417 km/h auf der BAB: Strafbar nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB wegen "Alleinrennens"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 21.01.2022
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht44|10177 Aufrufe

Durch die Tagespresse ist dieser Fall gegangen: Da ist jemand, der viel Geld hat. Und er hat auch ein sehr schnelles Auto. Und weil Deutschland leider immer noch kein flächendeckendes Tempolimit kennt, darf er rasen. Schön für ihn. Er schafft 417 km/h. Schlecht für die Verkehrssicherheit. Es stellt sich da sicher die Frage nach einer Strafbarkeit gem. § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB. Nur, weil schnelles Fahren erlaubt ist, ist es nicht unbedingt richtig. Ich denke, dass bei einer mehr als 3-fachen Überschreitung der Richtgeschwindigkeit unabhängig von jeder indivuellen Verkehrssituation ein Bereich erreicht ist, der ein Rennen im Sinne der genannten Vorschrift darstellt. Eine solche Geschwindigkeit scheint mir schlechthin auf deutschen Straßen unangepasst. Und vielleicht würde sogar der BGH da mitziehen. Denn der hat ja vor kurzem ja nochmals klargestellt:

Die Strafvorschrift des § 315 d Abs. 1 Nr. 3 StGB setzt in objektiver Hinsicht ein Sich-Fortbewegen mit nicht angepasster Geschwindigkeit voraus, das sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls als grob verkehrswidrig und rücksichtslos darstellt. Die grobe Verkehrswidrigkeit des Fahrens mit nicht angepasster Geschwindigkeit kann sich allein aus der besonderen Massivität des Geschwindigkeitsverstoßes oder aus begleitenden anderweitigen Verkehrsverstößen ergeben, die in einem inneren Zusammenhang mit der nicht angepassten Geschwindigkeit stehen. Die Tathandlung muss ferner im Sinne einer überschießenden Innentendenz von der Absicht des Täters getragen sein, nach seinen Vorstellungen auf einer nicht ganz unerheblichen Wegstre-cke die unter den konkreten situativen Gegebenheiten maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Diese Absicht braucht nicht Endziel oder Hauptbeweggrund des Handelns zu sein. Es reicht vielmehr aus, dass der Täter das Erreichen der situativen Grenzgeschwindigkeit als aus seiner Sicht notwendiges Zwischenziel anstrebt, um ein weiteres Handlungsziel zu erreichen (vgl. BGH Beschl. v. 17.2.2021 – 4 StR 225/20 Rn. 16, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt; v. 13.4.2021 – 4 StR 109/20 Rn. 5).

 Dieses Verständnis des Absichtsmerkmals in § 315 d Abs. 1 Nr. 3 StGB hat zur Folge, dass beim Vorliegen der weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen auch sogenannte Polizeifluchtfälle von der Strafvorschrift erfasst werden, sofern festgestellt werden kann, dass es dem Täter darauf ankam, als notwendi-ges Zwischenziel für eine erfolgreiche Flucht über eine nicht ganz unerhebliche Wegstrecke die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass aus einer Fluchtmotivation nicht ohne Weiteres auf die Absicht geschlossen werden kann, die gefahrene Geschwindigkeit bis zur Grenze der situativ möglichen Höchstgeschwindigkeit zu steigern.

 

BGH, Beschl. v. 29.4.2021 − 4 StR 165/20, BeckRS 2021, 11911 = StRR 2021, 25 (m. Anm. Detlef Burhoff) = NStZ 2021, 615

 

 

 

 

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Die LTO-Presseschau:

Raser: Der tschechische Millionär Radim Passer war mit seinem Bugatti auf einer deutschen Autobahn 417 km/h schnell gefahren und hat dabei das fehlende Tempolimit ausgenutzt. Carsten Krumm (beck-community) hält eine Strafbarkeit gem. § 315d Abs. 1 Nr. 3 Strafgesetzbuch (StGB) wegen eines "Alleinrennens" für naheliegend. 

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"[...] aus der besonderen Massivität des Geschwindigkeitsverstoßes oder aus begleitenden anderweitigen Verkehrsverstößen ergeben [...]"

