Zum Freiburger Mordfall: Altersfeststellung und Anwendung des Jugendstrafrechts

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 23.02.2017

Nach dem (mutmaßlichen) Mord an einer Freiburger Studentin wurde ein Tatverdächtiger festgenommen, der angab, erst 17 Jahre alt zu sein. Nun hieß es gestern in vielen Medienberichten, ein Altersfeststellungsgutachten, in Auftrag gegeben von der Staatsanwaltschaft, habe ergeben, der Beschuldigte sei bereits 22 Jahre alt (z.B. FAZ , Mittelbayerische Zeitung).

Über die tatsächlichen Voraussetzungen und rechtlichen Folgen indes herrschten in manchen der Medienberichten gravierende Unterschiede. Während die einen berichteten, das Gutachten habe ergeben, der Verdächtige sei zur Tatzeit mindestens 22 Jahre alt gewesen und müsse nun als Erwachsener mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes rechnen, konnte aus anderen Berichten herausgelesen werden, dass die Altersbestimmung keineswegs völlig eindeutig ausgefallen sei und eine Anklage beim Erwachsenengericht nur möglich sei, aber noch nicht sicher. Teilweise hieß  es auch, die Staatsanwaltschaft stelle wegen des Alters noch weitere Untersuchungen an.

Um ein bisschen Licht ins Halbdunkel zu bringen, will ich kurz zu zwei Punkten Stellung nehmen, erstens zu den noch umstrittenen ethischen und empirischen Möglichkeiten der Altersbestimmung und zweitens zu den rechtlichen Folgen, die sich aus dem JGG daraus ergeben.

1. Ethische und empirische Fragen zur Altersfeststellung

Die medizinische Altersbestimmung wird mit verschiedenen Techniken und anhand verschiedener Körpermerkmale (z.B. per Röntgen, Knochenvermessung und Gebissentwicklungsstand) vorgenommen. Umstritten sind vor allem die ethischen Voraussetzungen einer Altersbestimmung, aber auch deren Präzision. Hier Auszüge aus einer Darstellung des ippnw, einer internationalen kritischen Ärzteorganisation :

„Altersfeststellung“ oder „Altersbestimmung“ ist nicht möglich. Diese oft verwendeten Begriffe täuschen vor, man könne, mit welchen Methoden auch immer, das nicht bekannte oder strittige Alter eines jungen Menschen exakt bestimmen. Ärztinnen und Ärzte müssen vielmehr ganz bescheiden von „Altersschätzung“ oder allenfalls von „Altersfestsetzung“ sprechen. Nichtmediziner, z. B. Mitarbeiter von Bundes-, Landes- und kommunalen Behörden, Polizeibeamte und Richter nehmen immer wieder an, Ärzte könnten bei entsprechendem Auftrag das Alter eines jungen Menschen genau definieren. Besonders wird dabei an die Feststellung des „Knochenalters“ mit Röntgenaufnahmen der Hand und der Brustbein Schlüsselbeingelenke sowie des „Zahnalters“ mit Hilfe des Orthopantomogramms („Panoramaaufnahme“ des Gebisses) gedacht. Leider gibt es Mediziner, vorwiegend in den Instituten für Rechtsmedizin, die derartige Auftrags-Untersuchungen vornehmen und damit bei Nichtmedizinern den Glauben an die Genauigkeit dieser Methoden bestärken.

Das Knochenalter kann nämlich vom chronologischen Alter um zwei bis drei Jahre nach unten und nach oben abweichen. Ein junger Mensch, bei dem beispielsweise ein Hand-Knochenalter von 18 Jahren bescheinigt wird, kann demnach zwischen 16 und 20 Jahre alt sein, im Extremfall sogar zwischen 15 und 21. Nur bei 25 % der Untersuchten stimmen Knochen- und tatsächliches Alter überein. Mit den Gebiss-Röntgenaufnahmen, mit denen man nach den 3. Molaren, den „Weisheitszähnen“ fahndet und gleichzeitig den Mineralisationsgrad der Zähne festzustellen versucht, gewinnt man auch nicht mehr Sicherheit. Die Weisheitszähne können im Alter von 16 bis 25 Jahren ausreifen, die Mineralisation zeigt ebenfalls eine große Schwankungsbreite. Der strahlenintensiven CT-Untersuchung der Schlüsselbeingelenke wird neuerdings, besonders seitens der Rechtsmediziner, die größte Bedeutung zugemessen. Aber auch diese Untersuchung mit vorgeblich klaren Stadieneinteilungen (Kellinghaus et al., 2009), die aber anhand zu kleiner Referenzkollektive definiert wurden und von „fließenden Übergängen“ gekennzeichnet sind , ist untauglich für eine exakte Altersschätzung. Die Mitglieder der „Arbeitsgemeinschaft für Forensische Altersdiagnostik“ (AGFAD) der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin werden in Strafverfahren seitens der Gerichte oft herangezogen, um das Alter eines jungen Straftäters zu schätzen. Dabei geht es um die Frage, ob der Betreffende noch nach dem Jugendstrafrecht zu behandeln ist."

