Der Satzbau, beglaubigte Übersetzungen und die sechs Plagen

von Peter Winslow, veröffentlicht am 11.01.2021

Was ihre genauen Worte waren, weiß ich nicht mehr genau. Fast zwanzig Jahre liegen zwischen damals und heute. Heute ist mir aber der Sinn ihrer Worte genauso klar wie damals. Ich war Austauschstudent in Freiburg im Breisgau und lernte noch Deutsch. Sie kam ins Klassenzimmer, legte ihre Sachen auf Pult und Boden und grinste uns alle an. Etwa ungefähr sagte dann die Deutschlehrerin laut und deutlich und ganz im Ernst: »Ich zu Supermarkt gehen mogen«. Etwa ungefähr setzte sie dann fort: »So können Sie sprechen. Alle verstehen Sie. Aber niemand will mit Ihnen reden.«

Hätte es damals die AfD gegeben, hätte man vielleicht diese Worte als Vorwurf des Nicht-Integrierens von Ausländerinnen und Ausländern oder irgendeinen anderen Blödsinn der AfD aufgegriffen. Aber das waren glücklichere Zeiten. … Überhaupt machte diese Lehrerin niemals einen solchen Vorwurf und war allem Anschein nach gar nicht rechts(radikal) angehaucht. Sie meinte ihre Mahnung gut. Sie meinte einzig und allein, die Verständigung sei keine Einbahnstraße. Sie meinte, die Sprache sei nicht nur eine Frage des Sichverständlichmachens, sondern auch und vielmehr eine des menschlichen – nicht nur des deutschen – Miteinanders.

So verstand ich ihre Worte damals. So verstehe ich ihre Worte heute. Diese gehören, um mit G.K. Chesterton zu sprechen, zu einer der praktischsten Arten wissenswerter Wahrheiten. Sie sind paradox. Sie zeigen, dass der Satzbau für die menschliche und sprachliche Zielführung zwar ohne Belang, aber das A und O ist. Sie mahnen zur Vorsicht, nicht jede verständliche Mitteilung mit einem Sprachgebrauch oder der Teilnahme am menschlichen Miteinander gleichzusetzen. Oder etwas anders gesagt: Sie zeigen, dass das menschliche Miteinander erst mit dem Satzbau beginnt.

»Ein Satz, der nicht klar ist, ist nicht Deutsch« soll ein großer Dichter gesagt haben. Meine Deutschlehrerin hat aber bewiesen: Ein Satz, der klar ist, ist trotzdem Deutsch. Entsprechendes gilt für jeden Satz jeder Sprache. Und wenn deutsche Anwältinnen und Anwälte auf Englisch schreiben, so bedienen sie sich ab und an nicht nur englischer Wörter, sondern auch des deutschen oder eines anderen Satzbaus, der für die englische Sprache genauso unrichtig ist wie der deutsche. Sie schreiben zweifelsohne Englisch. Sie wollen sich nur verständlich ausdrücken, beharren auf das eigene Verständnis und verkennen dabei, dass jedes Rechtsverständnis das menschliche Miteinader voraussetzt. »Am unverständlichsten reden die Leute daher«, schrieb Karl Kraus einmal, »denen die Sprache zu nichts anderm dient, als sich verständlich zu machen«.* Das ist der Fehler. Und dieser Fehler gehört zu den am meisten begangenen Sprachsünden, die eine so fruchtbare Quelle deutscher Rechtsstreitigkeiten bilden: »Oft ahnt man nur, was denn die Parteien wirklich sagen wollten«. Zwar ist manche Sünde verständlich, manche Ahnung von Nutzen. Aber was Parteien wirklich sagen wollten – das ist nun etwas vollkommen anderes.

Bei der juristischen Sprache ist dieser Fehler also komplizierter und verheerender als bei der gewöhnlichen. Wie bei der gewöhnlichen stehen Wörter und Begriffe der juristischen Sprache nicht nur für Sachen wie Tische und Stühle und Supermärkte. Sie stehen auch für Verfahren und weitere Tätigkeiten. Aber wenn deutsche Anwältinnen und Anwälte Sätze wie »Of first one come and of last one leave« und »The patent buys per foot for one euro« schreiben, so ist der Satzbau für die menschliche und sprachliche Zielführung nicht ohne Belang.