Man mag jetzt davon halten was man will, mit über 400 km/h auf der Autobahn unterwegs zu sein. Aber es fehlt schon - wie auch aus dem zitierten Urteil hervorgeht - an einem Tatbestandsmerkmal: "grob verkehrswidrig"

Dazu auch BeckOk StGB zu § 315d Rn. 36: "Eine nicht angepasste Geschwindigkeit als solche kann hierfür nicht allein und zwingend hinreichen, da anderenfalls dem Tatbestandsmerkmal gar keine eigene Bedeutung zukäme, wohl aber kann das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung die grobe Verkehrswidrigkeit begründen (BGH NJW 2021, 1173).

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Das scheint mir eine äußerst oberflächliche Betrachtung zu sein. Die Entscheidung des BGH selbst ist ohnehin nicht wie ein Gesetz zu lesen.

In der Sache ist die Konstruktion, dass die "grobe Verkehrswidrigkeit" zwingend eine Verletzung einer ausdrücklich normierten Pflicht des Verkehrsrecht bedarf, aber auch wackelig. Das zeigt der Vergleich zu § 315c I Nr. 2 StGB. Dort wird dieses Merkmal gerade in Zusammenspiel mit den aufgezählten Verstößen gegen ausdrückliche Pflichten gesehen. Das deutet eher darauf hin, dass bei § 315d I Nr. 3 StGB - wo ein solcher Katalog fehlt - die "grobe Verkehrswidrigkeit" autonom ausgelegt werden muss und dafür die konkrete Verkehrssituation einbezogen werden muss.

Dafür spricht insbesondere, dass § 3 I 1 StVO eine eigenständige Regelung zur Geschwindigkeit aufstellt. Der Schluss, dass bei einer Geschwindigkeit von 417 km/h auf einer öffentlichen Straße das Fahrzeug nicht mehr "ständig sicher beherrscht" werden kann, scheint mir eher nah- als fernliegend.

Die entsprechende Fahrt ist übrigens auf Youtube leicht zu finden. In dem entsprechenden Video dürfte sich die "grobe Verkehrswidrigkeit" jedenfalls aus dem Überholvorgang ohne abgeschlossenen Spurwechsel bei Minute 1:36 (Geschwindigkeit: 377 km/h), das Heranfahren an eine Kuppe auf der mittleren Spur bei Minute 1:44 (Geschwindigkeit: 396 km/h) sowie das Passieren von zwei Fahrzeugen nach einer Auffahrt bei Minute 1:58 (Geschwindigkeit 410 km/h) ergeben. 

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Ein Gedanke noch zum Zweck der Norm: Es sollen ja gerade Rennähnliche Verhaltensweisen von Nr. 3 aufgrund ihrer abstrakten Gefährlichkeit erfasst werden. Wenn sich der nächste Chiron Besitzer dann herausgefordert fühlt und demnächst versucht mit 418 km/h unterwegs zu sein soll das Verhalten straflos bleiben?

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Sie ist unangepasst, weil niemand, der z.B. zum Überholen ansetzt, an diese Geschwindigkeit denkt. Das sind 116 Meter pro Sekunde. Eben noch nicht sichtbar und zwei, drei Sekunden später im Kofferraum.

Sie ist unangepasst, weil die kinetische Energie über 10x höher ist als bei der Richtgeschwindigkeit und entsprechend ein Unfall unüberlebbar für die Unfallbeteiligten ist, ess sei denn, der Raser fährt unter einen Panzer, der gerade bremst. Dann ist nur der Raser tot und sein Gefährt 10 cm hoch.

Sie ist ungepasst, weil der Reaktionsweg nach der Faustformel ungefähr so lang ist, wie der Bremsweg bei 130 km/h, d.h. wo das Auto aus 130 km/h bereits steht, fährt man mit der Raser nur durch den immerhin gigantischen Luftwiderstand gebremst noch zwischen 350 und 400 km/h.