Der Deutsche Ärztetag hat 2014 ausdrücklich eine Altersbestimmung mit Röntgen als unethisch bezeichnet.

Die  Zentrale Ethikkommission bei der Bundesärztekammer (ZEKO) hat sich jüngst gegen eine Altersbestimmung bei minderjährigen Flüchtlingen ausgesprochen, allerdings primär fokussiert auf das Verwaltungsverfahren, nicht auf das  Strafverfahren.

Die angesprochene Organisation AGFAD sieht das natürlich anders. Nach ihren Empfehlungen für das Strafverfahren sind sowohl Aussagen zum wahrscheinlichsten Alter als auch zum „Mindestalter“ durchaus auf ethisch akzeptable Weise und mit hinreichender wissenschaftlicher Präzision möglich, Auszüge:

"Es besteht breiter Konsens über die derzeit am besten geeignete Methodik. Diese umfasst:

- die körperliche Untersuchung mit Erfassung anthropometrischer Maße (Körperhöhe und -gewicht, Körperbautyp), der sexuellen Reifezeichen sowie möglicher alterungsrelevanter Entwicklungsstörungen,

- die Röntgenuntersuchung der linken Hand,

- die zahnärztliche Untersuchung mit Erhebung des Zahnstatus und Röntgenuntersuchung des Gebisses,

- bei abgeschlossener Handskelettentwicklung eine zusätzliche Untersuchung der Schlüsselbeine, zurzeit bevorzugt mittels konventioneller Röntgendiagnostik bzw. Computertomographie (Kreitner et al. 1997, Schulz et al. 2008).

Zur Erhöhung der Aussagesicherheit und zur Erkennung altersrelevanter Entwicklungsstörungen sollten alle genannten Methoden eingesetzt werden. Forensische Kernaussage des Gutachtens ist je nach Untersuchungsauftrag die Angabe des wahrscheinlichsten Alters des Betroffenen und/ oder der Wahrscheinlichkeit dafür, dass das vom Betroffenen angegebene Alter tatsächlich zutrifft bzw. die jeweils strafrechtlich relevante Altersgrenze überschritten ist.

Die für die Altersdiagnose verwendeten Methoden und Referenzstudien sind im Gutachten aufzuführen. Für jedes untersuchte Merkmal ist neben dem wahrscheinlichsten Alter das Streuungsmaß der Referenzpopulation anzugeben (Rösing 2000). Zu beachten ist ferner, dass sich der Toleranzbereich durch einen empirischen Beobachterfehler erhöhen kann."

Im Freiburger Fall kommt es auf das Alter zur Tatzeit (Oktober 2016) an. Für die Anwendung des JGG entscheidend ist, ob der Beschuldigte zu diesem Zeitpunkt schon 18 bzw. schon 21 Jahre alt war oder nicht. Regelmäßig kann man mit einer für die gerichtliche Wertung notwendigen Sicherheit nur ein Altersintervall von mehreren Jahren bestimmen. Da das Gutachten selbst nicht bekannt ist, weiß ich nicht, was genau das Ergebnis dieses Gutachtens war. Hat der Sachverständige festgestellt, der Beschuldigte sei mit hoher Sicherheit zwischen 22 und 26 Jahren alt, aber jedenfalls „mindestens 22“, dann wäre dem Gericht der sichere Schluss möglich, dass er zur Tatzeit bereits erwachsen war. Ist 22 aber nur das wahrscheinlichste Alter innerhalb eines Altersintervalls (z.B. 20 bis 24), dann wäre zwar auszuschließen, dass der Beschuldigte noch Jugendlicher (also unter 18) war, es wäre aber gut möglich, dass er zur Tatzeit noch Heranwachsender (also unter 21) war.

2. Rechtliche Folgen

a) Ist nicht auszuschließen, dass der Beschuldigte zur Tatzeit noch Heranwachsender war, dann ist er als Heranwachsender vor dem Jugendgericht (Jugendkammer) anzuklagen, § 109 JGG. Dabei gilt, obwohl es sich um eine Verfahrensvorschrift handelt, wegen der materiellrechtlichen Auswirkungen der Grundsatz in dubio pro reo.

