Gedanken zur Cannabislegalisierung

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 18.07.2022
Rechtsgebiete: StrafrechtBetäubungsmittelrechtRechtspolitik8|9415 Aufrufe

SPD, Grüne und FDP haben im Koalitionsvertrag die Einführung einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften angekündigt. Die Frage, wie dies konkret ausgestaltet werden soll und kann, wurde in einem ersten Schritt in einem vom Bundesdrogenbeauftragten organisierten Konsultationsprozess „Cannabis – aber sicher“ mit Expertinnen und Experten in sogenannten Hearings diskutiert. Die Ergebnisse sollen nun in einen Gesetzentwurf einfließen.

Hier einige meiner Gedanken zu diesen Plänen: Angesichts des gesellschaftlichen Wandels und aus verfassungsrechtlichen Gründen halte auch ich es für angezeigt, das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) hinsichtlich des Umgangs mit Cannabis zum Eigenverbrauch bei Erwachsenen zu überdenken. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1994 im berühmten „Haschisch-Beschluss“ eine einheitliche Einstellungsgrenze für den Besitz/Erwerb von Cannabis zum Zwecke des Eigenkonsums angemahnt. Auch nach fast 30 Jahren ist es nicht gelungen, die Einstellungsgrenzen in Deutschland zu vereinheitlichen. Während die Grenze in Bayern und Baden-Württemberg bei 6 g liegt, ist in Bremen und Berlin eine Einstellung bis zu 15 g durch die Staatsanwaltschaft möglich. Das ist unbillig und verfassungsrechtlich bedenklich. Ich halte aber den Weg über die kontrollierte Abgabe in lizensierten Geschäften für problematisch.

1. Problem: Entgegenstehende europarechtliche- und völkerrechtliche Vorgaben

Zum einen dürften europarechtliche- und völkerrechtliche Vorgaben einem staatlich regulierten Verkauf von Cannabis zu Genusszwecken entgegenstehen. Hinsichtlich der Einzelheiten zu diesem Punkt verweise ich auf folgende lesenswerte Beiträge:

Hofmann, Deutschlands Cannabis-Dilemma, Zeitschrift für Internationale Strafrechtswissenschaft 2022, 191

Hofmann, Deutschlands Cannabis-Dilemma- Teil 1 vom 23.11.2021 auf verfassungsblog.de

Hofmann, Deutschland Cannabis-Dilemma-Teil 2 vom 15.7.2022 auf verfassungsblog.de

Lichtenthäler/Oğlakcıoğlu/Sobata, „Wenn die Ampel auf Grün schaltet…“: Neuralgische Punkte einer Cannabisfreigabe, NK 2022, 228

Ambos, Zur völkerrechtlichen Zulässigkeit der Cannabis-Entkriminalisierung, vom 20.5.2022 auf verfassungsblog.de

Luxemburg jedenfalls ist vor Kurzem mit ähnlichen Legalisierungsplänen am Europarecht gescheitert, wie die Gesundheitsministerin Paulette Lenert im Oktober 2021 verlautbart hat.

2. Schwarzmarkt

Es wird immer wieder behauptet, dass mit einer Cannabislegalisierung der Schwarzmarkt verdrängt und damit Strafverfolgung obsolet werde. Das halte ich für einen Trugschluss, da jedenfalls mit den zu versorgenden Kindern und Jugendlichen zwangsläufig ein nicht gewollter und weiterhin zu verfolgender Schwarzmarkt entsteht. Zudem ist zu erwarten, dass die Organisierte Kriminalität weiterhin billigeres und hochwertigeres Cannabis mit hohen THC-Gehalten anbieten wird. Dies zeigt sich z.B. in Kanada, wo im Jahr 2021 ausweislich des Canadian Cannabis Survey 2021 trotz der weit reichenden Legalisierung im Jahr 2018 nur 53 %  der befragten Cannabiskonsumenten angab, dass sie in einem legalen Geschäft eingekauft haben (im Jahr 2020 sogar nur 41 %). Ob dann wirklich viele Ressourcen bei der Polizei frei werden, darf bezweifelt werden, auch mit Blick auf den zu erwartenden Drogentourismus und die daraus resultierenden negativen Folgen (wie sie z.B. rund um die Coffeeshops in den Niederlanden zu beobachten waren).