Sie ist ungepasst, weil der gesamte Bremsweg nach der Faustformel rund 1,7 km beträgt. Der Luftwiderstand mag das verkürzen. Dafür glühen vermutlich bei einer Gefahrenbremsung spätestens bei 200 km/h die Bremsscheiben dunkelrot, was die Bremsleistung sicher nicht heraufsetzt.

So schnell kann man eigentlich nur fahren, wenn man über Satellit die aktuellen Bilder der davor liegenden Autobahnabschnitte auf dem Schirm hat (und die hat vermutlich nicht mal das Militär). Man kann es auch anders sagen: so fährt man auf einem gesperrt Autobahnabschnitt oder unterhält sich andernfalls nach einem Unfall eher über § 211 StGB als über § 315c StGB.

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Das BMDV teilt Ihr Auffassung dazu nicht:

"Muss Radim Passer aufgrund seiner Raserei jetzt mit Konsequenzen rechnen? Klare Antwort: Nein! Auf Nachfrage der Nachrichtenagentur AP hat sich das deutsche Bundesverkehrsministerium geäussert: «Alle Verkehrsteilnehmer müssen sich an die Regeln der Strassenverkehrs-Ordnung halten. Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird.» Da auf der A2 weder ein Tempolimit gilt noch Passer andere Verkehrsteilnehmer gefährdet habe, habe er auch gegen keine Regeln verstossen."

https://www.blick.ch/auto/abgefahren/mit-417-km-h-ueber-die-autobahn-das-steckt-hinter-der-irren-bugatti-rekordfahrt-id17168012.html

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Erstens hat nicht das Bundesverkehrsministerium das zu entscheiden, sondern die zuständige Staatsanwaltschaft. Wäre ja noch schöner, wenn Einzelfälle von Ministerien bearbeitet würden. Dann würde ich meine Knöllchen auch alle nach Berlin senden. Viel Spaß auch damit.

Zweitens ist klar, dass der Bundesverkehrsminister die Frage nach dem Tempolimit - und sei es auch nur ein effektives Tempolimit - fürchtet wie der Teufel das Weihwasser. Das ginge an die Substanz der Koalition.

Allerdings gilt auch schon heute, dass nach der Richtgeschwindigkeit nur dann kein Hahn kräht, wenn nichts passiert. Passiert etwas, wird man sicherlich spätenstens ab 150 oder 160 km/h schon die Frage der Mitschuld des Rasers an einem Unfall stellen, wobei die Grundgeschwindigkeit schon auf dem Hauptfahrstreifen auf verschiedenen Autobahnen zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich ist und das seine Bedeutung für den Einzelfall haben mag - aber sicher nicht mehr bei 300 km/h +.

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Faustformeln sind zur Beantwortung der Fragestellung ungeeignet.

Der Umstand das bei höheren Geschwindigkeiten mehr Weg zurückgelegt und längere Anhaltewege zu berücksichtigen sind, steht einer angepassten Fahrweise nicht entgegen.

 

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Ich denke schon...bei besagten 417 km/h. Ich bin einmal gespannt, ob die Fahrt noch Folgen haben wird, oder ob man es lieber auf sich beruhen lässt...

Aufgrund des strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes halte ich die Möglichkeiten einer vom präventiven Standtpunkt aus sicher wünschenswerten strafrechtliche Verurteilung für zweifelhaft bis eher nicht gegeben.

Anders sieht es vielleicht aus im Verwaltungsrecht, insbesondere im Polizei- und Ordnungsrecht bzw. Gefahrenabwehrrecht.

Der Mann und sein Rennauto stellen offenbar eine Gefahr für die öffentliche Sicheheit und Ordnung dar.

Wünschenswert wären eventuell auch Sanktionen nach dem Ausländerrecht oder Aufenthaltsrecht, aber da reichen die gegenwärtigen Gesetze wohl nicht für ein Aufenthaltsverbot und Wiedereinreiseverbot).

Dem Fahrer fehlt offenbar die charakterliche Eignung, motorisiert am Straßenverkehr teilzunhemen.

