung.

Als OWi-Richter sollte man sich vor einer Verurteilung aber nicht mit "Keine Ahnung" abfinden, oder?

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Wenn man bedenkt, dass das Zitiergebot dazu da ist, die Exekutive daran zu erinnern, wer im Land eigentlich das Sagen hat, wenn es um den Erlass allgemeiner Regeln geht, ist das jetzt entbrannte Gezerre natürlich staatsfeindlich, weil es das Vertrauen in den Rechtsstaat unterspült, indem ein handwerklicher Fehler vom Bundesverkehrsminister als Hebel gegen eine von allen Seiten gewollte Regelung, die auch erlassen werden durfte, genutzt wird. Wenn das Schule macht (eigentlich hat es das schon, weil es sich um ein Remake von 2010 handelt), dann gute Nacht, Bundesrepublik, und guten Morgen, Bananenrepublik.

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"von allen Seiten" -  09-21    13:09 ?? Solche Anmaßung, gleich das ganze Volk in Anspruch zu nehmen, wird in der Tat manchen vorgeworfen.

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Es gibt noch ein weiteres Problem. Während der Bundesrat bzw. seine Ausschüsse ausweislich der Strichdrucksache 397/1/20 davon ausgehen, dass man das Problem mit einer isolierten Reparatur der BKatV in den Griff bekommt, geht z.B. Koehl in SVR 2020, 337, "Ausreichender Seitenabstand beim Überholen eines Radfahrers", davon aus, dass die gesamte Vierundfünfzigste Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 20. April 2020, BGBl I 2020, S. 814 noch einmal das Verfahren durchlaufen muss (mit Bundesrat und Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt) - nur diesmal ohne Fehler -, weil er eine Teilnichtigkeit einer Verordnung unter Hinweis auf das BVerfG-Urteil vom 6.7.1999 - 2 BvF 3/90 "Legehennen-Entscheidung" ablehnt. Koehl dekliniert das dann gleich am "Seitenabstand beim Überholen eines Radfahrers" durch, der durch Reform auch neu gereglt wurde, denn Thema eines Aufsatzes an dieser Stelle in der SVR soll "Radverkehr und Elektromobilität" sein.

Nun kann man ja das BVerfG ja mit der Vierundfünfzigsten Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 20. April 2020 gerne befassen, um Koehls Ansicht zu testen. Nur müsste sich ein Kläger beim BVerfG finden (eine Landesregierung) und dann würde das - gemessen an der "Legehennen-Entscheidung" mindestens bis in Jahr 2032 dauern, wenn die Klage so ungefähr 2023 beim BVerfG einginge. Ich weiß nun gerade nicht, ob die Verkehrsteilnehmer so lange warten können. Also muss sich ein Amtsrichter ein Herz nehmen (für eine  VO gibt es keine Verpflichtung zur Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG) oder der Bundesverkehrsminister das Verfahren im Bundesrat anschieben.

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Nun nimmt sich die Wissenschaft des Themas an: Prof. Dr. Mike Wienbracke in NJW 2020, 3351 "Gesamt- oder Teilnichtigkeit einer Rechtsverordnung bei nur partiellem Verstoß gegen das Zitiergebot?" sieht die Teilnichtigkeit, wenn gegen das Zitiergebot verstoßen wird, aber davon nicht für alle Regelungen betroffen sind, d.h. nur im Hinblick auf bestimmte Regelungen ein (unterlassenes) Zitat notwendig gewesen wäre.

Mich stört allerdings schon, dass das Thema nur 70 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes einem Professor tatsächlich rund vier Seiten in einer re­nom­mierten Fachzeitschrift wert ist und sie ihm dort auch eingeräumt werden. So etwas sollte doch eigentlich in einer Zeitschrift für Jurastudenten als Fingerübung für die Zeit zwischen zwei Vorlesungen stehen, hätte ich gedacht.

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Lassen wir dritte Leser befinden,  09-23    17:9. Und um fakenews zu meiden:

alfons peus kommentiert am Mo, 2020-09-21 17:31 PERMANENTER LINK

Partiell ist doch D längst eine Bananenrepublik. Vgl Merkel Sept 2015 / Papier NJW 2016, 2391-2396.

Tz 58: Zwar hat sich der Betroffene durch seine unerlaubte Einreise in die Bundesrepublik nach §§ 95 Abs. 1 Nr. 3, 14 Abs. 1 Nr. 1, 2 AufenthG strafbar gemacht. Denn er kann sich weder auf § 15 Abs. 4 Satz 2 AufenthG noch auf § 95 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 31 Abs. 1 GFK berufen. Die rechtsstaatliche Ordnung in der Bundesrepublik ist in diesem Bereich jedoch seit rund eineinhalb Jahren außer Kraft gesetzt und die illegale Einreise ins Bundesgebiet wird momentan de facto nicht mehr strafrechtlich verfolgt.

 Neueste Kommentare

alfons peus kommentierte zu ...niemand hat die Absicht, die StVO/den BKat zu reformieren....3

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Versehentlichfehlt zu Tz 58 die Quellenangabe:

 

OLG Koblenz 1. Senat für Familiensachen

Entscheidungsdatum:

14.02.2017

Aktenzeichen:

13 UF 32/17

Oder die gedraghi-merkelte Geldverballerung für Bankrotteurstaaten.

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Die LTO-Presseschau:

StVO-Novelle und Fahrverbote: Die grünen Landesverkehrsminister wollen laut einer Meldung des Spiegel dem Bundesverkehrsminister einen Kompromiss zu der gescheiterten StVO-Novelle vorschlagen. Danach soll der Führerschein für einen Monat eingezogen werden, wenn der Autofahrer in Tempo-30-Zonen 21 Kilometer pro Stunde zu schnell gefahren ist. Wer auf anderen Straßen innerorts mit 21 und außerorts mit 26 Kilometern pro Stunde zu schnell geblitzt werde, müsste seinen Führerschein nicht sofort abgeben, es sei denn es kommt innerhalb von zwei Jahren zu einem weiteren Verstoß. Der Bundesrat soll am 9. November über einen Neuentwurf abstimmen.

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