3. Jugendschutz

Ein besonderes Augenmerk möchte ich auf den Aspekt des Jugendschutzes legen, wobei ich als Ausgangspunkt den Entwurf des Cannabiskontrollgesetzes (CannKG) zu Grunde lege, da die Formulierung im Koalitionsvertrag auf eine Cannabislegalisierung nach Maßgabe der Regelungen im CannKG hindeutet (BT-Drs. 19/819). Das CannKG möchte ich mit dem jetzigen Betäubungsmittelgesetz (BtMG) vergleichen.

Auf Veräußerungsebene sind nach dem geltenden BtMG Verkauf, Abgabe und Verbrauchsüberlassung – das ist das Mitkonsumierenlassen - von Betäubungsmitteln durch Personen über 21 Jahre an Personen unter 18 Jahren als Verbrechen mit Freiheitsstrafen nicht unter einem Jahr ausgestaltet. Die gleichen Tathandlungen von Personen unter 21 Jahren an Kinder und Jugendliche sind immer noch als Vergehen nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 6b BtMG mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bedroht.

Die Strafvorschriften in § 42 CannKG-E sehen bei der Abgabe oder Veräußerung von Cannabis an Kinder oder Jugendliche nur noch Strafen im Bagatellbereich vor. § 42 CannKG-E lautet u.a. wie folgt:

§ 42 Strafvorschriften

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. Cannabis an Kinder oder Jugendliche abgibt oder veräußert,

2. ohne Erlaubnis über 30 g Cannabis besitzt oder ohne Erlaubnis im Bereich des befriedeten Besitztums eine Jahresernte von mehr als drei Cannabispflanzen aufbewahrt,

3. ohne Erlaubnis mehr als drei weibliche, blühende Cannabispflanzen anbaut, …

7. ohne Erlaubnis mit Cannabis Handel treibt oder es ohne Erlaubnis verarbeitet oder transportiert.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1. wiederholt Cannabis an Kinder oder Jugendliche abgibt,

2. im Fall des Absatz 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung

solcher Taten verbunden hat, …

Eine solche Strafandrohung dürfte kaum abschreckende Wirkung auf Dealer haben, die unter Kindern und Jugendlichen einen großen Abnehmerkreis finden werden, da diese selbst keine Sanktionen mehr fürchten müssen (siehe folgenden Absatz). Und das Mitkonsumieren bei anderen durch einen Jugendlichen soll für einen Erwachsenen (oder andere Jugendliche) überhaupt nicht strafbewehrt sein.

Besonders problematisch ist, dass Jugendlichen auf der Erwerbsebene nach dem CannKG beim Besitz/Erwerb keine Sanktionen mehr auferlegt werden können. Das BtMG gewährleistet derzeit den Jugendschutz dadurch, dass der Umgang mit Betäubungsmitteln durch Jugendliche unter Strafe gestellt ist. Bei Jugendlichen kommt indes nicht der normale Strafrahmen mit Geld- oder Freiheitsstrafe zur Anwendung, sondern es werden spezifische, auf den Erziehungsgedanken ausgerichtete Sanktionen durch besonders qualifizierte Jugendstaatsanwälte oder Jugendrichter (§ 37 JGG) angeordnet. So werden der/dem Jugendlichen im jugendgerichtlichen Verfahren unter Einschaltung von Sozialarbeitern der Jugendgerichtshilfe und unter Berücksichtigung von Reife- und Entwicklungsgrad sowie abhängig von der konkreten Suchtgefährdung beispielsweise Urinkontrollen, Gespräche bei der Suchtberatung oder weitergehende Drogenpräventionsprojekte wie FreD (Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten) auferlegt. Durch die Maßnahmen im Jugendverfahren kann oftmals ein frühzeitiges Abgleiten von Jugendlichen in die Betäubungsmittelabhängigkeit verhindert werden. Insoweit gleicht das Verfahren beim Umgang mit jugendlichen Betäubungsmittelkonsumenten dem Vorgehen in Portugal, welches vielfach als europäisches Musterbeispiel genannt wird.