Vielleicht käme ein Entzug der Fahrerlaubnis, oder ein Fahrverbot, oder Anordnung einer MPU, eventuell auch eine Beschlagnahme und Einziehung des Rennautos, oder ein Verbot der Wiedereinreise nach Deutschland.

Im Straßenverkehrgesetz und im Straßenverkehrszulassungsrecht gibt es offebar Regelungslücken.

Fahrzeuge, die schneller als doppelt so viel wie die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h fahren können, gehören gar nicht erst in den öffentlichen Straßenverkehr; wer mag, der darf damit gerne auf dem Nürburgring ooder auf anderen Rennstrecken fahren.

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Dem Mann fehlt die erforderliche Zuverlässigkeit und charakterliche Eigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr, was man unter anderem auch daran sieht, daß er offenbar keinen wichtigen Grund hatte derart zu rasen, sondern lediglich damit angeben wollte, indem er seine Rennfahrt filmte und anschließend im Internet veröffentlichte.

Nicht selten kommen solche Leute aus der Zuhälterszene oder Hehlerszene oder Schutzgelderpressungsszene oder Geldwäscheszene oder aus der Rauschgiftdealerszene, also aus Bereichen der organisierten Kriminalität.

Der Typ ist wahrscheinlich selbstverliebt und egoistisch und rücksichtslos und narzistisch.

Normale Menschen machen sowas nicht.

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Die LTO-Presseschau:

Raser: Reinhard Müller (FAZ) überlegt, wonach die Hochgeschwindigkeitsfahrt (bis zu 417 km/h) des tschechischen Millionärs Radim Passer strafbar gewesen sein könnte und kommt zu dem Ergebnis, dass die Geschwindigkeit allein bei freier Fahrt auf der Autobahn nicht schon grob verkehrswidriges oder rücksichtsloses Verhalten begründen könne.

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Die LTO-Presseschau:

Raser: Mit möglichen strafrechtlichen Konsequenzen für den tschechischen Bauunternehmer, der im Rahmen eines selbst so benannten "Rekordversuchs" mit 417 km/h auf der Autobahn A2 unterwegs war, befasst sich nun auch spiegel.de (Arvid Kaiser/Dietmar Hipp). So könne etwa der Tatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB bei einem derartigen "Alleinrennen" erfüllt sein. Danach macht sich strafbar, wer sich "als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen."

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Die LTO-Presseschau:

Raserspiegel.de (Dietmar Hipp) interviewt den ADAC-Rechtsexperten Markus Schäpe zum Fall des tschechischen Bauunternehmers Radim Passer, der für seinen selbst benannten Rekordversuch mit 417 km/h auf der Autobahn A2 unterwegs war. Schäpe gibt einen Überblick über die rechtlichen Konsequenzen für Raser Radim Passer und erläutert, was grundsätzlich für Autofahrer gilt. 

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Der Tagesspiegel machte eine höchst interessante Umfrage unter Anwälten:

Bugatti-Raser postete YouTube-Video: 417 Stundenkilometer auf der Autobahn – ist das strafbar? - Panorama - Gesellschaft - Tagesspiegel

Wenn man es eindeutig regeln wollte, ginge das nur über eine Höchstgeschwindigkeit. Aber wäre ein Sprengsatz für diese Koalition, die ja nicht einmal eine kohärente Coronapolitik hinbekommt, obwohl da nun wirklich die Hütte brennt.

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Man sieht deutlich das Neidhammeltum. Weitverbreitet! Es wöre für Deutschland weltweit werbewirksam, wenn zur rechtzeitigen Vorbereitung von Baustellen stufenweise Geschwindigkeitsbeschränkungsschilder aufgestellt würden: 400, 370, 340, 310, 280, 250, 220, 190 ,160, 130, 100, 80. Die Photos würden um die Welt gehen! Deutschland - Land  der Freiheit! Und allererstklassiger Autobahnen!!

Man sieht deutlich das Neidhammeltum.

Ähm, nein.

Wie wäre es, wenn man für derartige Fahrten eine Rennstrecke anmietet? Es muss nur ein Schuh oder ein geplatzter Zurrgurt auf der Fahrbahn liegen und das Video hätte tragisch geendet. Und wahrscheinlich nicht nur für den Fahrer und sein Auto.