Ich sage nicht, dass ich öfters solche Sätze lesen muss oder musste. Ich sage nur, dass die besten Fehler von anderen stammen, die lehrreichsten der Fantasie. Nehmen wir also an, ein deutscher Anwalt hätte lauter Sätze obiger Art geschrieben. Nehmen wir ferner an, diese Sätze dienten weder dem menschlichen noch dem vertraglichen Miteinander und fuhren zum Streitverfahren und sind nun im Rahmen eines Gerichtsverfahrens beglaubigt ins Deutsche zu übersetzen. In so einem Fall wirkt der Satzbau Wunder. Der Text kann sonst so zauberhaft sein. Der Satzbau wird zum Maßstab und verschlingt alles andere, wie Aarons Stab. Und wie Aarons Stab ist der Satzbau oft nur ein Vorspiel der sechs Plagen, die Übersetzerinnen und Übersetzer befallen können.

Erstens wird jede ernste Absicht in Unfug verwandelt. Man will ziehen, weiterlesen, weiterübersetzen. Aber der Text wird, wenn man Glück hat, für sieben Wörter, sieben Sätze oder sieben Absätze ungenießbar; wenn man keins hat, für immer und ewig. Zweitens wimmelt es von Zweifeln. Diese kriechen aus den tiefsten Ecken des Bewusstseins herauf, infizieren jeden Gedanken und begleiten eine und einen bis tief in die weitere Lektüre hinein. Drittens kommen die Mücken, die jeweils in einen Elefanten verwandelt werden. Jede Kleinigkeit in und am Text nervt unverhältnismäßig doll und trampelt jede Geduld – trotz bestem Willen. Viertens kommt das Stehen auf Hauen und Stechen. Es folgt eine harte und oft würdelose Auseinandersetzung mit Ahnungen, Möglichkeiten und Vermutungen. Fünftens wird eine so dicke Finsternis über den Text, dass man zwar sie greifen, aber ihn nicht begreifen kann. Mindestens für drei Wörter, drei Sätze oder drei Absätze kann man von der Stelle nicht weggehen. Man tappt nur im Dunkeln. Sechstens wandelt sich der Satzbau in einen Würgeengel, der den Tod aller Lust zum Weiterlesen und zum Weiterübersetzen mit sich bringt.

Diesen sechs Plagen gegenüber müssen wir – mit »wir« meine ich »ermächtigte bzw. vereidigte Übersetzerinnen und Übersetzer« – eine Art stoischer Haltung einnehmen. We have to gather our wits. Wir müssen allen Erstens und ruhigen Gewissens Sätze wie die oben angeführten etwa wie folgt ins Deutsche übersetzen können: »Vom ersten kommen und vom letzen gehen«, »Das Patent kauft pro Fuß für einen Euro«Wir dürfen nicht zulassen, dass wir nur deswegen verdächtigt werden, die deutsche Sprache nicht zu beherrschen, weil eine bestimmte Anwältin oder ein bestimmter Anwalt die englische Sprache nicht beherrscht. Auch brauchen wir keine Angst vor so einem Verdacht zu haben. Wie gute Wittgensteinianerinnen und Wittgensteinianer können wir ruhig an Unsinn als Mittel zur Einsicht glauben. Unmittelbar durch den Unsinn im Ausgangstext und unmittelbar durch unparteiliche Ausführungen können wir das Gericht zur ganzheitlichen Einsicht in streitgegenständliche Wortlaute verhelfenWir brauchen nur Anmerkungen zu verfassen, in denen der sich aus dem Satzbau ergebende Unsinn auf sachlichster, sanftester und sparsamster Weise dargelegt wird. Auf klarster, kohärentester und knappster Weise müssen wir also dem Verdacht entgegenwirken, fehlerhaft übersetzt zu haben.