Und dieses gelungene Regelungssystem würde mit dem CannKG aufgegeben. Denn nach dem Entwurf des CannKG soll ein Besitz oder Erwerb von Cannabis durch Jugendliche bis zu einer Menge von 30 g nicht mehr sanktioniert werden, weder von Cannabis, welches „legal“ in staatlich kontrollierten Cannabisfachgeschäften vertrieben wird, noch von „illegalem“ Schwarzmarktcannabis (§ 42 CannKG-E). Damit geht der spezialpräventive Zweck der Sanktionierung des Besitzes/Erwerbs von Cannabis durch Jugendliche mit Auferlegung von bewährten Suchthilfemaßnahmen, wie die Teilnahme an einem FreD-Kurs, ersatzlos verloren.

Ein Bespiel dafür: Ein 12-Jähriger fällt einer Polizeistreife mit einem großen durchsichtigen Beutel mit etwa 25 g hochwertigem Gras auf. Auf Nachfrage gibt er an, dass er auf dem Weg zu seinen gleichaltrigen Kumpels ist, mit denen er das Gras gemeinsam konsumieren will. Nach dem CannKG hat die Polizei keine Handhabe, das Marihuana sicherzustellen, denn der Jugendliche macht sich nicht nach § 42 CannKG strafbar und es ist keine Sicherstellungsvorschrift für solche Fälle vorgesehen. Ergebnis: Wir lassen den 12-Jährigen also mit seinem Stoff von dannen ziehen und gemeinsam mit seinen gleichaltrigen Kumpels kiffen. Das kann doch kein Jugendschutz sein, auch wenn im CannKG an insgesamt 32 Stellen von „Jugendschutz“ die Rede ist, z.B. in

§ 4 Jugendschutz

Cannabis darf Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden.

Ein wirksamer Jugendschutz setzt aber - wie aufgezeigt - wirksame Kontrollmaßnahmen und Sanktionsmöglichkeiten bei Zuwiderhandlungen voraus. Ich plädiere dafür, bei einer Cannabisneuregulierung in Deutschland dem Rechnung zu tragen. Das aktuelle BtMG ermöglicht in Kombination mit den besonderen Sanktionsmöglichkeiten im JGG einen effektiven, general- und vor allem spezialpräventiv wirkenden Jugendschutz, indem - den jeweiligen Bedürfnissen entsprechend - regulativ auf Cannabis konsumierende Jugendliche eingewirkt werden kann. Hierauf oder auf vergleichbare Einwirkungsmöglichkeiten sollte bei einer Neuregelung keinesfalls verzichtet werden. Außerdem sollte das CannKG meines Erachtens hinsichtlich Sicherstellung/Einziehung nachgebessert werden, z.B. mit einem verwaltungsrechtlichen Verbot und den sich daraus ergebenden Sicherstellungsmöglichkeiten nach den Polizeigesetzen der Länder wie im Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG).

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8 Kommentare

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Wo ist denn bei dem Beispiel das große Problem? Der ganze Sachverhalt ist doch primär auf der Präventivebene angesiedelt. Eine Sicherstellung dürfte nach dem jeweiligen Polizeigesetz möglich sein (ggf. über die Generalklausel). Und die polizeirechtlichen Schutzgüter "öffentl. Sicherheit und Ordnung" können den fall bestimmt aufnehmen. Bei einem 10 Jährigen mit 5 Flaschen Schnaps wäre das ja auch nicht anders.

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An der Universität haben wir im juristischen Hörsaal gehört, daß in einem auf Grundrechten basierenden freiheitlichen Rechtsstaat das Strafrecht nur dann gerechtfertigt sein kann, wenn und soweit es dem Rechtsgüterschutz dient.

Der Gesetzgeber ist aber oft fantasielos, und glaubt oft Rechtsgüter nur durch Strafrecht schützen zu können, und der Gesetzgeber unterschäzt oft andere Schutzmöglichkeiten, etwa durch Sanktionen nach den Ordnungswidrigkeitenrecht, oder die Möglichkeiten verschärfter zivilrechtlicher Haftungen, oder die Möglichkeiten des Jugendfürsorgerechts, oder die Möglichkeiten der Beschlagnahmen und Einziehungen, und die Möglichkeiten der Verwaltungsrechtes und Polizeirechtes.

