Bauträger und die Angst vor dem 28.11.2021 - es drohen millionenschwere Bußgelder und Folgen für Notarinnen und Notare

von Dr. Michael Selk, veröffentlicht am 28.02.2021
Rechtsgebiete: Bau- und ArchitektenrechtMiet- und WEG-Recht3|40134 Aufrufe

Im Amtsblatt der Europäischen Union vom 27.11.2019 findet sich eine Richtlinie (Nr. 2019/2161), deren Bedeutung auch für notariell beurkundete Bauträgerverträge noch gar nicht abzusehen ist.

Viele Bauträgerverträge enthalten leider noch immer zahlreiche unwirksame Klauseln, so dass die Gerichte immer wieder korrigierend zugunsten der Verbraucher eingreifen müssen (s. etwa die hier kommentierten Entscheidungen zur Unwirksamkeit der Regelung, die letzte Rate im Bauträgervertrag auf ein Notaranderkonto zu zahlen). Über meinen Schreibtisch laufen immer wieder Regelungen, wonach die Käufer zwei Wochen vor der Übergabe abweichend von § 650m II BGB und § 3 MaBV den vollständigen Kaufpreis an den Bauträger zahlen sollen, Abnahmen fehlerhaft fingiert werden,  diese noch immer von der Tätigkeit eines vom Bauträger ausgewählten Sachverständigen abhängig gemacht werden. Die Marktmacht der Bauträger auch angesichts der noch immer immensen Nachfrage nach Wohnungen ist immens und wird auch oft ausgenutzt (s. nur Grziwotz, NZBau 2019, 218ff). 

Die Verwendung von unwirksamen - weil gegen § 307ff BGB verstoßenden - Klauseln wird teuer: Bauträgern drohen Bußgelder in Höhe von mindestens 4 % des Jahresumsatzes, bei fehlenden Informationen mindestens 2 Millionen Euro. Bislang war dem AGB-System der §§ 307ff BGB eine Sanktionenregelung unbekannt. Verbrauchern sollen Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Unternehmer, also auch Bauträger, die solche Klauseln verwenden, offenstehen - hier hat der jeweilige Gesetzgeber Spielraum, wie er dies umsetzt. Vieles erinnert an die durchaus heftigen Folgen der Umsetzung in der DSGVO mit teuren Konsequenzen im Falle der Verstöße dort. Die Umsetzung in innerdeutsches Recht soll bis zum 28.11. diesen Jahres erfolgen.

Ob Notarinnen und Notare, die AGB-widrige Klauseln verwenden, danach ebenso solche Sanktionen unmittelbar zu befürchten haben, mag bezweifelt werden (da kein "Unternehmer"). Indes: rät ein Notar nicht von der Verwendung einer meist ja von der Rechtsabteilung der Bauträger vorgeschlagene Klausel für die Beurkundung ab, so dürfte er dann, wenn der Bauträger ein Bußgeld in Millionenhöhe zu entrichten hat, ihm gem. § 19 BNotO auf Schadensersatz haften.

Angewendet müssen die neuen Vorschriften, die ab dem 28.11.2021 gelten, dann ab dem 28.5.2022.  Viel Zeit für den "Umbau" der zahlreichen Verträge und ihrer Textbausteine ist nicht mehr.

Die Folgen sind auch für andere Branchen immens: auch Großvermieter z.B. sollten ihre mietvertraglichen Regelungen in den nächsten Monaten noch einmal kritischen prüfen. 

 

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3 Kommentare

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Lieber Herr Dr. Selk,

wo ist denn die Bußgeldvorschrift geregelt, auf die Sie abheben? In der Richtlinie selbst?

Denn das gerade verabschiedete "Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht" sieht nach meinem Verständnis gerade keine Bußgelder für die Verwendung unwirksamer AGB vor, weder in § 3 UWG, noch in § 7, noch in der Anlage zum UWG. Und auch die Entwurfsbegründung zu § 19 UWG-neu geht nach meinem Verständnis nicht davon aus, dass unwirksame AGB Ordnungswidrigkeitentatbestände darstellen. Außerdem betrifft die Vorschrift "nur" EU-weite Verstöße.

Unter Nr. 27 der Anlage zum UWG:
"27. Verhinderung der Durchsetzung vertraglicher Rechte im Versicherungsverhältnis
Maßnahmen, durch die der Verbraucher von der Durchsetzung seiner vertraglichen Rechte aus einem Versicherungsverhältnis dadurch abgehalten werden soll, dass
a) von ihm bei der Geltendmachung eines Anspruchs die Vorlage von Unterlagen verlangt wird, die zum Nachweis dieses Anspruchs nicht erforderlich sind, oder..."
dürfte doch eher etwas anderes zu verstehen sein, oder?

Kommt da aus der Richtlinie noch etwas auf uns zu?

Viele Grüße!

"Bauträgern drohen Bußgelder in Höhe von mindestens 4 % des Jahresumsatzes, bei fehlenden Informationen mindestens 2 Millionen Euro." list sich in der Richtlinie aber doch recht anders. Da steht was von einem Höchstbetrag auf mindestens 4 % des Jahresumsatzes bsw. 2 Millionen EUR. 

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