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Hätte, hättätte, Hättätererätätääääää!  Hat aber alles wohl nicht. Ich sah das herrliche Video! Deutschland - ein partiell noch freies Land! Herrlich!

Es macht immer wieder Spaß mit Ihnen zu "diskutieren".

Das Video hat tatsächlich einen gewissen Unterhaltungswert und der Fahrer hat das Fahrzeug gut unter Kontrolle. Aber unabhängig von dem Können des Fahrers darf man das Leben anderer und sein eigenes nicht von so vielen glücklichen Zufällen abhängen lassen. Wenn man so schnell fährt, dass der Bremsweg nicht vollständig eingesehen werden kann, hört der Spaß auf.

 

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Ist das so? Der Bremsweg konnte  nicht vollständig eingesehen werden? Mir schien er klar einsehbar. Ich vermute sehr gute Bremswirkung bei so einem Hochleistungswagen. Bedenklich war, dass der Fahrer kurz beide Hände vom Steuer nahm. 

Die LTO-Presseschau:

Raser: Auf LTO untersucht der Doktorand Tim Nicklas Festerling, ob bei der Autobahnfahrt des tschechischen Millionärs Radim P. mit über 417 km/h ein illegales Straßenrennen gegen sich selbst gem. § 315 d Abs. 1 Nr. 3 Strafgesetzbuch (StGB) vorliegt, wozu bereits ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Entscheidend sei, ob die Tatbestandsmerkmale der nicht angepassten Geschwindigkeit und des grob verkehrswidrigen Verhaltens erfüllt seien, wobei der Bremsweg und die Einhaltung des Rechtsfahrgebots maßgeblich seien. In einem vom Beschuldigten aufgenommenen Video fänden sich Anhaltspunkte für beide Seiten.

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Die LTO-Presseschau:

Raser: Auf LTO untersucht der Doktorand Tim Nicklas Festerling, ob bei der Autobahnfahrt des tschechischen Millionärs Radim P. mit über 417 km/h ein illegales Straßenrennen gegen sich selbst gem. § 315 d Abs. 1 Nr. 3 Strafgesetzbuch (StGB) vorliegt, wozu bereits ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Entscheidend sei, ob die Tatbestandsmerkmale der nicht angepassten Geschwindigkeit und des grob verkehrswidrigen Verhaltens erfüllt seien, wobei der Bremsweg und die Einhaltung des Rechtsfahrgebots maßgeblich seien. In einem vom Beschuldigten aufgenommenen Video fänden sich Anhaltspunkte für beide Seiten.

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Die Ansichten einiger zu diesen Fall sind besonders fraglich. Schon die Anmerkungen ueber Reichtum und anders sind bemerkenswert, fehlt da ja noch die Ehefrau nebst Schwiegermutter usw. Der Deutsche ist eben mal genau und neugierig und so wird aus den Verfehlungen, kein Flaechendeckendes Tempolimit samt Geschwindigkeitsanzeigen, der Fahrer dann gleich ein Taeter. In manchen Laendern wird nach Grenzuebergang auf grossen Anzeigen erklaert was auf einen zukommt, sollten Fahrer die Regelungen nicht einhalten. 

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Ich finde 400 km/h auch deutlich zu viel. Aber wer das Video sieht, der sieht, dass die Situation das hergegeben hat. Klare Sicht, trockene Straße, kaum Verkehr. Und das bisschen Verkehr nur auf der rechten Spur, sodass sogar die mittlere Spur als Sicherheitspuffer freigehalten werden konnte.

Vielleicht hatte er sogar ein vorausfahrendes Helferfahrzeug, das die Strecke auf Gegenstände gecheckt hat, er wartet ja zu Beginn des Videos irgendwo darauf, losfahren zu können.

Übrigens gibt es Rspr, wonach man auf Autobahnen nicht nur so langsam fahren muss, dass man innerhalb des einsehbaren Bereichs anhalten kann. Sonst müsste man nachts 50 fahren.