Ich weiß nicht, wie man am besten erläutern könnte, wie eine Anmerkung im obigen Sinne aussieht. Vielleicht ist ein Beispiel am einfachsten. Nehmen wir den Satz »The patent buys per foot for one euro«. Er verkörpert einige Probleme, die erfahrungsgemäß bei englischsprachigen Ausgangstexten auftreten können. Wie der obige Satz »Of first one come and of last one leave« ist auch er fiktiv, rein erfunden. Ob Sie meinen, so schreibe kein Mensch, nicht mal auf Englisch, ist für das nachstehende Beispiel nicht von Belang. Von Belang ist nur, dass dieses Beispiel einige Problemstellungen veranschaulicht, die bei schlecht verfassten englischen Rechtstexten auftreten – und zwar in Wirklichkeit: unübliche Wortstellung; problematische Subjektwahl; problematische Verbwahl; uneinheitliche Begriffsunterscheidungen; die reine Anzahl von Schwierigkeiten, die eine selbstverständliche Auslegung im Einzelfall in Frage stellen; und so weiter.

Beispiel einer Anmerkung

Anm. d. Übers.: Der englische Ausgangssatz lautet: »The patent buys per foot for one euro«. Dieser Satz ist aus zwei Gründen schwierig und wurde daher wortwörtlich mit »Das Patent kauft pro Fuß für einen Euro« übersetzt. Erstens ist der Satzbau nicht englisch. Grammatikalisch hätte man die Wörter »per foot« nach den Wörtern »one euro« erwartet, etwa: »one euro per foot«. Allem Anschein nach stellt die unübliche Wortstellung weder Anastrophe noch eine andere rhetorische Stilfigur dar. Zweitens geht man von einer unglücklichen Subjektwahl bzw. von einer unglücklichen Verbwahl aus. Was die Verbwahl betrifft: Wohlwollend ist vielleicht »sich verkaufen« oder »kosten« gemeint, etwa: »Das Patent verkauft sich für einen Euro pro Fuß« bzw. »Das Patent kostet einen Euro pro Fuß«. Was die Subjektwahl betrifft: Man weiß nicht ohne Weiteres, was mit »Patent« gemeint ist. Wohlwollend ist vielleicht die Erfindung des Patents gemeint. Ob die Erfindung tatsächlich gemeint ist, kann aber aus Sicht des Übersetzers nicht aufgrund dieses Textes allein entschieden werden. Ganzheitlich betrachtet gilt: Neben der unüblichen Wortstellung und neben der unglücklichen Verbwahl und neben der reinen Anzahl der im Ausgangstext enthaltenen sprachlichen Schwierigkeiten und neben dem Umstand, dass an anderen Stellen des Ausgangstexts zwischen dem »Patent« und der »Erfindung« sprachlich unterschieden wird, werden diese zwei Begriffe an keiner Stelle im Ausgangstext als Synonyme verwendet. Somit ist unklar, ob diese an dieser Stelle als Synonyme zu verstehen wären. —Der Sinn müsste sich also aus anderen Unterlagen oder anderen Umständen ergeben. Ascheinbar buchstäblichen Sinn des Satzes zu haften, hilft wohl auch nicht weiter. Denn dieser wäre etwa wie folgt zu verstehenDas Patent besteht aus acht A4-Seiten. Das entspricht 237.60 cm (= 8 Seiten × 29,7 cm), was rd. 7,80 Fuß entspricht, oder aber 168 cm (= 8 Seiten × 21 cm), was rd. 5,5 Fuß entspricht. Somit läge der Preis für das Patent bei rd. 7,80 EUR bzw. bei rd. 5,50 EUR, soweit die Fußfeststellung des Patents nach Höhe bzw. nach Breite (der A4-Seiten) zu berechnen wäre.

 Endnote

 * Seite 66, Karl Kraus. Sprüche und Widersprüche. In Aphorismen, hrsg. von Christian Wagenknecht. 7–178. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1986.

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19 Kommentare

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Jetzt noch mal mit weniger Tippfehlern:

Ich entwerfe regelmäßig zweisprachige Verträge, wobei ich jedes Mal die englische Version als Convenience Übersetzung "ausschalte" und vorsehe, dass einzig und alleine die deutsche Fassung maßgeblich sein soll.