Das Jugendgericht hat dann nach Maßgabe des § 105 Abs.1 JGG zu entscheiden, ob auf den Beschuldigten noch materielles Jugendstrafrecht anzuwenden ist. Wird dies bejaht - wie statistisch  in den meisten Fällen - , kommt als Höchststrafe bei einem Mord zehn Jahre, bei "besonderer Schuldschwere" 15 Jahre in Betracht (§ 105 Abs.3 JGG). Wird in diesem Fall von der Jugendkammer hingegen Erwachsenenstrafecht angewendet, dann ist die Höchststrafe des § 211 StGB (lebenslange Freiheitsstrafe) einschlägig, diese kann aber bei einem Heranwachsenden auf maximal 15 Jahre reduziert werden (§ 106 Abs.1 JGG).

b) Kann aber ausgeschlossen werden, dass der Beschuldigter zur Tatzeit Heranwachsender war, ist er also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits 21 oder 22 Jahre alt gewesen, dann kommt nur eine Anklage vor einem Erwachsenengericht (Strafkammer als Schwurgericht nach § 74 Abs.2 GVG) in Betracht. Die Kammer wird in diesem Fall allerdings im Zwischenverfahren die Bewertung der Staatsanwaltschaft hinsichtlcih der Zuständigkeit genau zu prüfen haben.

Bei Mord gilt bei einem zur Tatzeit Erwachsenen die absolute Strafe „lebenslang“ (§ 211 Abs.1 StGB).

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32 Kommentare

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Das wird schwierig. Wer weiß schon mit wissenschaftlicher Sicherheit, wie es sich mit der Altersbestimmung in außereuropäischen Entwicklungsländern und/oder Volksstämmen bei welchen Umgebungs- und Nahrungsverhältnissen verhält? Ich halte das vorläufig für Kaffeesatzleserei...

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Sorry, aber angesichts der massiven finanziellen Folgen, die eine Einstufung als minderjährig im sozial/jugendfürsorgerechtlichen Bereich hat (Amtsvormund/Pflegeeltern/Schulpflicht/Unterbringung der "umF".....) finde ich die "unethisch"-These reichlich gewagt. Der Rechts- und Sozialstaat muss sich nicht veralbern lassen bzw. -falls die Altersangabe der Betreffenden aus Unwissenheit falsch ist, weil in dem Herkunftsland die zeitgenaue Erfassung von Geburtsdaten eher kein Wert an sich ist - aufgrund dieser Mängel eine grob falsche Erfassung hinnehmen.
 

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Vielen Dank für diesen, auch für den Laien erhellenden Beitrag.

Angesichts der beschriebenen Schwierigkeiten stellt sich meines Erachtens die Frage nach dem fixer Altersgrenzen. Wäre es nicht sinnvoller, anstatt fester Altersgrenzen die Einsichtsfähigkeit an einem psychologischen Test festzumachen? Damit ließe sich auch das 'Vorschieben' von Altersangaben ausschließen.

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<zitat>Sorry, aber angesichts der massiven finanziellen Folgen, die eine Einstufung als minderjährig im sozial/jugendfürsorgerechtlichen Bereich hat (Amtsvormund/Pflegeeltern/Schulpflicht/Unterbringung der "umF".....) finde ich die "unethisch"-These reichlich gewagt. </zitat>

 

Unethisch ist es auch nicht, als Arzt einen Versuch zu unternehmen, das Alter zu schätzen oder einzugrenzen. Unethisch ist es, dazu zu röntgen. Am Ende Dinge zu behaupten, die vielleicht doch nicht stimmen, ist auch unethisch, aber nicht gemeint.

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<span class="username">reChtHabEr</span> schrieb:

Unethisch ist es, dazu zu röntgen.

Wer sagt das alles noch so, außer Sie selbst?

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Gast schrieb:

<span class="username">reChtHabEr</span> schrieb:

Unethisch ist es, dazu zu röntgen.

Wer sagt das alles noch so, außer Sie selbst?

 

Daran zweifelt niemand außer Ihnen. Siehe zum Beispiel: goo.gl/sCnbGg

 

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Gast schrieb:

Unethisch ist es auch nicht, als Arzt einen Versuch zu unternehmen, das Alter zu schätzen oder einzugrenzen. Unethisch ist es, dazu zu röntgen.

Das ist wirklich nur ihre ganz private Meinung, mit der Sie aber allein stehen.

Der von Ihnen angegebene Link führt lediglich zur sog. "rechtfertigenden Indikation". Das hat mit dem Thema nichts zu tun.

Ich kenne keinen Radiologen, der eine Aufnahme zur Altersbestimmung im Rahmen eines Gutachtens als "unethisch" ansehen würde. Diese Aufnahmen sind klinischer Standard und werden auch durchgeführt.