Eins ist aber klar: nur weil jetzt einer 417 gefahren ist, brauchen wir kein Limit bei 120. Wenn jemand 417-er-Fahrten verhindern will, kann er ja ein Limit bei 200 einführen.

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Ja, verehrter Gast 02-03   03:08, das sind ja die einzig relevanten Umstände: " die Situation das hergegeben hat. Klare Sicht, trockene Straße, kaum Verkehr. Und das bisschen Verkehr nur auf der rechten Spur, sodass sogar die mittlere Spur als Sicherheitspuffer freigehalten werden konnte." Genau so! 

Meine Karre schafft 190, bei guten Windverhältnissen etwa knapp 200. Als Älterer Weißer Mann habe ich mir Tempomat ca 110-120 angewöhnt. Nur - wenn ich im Herzen dann mal politisch an "grün" denke - dann juchze ich mit 200 Tacho über freie Strecken. Und wenn ich dann zackig überholt werde  - ach wie herrlich, in einem freien Land zu sein! Übrgens, seit Führerscheinerwerb Okt. 1969 KEIN Punkt in Flensburg! 

Rechtsprechung, wonach auf Autobahnen Sichtabstand nur im Bremsabstand nicht erforderlch sie, kenne ich  nicht. Bitte Belege!

Gut dass Sie nachfragen, Herr Peus, bei der Rspr habe ich mich offenbar geirrt.

§ 18 VI StVO sagt allerdings:

Wer auf der Autobahn mit Abblendlicht fährt, braucht seine Geschwindigkeit nicht der Reichweite des Abblendlichts anzupassen, wenn

1. die Schlussleuchten des vorausfahrenden Kraftfahrzeugs klar erkennbar sind und ein ausreichender Abstand von ihm eingehalten wird oder

2. der Verlauf der Fahrbahn durch Leiteinrichtungen mit Rückstrahlern und, zusammen mit fremdem Licht, Hindernisse rechtzeitig erkennbar sind. Andererseits gibt es im Gegenteil Rspr., nach der es ein grobes Verschulden ist, bei Dunkelheit mit Abblendlicht auf Autobahnen schneller als 60 zu fahren (zB OLG Ffm, Urteil vom 21.06.1989 - 7 U 190/88, https://www.verkehrslexikon.de/Texte/Sichtfahrgebot03.php). Das überrascht mich, denn mit 60 bin ich ja das "stehende" Hindernis, auf das dann alle auffahren... Oder verstehe ich etwas falsch?

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Der Leitsatz des Urteils des OLG Frankfurt vom 21. Juni 1989 – 7 U 190/88 – ist ja schon etwas kurios: "Bei Fahren mit Abblendlicht ist eine Geschwindigkeit von 60 km/h und mehr als grobes Verschulden anzusehen.

Die Orientierungssätze bei juris sind schon etwas brauchbarer:

1. Fährt der Fahrzeugführer auf der Bundesautobahn ohne jedes Erfordernis mit Abblendlicht, so muß er mit einer solch mäßigen Geschwindigkeit fahren, daß er jederzeit vor einem Hindernis anhalten kann (vergleiche OLG Düsseldorf, 25. Mai 1976, 12 U 123/75, DAR 1977, 186).

2. Mit nächtlichem Wildwechsel muß auch an nicht so gekennzeichneten Stellen gerechnet werden, wobei eine Geschwindigkeit von mehr als 80 km/h als zu hoch zu bezeichnen ist.

3. Zitierung zum Leitsatz: Vergleiche BGH, 4. Dezember 1962, VI ZR 58/62.

Ob es so ein Urteil heute noch einmal gäbe? Schon der Sachverhalt mutet nostalgisch an: "alleine auf der Autobahn nachts um 2 Uhr". Das ist inzwischen doch die Uhrzeit, zu der die Flügel von Windkraftanlagen nach Norden gefahren werden, so dass man in Schleswig-Holstein dann oft nur noch Richtung Süd mehr 60 km/h erreicht. Und alleine ist man dann fast nie. Ich fahre höchstens einmal ein paar Sekunden mit Fernlicht auf einer Autobahn. Obwohl ich gerne mit Fernlicht unterwegs wäre.