Der Ansatz das oft kriminalisierende und stigmatisierende und das auf oft auf archaischen Vergeltungs-Gedanken beruhende wuchernde Strafrecht etwas zurückzuschneiden erscheint mir sowohl aus verfassungsrechtlicher Sicht wie auch aus pädagogischer Sicht wie auch aus humanitärer Sicht begrüßenswert, aber die Möglichkeiten durch außerhalb des Kriminal-Strafrechts liegende gesetzgebrische Regelungen energisch auf Rechtsgüterschutz hinzuwirken sollten zukünftig bitte mehr und phantasievoller geprüft und realisiert werden als bisher.

Im 21. Jahrhundert könnte man, wenn man wollte, intelligenter und humaner und phantasievoller sein als im 19. Jahrhundert.

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Ich bin wenig euphorisch, was die Legalisierung angeht. Gerade die jugendlichen/heranwachsenden Konsumenten erscheinen mir gefährdeter als vorher. Die Legalisierung ist aber sicher die einzig vernünftige Lösung. Ich sehe vor allem eine Generation an Menschen, die die Drogenpolitik und Strafverfolgung in diesem Bereich nicht mehr verstehen und akzeptieren. Gegen diese Generation und ihre Werte mit dem Strafrecht anzuarbeiten, erscheint mir unklug und vielleicht gar gefährlich. Das ist ähnlich wie mit der Bestrafung der Beförderungserschleichung. Wenn sich irgendwann der Eindruck durchsetzt, der Staat handele nicht mehr legitim, sondern bestrafe Armut (bei § 265a) oder "die Jugend" ("THC-Konsum"), "weil es schon immer so war", dann wird es m.E. gefährlich! 

Ein Jurist beschäftigt sich mit Gesetzen, ein Lobbyist beschäftigt mit Gesetzesvorhaben und dann gibt es noch Leute, die beschäftigen sich mit Glaskugeln, wie hier zB.

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Vielen Dank für den interessanten und informativen Leitbeitrag ("Gedanken zur Cannabislegalisierung"). Ich hatte vorher nicht bedacht, dass europarechtliche- und völkerrechtliche Vorgaben die gesetzliche Legalisierung von Cannabis zum Zwecke des Eigenbedarfs vor so große Probleme stellt. Wenn ich Hofmann lese, dann habe ich den Eindruck, dass die Legalisierung früher oder später scheitern wird. Es sei denn, Deutschland gelingt es, auf eine Änderung der europarechtlichen- und völkerrechtlichen Verträge hinzuwirken. Wenn ich Ambos lese, dann habe ich den Eindruck, da könnte man noch was machen. Vor allem überzeugt mich sein Einwand, dass die einschlägigen europarechtlichen- und völkerrechtlichen Verträge unter dem Vorbehalt geschlossen worden seien, dass sie mit dem innerstaatlichen Verfassungsrecht vereinbar sind. Was Luxemburg angeht, ich kenne mich in seinem Verfassungsrecht nicht aus. Aber es wäre doch interessant zu wissen, ob Luxemburg von diesem Einwand Gebrauch machen konnte und auch Gebrauch gemacht hat. Was Deutschland angeht, wir haben den „Haschisch-Beschluss“ des BVerfG.

Die Kritik an Mängeln des Jugendschutzes teile ich. Doch in dem Fall des 12-Jährigen, der von der Polizeistreife mit 25 g Gras aufgegriffen wird, sehe ich die Polizisten keinesfalls so hilflos, dass sie ihn damit ziehen lassen müssten.  Sicherstellung des Stoffs wäre doch durchaus im Wege der polizeilichen Gefahrenabwehr denkbar.