Können Sie mir trotzdem mal einige Empfehlungen geben, wie und wo ich mich mit meinem im Ausland erlernten Englisch für die Vertragsgestaltung fit machen kann? Kurse, vielleicht ein Buch?

danke für Ihre Beiträge und beste Grüße!

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Ok, ich habe Ihr erster Kommentar soeben gesperrt :)

Ich möchte etwas ausführlicher antworten, aber ich komme erst später dazu – vielleicht morgen.

Gute Vertragsgestaltung ist im Grunde gutes Schreiben. Ich weiß, die Aussage ist etwas übertrieben. Aber ein Kernchen Wahrheit enthält sie schon. Wer gut auf Englisch schreiben möchte – dem kann ich drei Bücher empfehlen:

1 The Elements of Style von Strunk und White (Strunk und White können zwar etwas dogmatisch sein, aber ihr Werk gilt als Klassiker in den USA),

2 Farnsworth's Classical English Style von Ward Farnsworth (Farnsworth erläutert sehr viele lehrreiche Beispiele von der Satzstruktur über die Art der Wortwahl (ja, Art der Wortwahl) bis hin zur Kandenz eines Satzes. Das klingt alles sehr nach Kunst und nicht nach Jura, ich weiß, aber Farnsworth zitiert viele Juristen) und

3 Farnsworth's Classical English Rhetoric von Ward Farnsworth (Einfach klasse. Und die rhetorischen Stilfiguren gelten auch im Deutschen.)

Die Idee besteht darin, dass klares Schreiben in jedem Bereich von Vorteil ist. Und diese drei Bücher helfen einem, auf Englisch klar zu schreiben. Die Lektüre dieser Bücher ist ein zeitaufwändiges Unterfangen und man muss die Zeit investieren. Aber es lohnt sich.

Auch kann ich empfehlen, dass man juristische Texte aus einem englischsprachigen Land lesen – vor allem aus einem entsprechenden Fachgebiet. Die meisten Juristen – sei es in den USA, sei es in Deutschland – haben einen fachspezifischen Stil, den sehr bewusst gepflegt wird. Hier findet man Fachbegriffe, Redewendungen, Standardklausel und so weiter.

Verehrter Herr Winslow, nachdem ich einige Male mit Ihnen, zwecks Neusprech, angeeckt bin, sehe ich hier in Ihren Beitrag ein ausgezeichnetes Deutsch. Fremdwoerter wurden vermieden. Deutsche moegen sich hiermit mal ein Beispiel nehmen.

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Ganz schön viel Text für die einfach Binsenweisheit, dass man nicht Wort für Wort eine Sprache in die andere übersetzt. Bereits in der Schule lernt man doch, dass man auf englisch denken muss, wenn man Englisch sprechen will. Gerade ungeübt Spätlerner übersetzen aber einfach aus ihrer Muttersprache jedes Wort einzeln und sprechen so die neue Sprache.

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Zu Kommentarius Binsenweisheit. Ich kann mir schwer vorstellen, dass in einer deutschen Schule, Denkweisen verschiedenster Nationen vermittelt werden. Auch beim jetzigen deutschen Neusprech kann ich mir meine Gedanken machen.

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Sehr geehrter Herr Winslow, wahrscheinlich sollte Ihr Beitrag gerade der Illustration der folgenden Problematik dienen, aber ich will dennoch kurz schreiben, was mir einfällt: Ganz sicher nicht geht es ja bei der (für mich offenkundigen) Falschbezeichnung "patent" um die Patentschruft, gleich wie viele Seiten sie umfasst. Eher schon um das patentierte Gut oder Produkt. Sollte es sich etwa um ein patentiertes Kabel oder ein Seil, Textilfaden oä handeln, dann macht 1 Euro pro Fuß schon mehr Sinn. Frage: Dürfte ein Übersetzer nachrecherchieren, worum es tatsächlich geht oder müsste er schlicht die Unübersetzbarkeit der offenkundigen Falschbezeichnung konstatieren? Was machen Sie in solchen Fällen?
Besten Gruß
Henning Ernst Müller