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Die deutsche Justiz ist ja immer sehr erfinderisch wie auch hier, indem durch Versaeumnisse mancher Regelungen nun eine Bestrafung wegen Alleinrennen in Betracht kommt. Ich muesste dann mal alleine rennen, um zu sehen wie das dann geregelt wird. Die Urteile in den nichtmotorisierten Bereichen sind allemal sehenwert.

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Die StA hat laut LTO das Verfahren eingestellt: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/raser-417kmh-a2-staatsanwaltschaft-stellt-ermittlungen-ein-kein-rueksichtsloses-verhalten/

Abgesehen von dem missglückten Genderversucht "Ermittlenden" (erinnert an die Elenden) ist dem Beitrag nichts hinzuzufügen und ist der StA zuzustimmen. In diesem konkreten Fall gaben die Umstände ein vorsichtiges Fahren mit 417 über wenige Minuten her.

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Man freut sich doch stets, wenn die eigene Auffassung ( hier seit 27.1., bes. 3.2.) bestätigt wird.

Vielleicht wäre ein Otto-Normalbürger (deutscher Staatsangehöriger, durschnittliche Vermögensverhältnisse, nicht prominent) verurteilt oder mit einem Strafbefehl bedacht worden.

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Es ist in Deutschland eine (vor dem Hintergrund der Geltung des grundgesetzes, und vor dem Hintergund der dem Grundgesetz zugrundeliegenden Wertungen) wohl nicht ganz unbedenkliche Tradition oder Gewohnheit oder weit verbreitete Erwartungshaltung oder eine scheuklappenartige Tunnelperspektive, auf Rechtsgüter gefährdendes oder sonstwie sozialschädliches Verhalten stets mit dem Strafrecht reagieren zu wollen.

Der Gesetzgeber und die Rechtspolitiker, aber auch die Erwartungshaltungen der (manchmal populistischen) breiten Öffentlichkeit, sollten bei der Problemlösung humanistischer und innovativer und kreativer und phantasievoller sein, und zu nicht ausschließlich strafrechtlichen Sanktionen greifen, sondern auch Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten mittels der Verwaltungsrechts, des Polizei- und Ordnungsrechts, des Führerscheinrechtes, des KFZ-Zulassungsrechtes, des Steuerrechts, der Zivilrechtes, des Versicherungsrechtes, u.s.w., u.s.f., eruieren.

Den im vorliegenden Fall ermittelten "Täter" könnte man vielleicht auch zur "Persona-non-Grata" erklären.

Im Übrigen könnte er wegen des Fotografierens oder Filmens der Autobahn und somit der anderen dortigen Verkehrsteilnehmer auch gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen haben.

Es leiße sich sicherlich etwas finden, um den "Täter" iregndwie zu sanktionieren.

Und der Gesetzgeber sollte sich mit Innovationskraft und Kreativität und Phantasie überlegen, neue Möglichkeiten zu finden bzw. neue Gesetzentwürfe zu gestalten, um solchen gefährlichen Verhaltensweisen (zum einen wegen der Gefahren bei der extrem schnellen Fahrt, aber auch das ins Internet gestellte Viedeo verursacht Gefahren indem es protzt und zu Nachahmung herausfordert) zukünftig besser und effektiver begegnen zu können.

Strafrecht ist kein Allheilmittel, und sollte stets nur das letzte Mittel sein.

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Vor einiger Zeit war in Südwestdeutschland ein Testfahrer eines großen Automobilherstellers mit einer Limousine mit ungefähr 220 km/h über die Autobahn gefahren, war eine vor ihm (wohl ungefähr mit Tempo 120) einen Kleinwagen fahrende Verkehrsteilnehmerin so erschreckte, daß sie ihr Lenkrad verriss und von der Fahrbahn abkam und starb.

Der Testwagenfahrer wurde damals wegen fahrlässiger Tötung verurteilt, obwohl er den Wagen der Frau weder berührt hatte noch die Frau genötigt hatte und auch den Sicherheitsabstand nicht unterschritten hatte.