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Seite 427 des von Vereinten Nationen herausgegebenen Kommentars ("Commentary on the Single Convention on Narcotic Drugs, 1961), Artikel 36 Paragraph 1:

"Subject to its constitutional limitations, each Party shall adopt such measures as will ensure that cultivation, production, manufacture, extraction, preparation, possession, offering, offering for sale, distribution, purchase, sale, delivery on any terms whatsoever, brokerage, dispatch, dispatch in transit, transport, importation and exportation of drugs contrary to the provisions of this Convention, and any other action which in the opinion of such Party may be contrary to the provisions of this Convention, shall be punishable offences when committed intentionally, and that serious offences shall be liable to adequate punishment particulary by inprisonment or other penalties of deprivation of liberty."

https://www.unodc.org/documents/treaties/organized_crime/Drug%20Convention/Commentary_on_the_single_convention_1961.pdf

"Subject to its constitutional limitations", also "Unter Vorbehalt ihrer verfassungsrechtlichen Beschränkungen" verpflichten sich die Vertragsparteien die dort genannten Handlungen unter Strafe zu stellen. Zu den aufgezählten Handlungen gehören: Anbauen, Gewinnen, Herstellen, Ausziehen, Zubereiten, Besitzen, Anbieten, Feilhalten, Verteilen, Kaufen, Verkaufen, Liefern – wie auch immer, das Vermitteln, Versenden, Durchführen, Befördern, Einführen und Ausführen. Die genannten Handlungen sind Handlungen, die dem Konsum vorhergehen bzw. ihn erst ermöglichen. Denn das Konsumieren von Cannabis ist kaum denkbar, ohne dass irgendjemand diese Handlungen vorgenommen hat. Aber der Konsum selbst ist nicht aufgelistet und gehört nicht dazu.

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Man kann soweit festhalten: Die "Single Convention on Narcotic Drugs, 1961" steht der Legalisierung des Cannabis-Konsums (denn in Art. 36 "Einheitsübereinkommens vom 30. März 1961 über Suchtstoffe" (BGBl. 1973, II, S. 1353)) und des Besitzes von Cannabis zum Eigenverbrauch (vertretbare Auslegung von "possession") nicht entgegen.
 
Im o.a. Kommentar der UNO zu "Single Convention on Narcotic Drugs, 1961" wird im Kommentar zum Art. 4 unter Abs. 18, Seite 112 unter näherer Begründung zum Besitz ("possession") wie folgt ausgeführt:

"This would appear to support the opinion of those who believe that only possession for distribution, and not that for personal consumption, is a punishable offence under article 36 of the Single Convention."

Auch das BVerfG schreibt im Haschisch-Beschluss (Rn. 250 - Abweichende Meinung des Richters Sommer zum Beschluß des Zweiten Senats vom 9. März 1994):

"Teilweise läßt sich ihnen schon eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland nicht oder nicht hinreichend deutlich entnehmen, den Umgang mit geringen Mengen von Cannabisprodukten zum Eigenverbrauch unter Strafe zu stellen. Die Strafbestimmungen des "Einheitsübereinkommens vom 30. März 1961 über Suchtstoffe" (BGBl. 1973, II, S. 1353) verpflichten die Vertragsstaaten lediglich zu den erforderlichen Maßnahmen ("mesures nécessaires"), um den vorsätzlichen, verbotenen Umgang mit Suchtstoffen unter Strafe zu stellen (Art. 36 Abs. 1; vgl. im übrigen Art. 2 Abs. 5 lit. b und Art. 4). An dem sich hieraus ergebenden Handlungsspielraum beim Besitz von Drogen für den persönlichen Verbrauch (vgl. auch Alfons Noll, Drug abuse and penal provisions of the international drug control treaties, in: Bulletin on Narcotics, XXIX (No. 4/1977), 41 <44 f.>) hat auch das "Protokoll vom 25. März 1972 zur Änderung des Einheits-Übereinkommens von 1961 über Suchtstoffe" (BGBl. 1975, II, S. 2) nichts geändert. Das "Schengener Übereinkommen vom 19. Juni 1990 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen" (BGBl. 1993, II, S. 1010) verpflichtet die Vertragsstaaten, den Umgang mit Cannabisprodukten auf der Angebotsseite ("Abgabe") auch mit strafrechtlichen Mitteln zu unterbinden (Art. 71 Abs. 1 u. 2); hinsichtlich der Eindämmung der unerlaubten Nachfrage werden die erforderlichen Maßnahmen der Verantwortung der Vertragsparteien überlassen (Art. 71 Abs. 5)."

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