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Müller,

Übersetzerinnen und Übersetzer dürfen nicht, sie müssen nachrecherieren, worum es tatsächlich geht. Man muss nämlich im Einklang mit den tatsächlichen Umständen übersetzen. Das kann man nur, wenn man weiß, worum es tatsächlich geht. Von den tatsächlichen Umständen hängen Wortwahl, Satzbau und vieles mehr ab. Auch sollte man in aller Regel das Prinzip der wohlwollenden Interpretation sinngemäß beachten. Das heißt: Man sollte den Sätzen eines Ausgangstextes nicht etwa Unsinn, Fehlerhaftigkeit und so weiter zuschreiben. Man sollte vielmehr versuchen, den gemeinten Sinn möglichst vernüftig wiederzugeben (auch bei falscher Wortwahl, wenn und soweit der Gesamtkontext die richtige gibt). Das ist auch der Regelfall. Die meisten Aufträge gehen problemlos über die Bühne.

Bei meinem Beispiel oben geht es dahingegen um einen ganz besonderen Fall, der leider vorkommt. Manchmal kann man bei englischsprachigen Texten, die von deutschen Anwältinnen und Anwälten geschrieben werden, beim besten Willen keinen vernüftigen Sinn erkennen. —Ich habe auch versucht, mein erfundenes Bespiel so zu gestalten: Der Verfasser unterscheidet zwischen dem »Patent« und der »Erfindung«, nur nicht an der kritischen Stelle. Angesichts der reinen Anzahl der anderen Fehler lässt sich aus rein textlicher/ganzheitlicher Sicht fragen, ob das eine oder das andere gemeint ist oder aber ob das Wort »Patent« nun als Synonym für »Erfindung« verwendet wird. Wenn es um Kabel oder Ähnliches geht, so haben Sie Recht (siehe oben). Nehmen wir aber an, es geht um eine Sportsflasche.

Bei meinem Beispiel enthält der Ausgangstext so viele Fehler, dass unklar wird, ob man als Übersetzer eine selbstverständliche Auslegung tätigen darf (Wortstellung, Verbwahl, Subjektwahl). Wenn ich eine beglaubigte Übersetzung im Rahmen eines Gerichtsverfahrens anfertige, so handle ich als Sprachmittler, der keine Feststellungen für das Gericht macht, sondern das Gericht zum Verständnis eines Textes verhilft, damit dieses die erfordlichen Feststellungen machen kann. Wenn ein Text sachliche Unklarheiten enthält, so sollte ich diese so klar wie möglich anmerken. Denn es könnte Informationen und Daten geben, zu denen ich als Übersetzer keinen Zugang habe (E-Mails, Entwürfe von Verträgen etc.). Bei Unklarheiten darf ich nicht vom Unwissen auf eine Selbstverständlichkeit schließen. Ich muss das Gericht in die Lage versetzen, diese Unklarheiten für sich und die Parteien klarzustellen.

Diese Anmerkungen, wenn sie gut begründet sind, schützen mich dann vor dem Verdacht, fehlerhaft übersetzt zu haben.

Ich hoffe, ich habe Ihre Frage beantwortet, auch wenn auf umständlicher Weise.

Beste Grüße
Peter Winslow

Man sollte vielmehr versuchen, den gemeinten Sinn möglichst vernüftig wiederzugeben

Was gemeint ist, ist nicht Sache des Übersetzers. Die Auslegung von Texten ist Sache des Gerichts.

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Bitte lesen sie den gesamten Kommentar, bevor Sie kommentieren. —Aber ich gebe Ihnen trotzdem ein Beispiel. Wenn ein deutscher Anwalt schreiben würde, wie erfahrungsgemäß viele deutsche Anwältinnen und Anwälte tatsächlcih geschrieben haben, »it applies the material law of Germany«, sollte dies Ihrer Ansicht nach etwa so übersetzt werden: »es wendet das wichtige Recht von Deutschland an«. Das Wort »material« heißt hier so viel wie »wichtig«. Das Subjekt ist unklar, das Verb angesichts des Subjekts höchstproblematisch. Nehmen wir aber an, es ist aufgrund des Gesamtzusammenhangs klar, dass »materielles Recht« gemeint ist. So hätte dieser Anwalt »substantive law« schreiben und den Satz etwas anders bauen sollen. Müssen Übersetzerinnen und Übersetzer das wirklich betonen? Ist eine solche Auslegung unzulässig? Einfach und gut lautet die Übersetzung: »Es gilt das materielle Recht Deutschlands«. Oder sollten Übersetzerinnen und Übersetzer den Gesamtzusammenhang ignorieren, damit sie dem Gericht nicht auf die Füße treten?