Aber derartige Raser jagen anderen Verkehrsteilnehmern Angst und Schrecken ein, schockieren sie, machen sie fassungslos, und beeinträchtigen deren Kontrolle über deren Fahrzeuge und über die Verkehrssituation.

Die zu Tode gekommene Frau war vielleicht etwas unsicherer und ängstlicher als ein idealer Autofahrer, aber niemand darf erwarten, daß alle anderen Verkehrsteilnehmer stets fehlerfrei reagieren.

Und kausal für den Fahrfehler der zu Tode gekommenen Frau war nun einmal der rasende Testfahrer, auch wenn dessen Verteidiger die objektive Zurechnung des Todesfalles an den Angeklagten (formal juristisch vertretbar) abstreiten wollte.

Gewisse Verhaltensweisen sind schlichtweg gemeingefährlich und sittenwidrig.

Früher gab es für derartiges als Auffangtatbestand auch eine Ordnungswidrigkeitsnorm: "grober Unfug".

Zu bedenken ist auch, daß derartige Raser nicht nur aus der Perspektive schwächerer Verkehrsteilnhmer bedrohlich und gefährlich sind,  sondern auch objektiv  bedrohlich und gefährlich sind, denn mit zunehmenden Fahrzeuggewicht und mit zunehmender Geschwindigkeit wächst die Aufprallenergie, welche dann je nach den Umständen möglicherweise andere Fahrzeuge schlicht und einfach wie eine Billiardkugel anstößt und mit soviel Energie "wegkickt", daß das getroffene Fahrzeug völlig zerstört und die Insassen wahrscheinlich schwerst verletzt oder gar getötet werden.

Wer mit über 220 kmh, oder gar mit 417 kmh, auf öffentlichen Straßen rast, nimmt derartige Gefahren wohl billigend in Kauf.

Außerde, sind die Autobahnen mit Steuergeldern gebaut worden, und haben als Widmung, den Transport von Gütern und von Menschen zu dienen.

Wenn ein Fahrer aber gar nicht von einem Ort zu einem anderen Ort will, sondern einfach nur rasen will, dann zweckentfremdet er die staatlich errichtete und staatlich finanzierte und staatlich betriebene Autobahn.

Wer Rasen will, sollte dies nicht auf aus Steuergeldern finanzierten öffentlichen Straßen tuen, sondern auf dem kostenpflichtigen Nürburgring oder Hockenheimring oder Sachsenring, oder auf einer der anderen dafür gedachten Rennstrecken.

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Aber für diejenigen, die 260 kmh oder mehr fahren, ist es vielleicht gar kein "Kollateralschaden" wenn andere Verkehrsteilnehmer sich erschrecken.

Vielmehr dürfte oft toxische Männlichkeit eine Rolle spielen.

Archaisches Macho-Gehabe.

Imponiergehabe.

Dominanzstreben.

Eitelkeit.

Arroganz.

Geltungsbedürfnis.

Nicht wenige dieserr Raser-Leute finden offenbar Gefallen daran, wenn sie andere Verkehrsteilnehmer erschrecken und einschüchtern, denn sie wollen "dominant" sein, und erwarten von ihren Mitmenschen "submissive" (unterwürfig) zu sein.

Vielleicht könnte ein Psychologe oder Psychiater dazu mehr und detaillierter erläutern.

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Die Hintergründe (Triebe und Motive der Täter bzw. Raser) sind wohl allenfalls äußerst selten psychiatrisch, sondern eher individualpsychologisch oder sozialpsychologisch oder vielleicht zum Teil auch soziobiologisch.

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Zumindest die Grundregel nach § 3 StVO, "Fahren auf Sicht" wurde verletzt. Bugatti gibt bei 400 km/h einen Bremsweg von 600 m an, diese Strecke kann niemand, auch der tschechische Raser, sehen. Das menschliche Gesichtsfeld und Optik reicht einfach nicht aus, ein Hindernis in 600 m Entfernung wahrzunehmen.

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