Arbeitsgericht Siegburg: Kollegen auf der Toilette eingesperrt – fristloser Kündigungsgrund

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 01.03.2021
Rechtsgebiete: Arbeitsrecht|3648 Aufrufe

Wenn sich der Arbeitgeber zum Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung veranlasst sieht, geht es – schon von Rechts wegen – stets um schuldhafte Verletzungen arbeitsvertraglicher Pflichten. Ein beeindruckendes Panorama der denkbaren Pflichtverletzungen zeichnen die großen Kommentare zu § 1 KSchG und § 626 BGB. Und doch ist man immer wieder überrascht, was Arbeitnehmer sich zu Schulden kommen lassen. Die Palette der Pflichtverletzungen wird nunmehr ergänzt durch ein (noch nicht rechtskräftiges) Urteil des ArbG Siegburg (vom 11.02.2021 - 5 Ca 1397/20), in dem es im Grunde um einen Akt der Freiheitsberaubung ging:

Der Kläger war bei der Beklagten seit über einem Jahr als Lagerist beschäftigt. Mit seinem Kollegen im Lager geriet er öfters in Streit. Während der Kollege des Klägers sich auf der Toilette befand, schob der Kläger heimlich unter der Toilettentür ein Papierblatt hindurch, stieß mit einem Gegenstand den Toilettenschlüssel aus dem Schloss, so dass dieser auf das Papierblatt fiel, und zog ihn damit heraus. Der Kläger ließ seinen Kollegen so lange auf der Toilette eingesperrt, bis dieser sich veranlasst sah, die Toilettentür aufzutreten. Der Kläger erhielt am 18.06.2020 deswegen eine fristlose Kündigung. Hiergegen erhob er Kündigungsschutzklage.

Das ArbG Siegburg wies die Klage ab. Die fristlose Kündigung hielt es für gerechtfertigt. Der wichtige Kündigungsgrund lag nach Auffassung der Kammer darin, dass der Kläger seinen Kollegen auf der Toilette einschloss, indem er ihm durch einen alten Trick den Schlüssel zum Öffnen der Toilettentür wegnahm. Hierdurch habe der Kläger seinen Kollegen zumindest zeitweise seiner Freiheit und der ungehinderten Möglichkeit des Verlassens der Toilette beraubt. Dies stelle eine ganz erhebliche Pflichtverletzung dar. Zudem sei durch das Verhalten des Klägers die Toilettentür, also das Eigentum der Beklagten beschädigt worden. Eine vorherige Abmahnung sei in diesem Fall entbehrlich gewesen. Eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist sei dem Arbeitgeber ebenfalls nicht zuzumuten.

 

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