Google übersetzt das völlig richtig: "es gilt das materielle Recht Deutschlands". Das Wort »material« heißt hier keineswegs so viel wie »wichtig«.

Einfach und gut lautet die Übersetzung: »Es gilt das materielle Recht Deutschlands«

Eben! Ein Hoch auf Google!

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Scherz:

Vielleicht ist ja wirklich die Länge des Patents gemeint. Einige Anwälte lassen sich ja angeblich nach Seiten oder Gewicht ihrer Schriftsätze bezahlen. Das könnte man auch nach Länge abrechnen, also bspw. nach Fuß.

Ernst:

So, wie der Satz geschrieben ist, ergibt er keinen eindeutigen erkennbaren Sinn, auch nicht mit viel Wohlwollen. Da müsste auf jeden Fall nachgefragt werden, was damit gemeint ist.

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Weil wir gerade so schön am fachsimpeln sind: Was meint Giuliani hier mit einem "trial by combat", was ist das und wie übersetzt man das richtigerweise ins Deutsche?

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Wegen der Schwierigkeiten, die Übersetzungen regelmäßig halt mit sich bringen, habe ich schon immer Simultandolmetscher um ihre Fähigkeit beneidet und weiß bis heute nicht, wie sie das machen, dass sie schon mit dem Übersetzen beginnen können bevor die Aussage des Sprechers im Ganzen gemacht ist. Für mich ist das immer wieder ein Wunder.

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Herr Kolos, bei Ihren Beitrag muss ich schmunzeln, jedoch hat Herr Winslow seinen sehr sauber verfasst. Die Faehigkeiten einiger, die jedoch jetzt die deutsche Sprache verhunzen, sind bemerkenswert, und auch ich weiss bis heute nicht, warum sie das so machen. Die Sprachausraster sind regelmaessig taeglich zu sehen, und fuer mich ein Wunder, dass diese auch taeglich zunehmen. Neben den anderssprachlichen Auslegungen, kommt es zu neuen Wortschoepfungen, wie "impeachment" bei "morning briefings" durch "influencer und campaigner" die sich das waehrend der "Pandemie" in ihren "Home Office" ausdenken. Erklaeren koennen sie das dann auf ihrer deutschen Seite unter, Tutorial & Anleitung !! Dieses "desastroese' Gehabe sollten einige mal "investgieren". Bei all den Graus, auch bei manchen "Updates", habe Lust auf ein heisses Getraenk, und nehme hierfuer ein "Gadget" fuer !!Kaffeegourmets!! 

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Und da ich so schoen in Fahrt komme, hier noch ein Nachtrag. Die schauderhaften Darstellungen haben auch einen Einzug beim BGH gefunden. Diese "Mutation" ist recht beachtlich, denn sie wendet sich ab von der deutschen Rechtschreibung. Da wurde gleichzeitig auch eine deutsche Fassung angefuehrt, um es so gruendlich zu machen."Clickbaiting" ist nun das Zauberwort, quasi eine "celebrating show" dieses neuen Wortes im Gerichtssaal. "Smart home entertainer" in "tiny houses" moegen bei ihren "morning briefings" aehnliche Fassungen fortfuehren, denn die "Recognizer" sowie "Womanizer" stehen hierfuer schon bereit. DER SPIEGEL ist wahrlich ein Fundstelle fuer sonderbares Deutsch. Meine spitz ausgelegte Meinung zieht womoeglich eine Gegenmeinung nach sich und ich rechne mit einen "Impeachment". 

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