Eine andere Frage ist natürlich, ob ein  Gutachten gegen den Willen des Probanden durchgeführt werden darf. Dann bedarf es zur Durchführung des Gutachtens sicherlich der richterlichen Anordnung. Ein Richter kann in solchen Fällen auch Körperverletzung anordnen (wie z.B. Blutentnahmen, aber auch alle Maßnahmen zur Altersbestimmung). Letztendlich stellt dann der Radiologe die rechtfertigende Indikation zur Durchführung der Röntgenaufnahme im Rahmen eines Gutachtens. Diese ist gegeben, da bei Gutachten für die Strahlenanwendung andere Regeln gelten als in kurativen Fällen. Ich hätte jedenfalls damit keine Probleme, und ich habe auch noch nie einen Kollegen  kennengelernt, der damit Probleme hätte.

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Das ist eher geltendes Recht als eine Einzelmeinung. 

Richtig ist: Liegt das Einverständnis in eine Röntgenuntersuchung nach korrekter Information vor, gibt's weder ethisch noch rechtlich ein Problem. Bei Minderjährigen ist allerdings das des gesetzlichen Vertreters maßgebend, bei Flüchtlingen wird es also in der Regel auf den Vormund ankommen (http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1793.html).

Für Untersuchungen ohne oder gegen den Willen des Betroffenen allgemein und Blutproben im Besonderen im Zuge eines Strafverfahrens gibt es hier: https://dejure.org/gesetze/StPO/81a.html eine gesetzliche Grundlage, wie es nach https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_2.html erforderlich ist. Völlig richtig: Solche Eingriffe unterliegen dem Richtervorbehalt.

Fürs Asylverfahren fehlt eine Rechtsgrundlage, nach der körperliche Untersuchungen ohne oder gegen den Willen des Betroffenen zulässig sind. Nach https://www.gesetze-im-internet.de/asylvfg_1992/__62.html sind zur Verhinderung der Ausbreitung ansteckender Krankheiten Röntgenaufnahmen der Lunge zulässig. Sonst nicht.

Ansonsten zu beachten: https://www.gesetze-im-internet.de/r_v_1987/__23.html

reChtAbeR schrieb:

Fürs Asylverfahren fehlt eine Rechtsgrundlage, nach der körperliche Untersuchungen ohne oder gegen den Willen des Betroffenen zulässig sind. Nach https://www.gesetze-im-internet.de/asylvfg_1992/__62.html sind zur Verhinderung der Ausbreitung ansteckender Krankheiten Röntgenaufnahmen der Lunge zulässig. Sonst nicht.

Ansonsten zu beachten: https://www.gesetze-im-internet.de/r_v_1987/__23.html

Sehr geehrter Herr Herrmann,

da handelt es sich ja um Reihenuntersuchungen, und ohne einen notwendigen Zusammenhang mit einer Straftat.

Das ist eher geltendes Recht als eine Einzelmeinung. 

Richtig ist: Liegt das Einverständnis in eine Röntgenuntersuchung nach korrekter Information vor, gibt's weder ethisch noch rechtlich ein Problem. Bei Minderjährigen ist allerdings das des gesetzlichen Vertreters maßgebend, bei Flüchtlingen wird es also in der Regel auf den Vormund ankommen (http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1793.html).

Für Untersuchungen ohne oder gegen den Willen des Betroffenen allgemein und Blutproben im Besonderen im Zuge eines Strafverfahrens gibt es hier: https://dejure.org/gesetze/StPO/81a.html eine gesetzliche Grundlage, wie es nach https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_2.html erforderlich ist. Völlig richtig: Solche Eingriffe unterliegen dem Richtervorbehalt.

Die Strafprozeßordnung hatten Sie ja nun damit erwähnt, also wäre das doch eine rechtliche Grundlage für das Strafverfahren, denn um ein solches handelt es sich doch hier. Da Sie auch von einem Vormund sogar noch ausgegangen sind für den angenommenen Minderjährigen, ohne ihn aber näher zu bezeichnen, wären doch mit dessen Einwilligung sowieso keine Probleme mehr mit einer Handwurzel-Röntgenaufnahme verbunden, und ohne diese Einwilligung zählt rechtlich das Strafverfahren und die StPO meiner Meinung nach. Auch wenn Ärzte dann ethische Bedenken äußern sollten, was ihnen ja auch völlig unbenommen ist.

Aber dazu sollten vielleicht auch ausgewiesene Juristen sich hier und jetzt mal noch näher äußern.

Mit freundlichen Grüßen

Günter Rudolphi (GR)

Nochmal pointiert:

Es geht hier um einer Altersbestimmung für ein Strafverfahren, und nicht um eine allgemeine Reihenuntersuchung für (minderjährige) Asylbewerber, die in einer Gemeinschaftsunterkunft leben.

Sehr geehrter Herr Rudolphi,
auch wenn dieser Beitrag nun schon etwas älter ist, bin ich gerade hier über ihren Kommentar gestolpert.
Entscheidend ist hier m. M. n. (Laie) der letzte Teil des § 81a Abs. 1 S. 2 StPO: "..., wenn kein Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist". Nun ist der Grad der Gefährdung durch Röntgenuntersuchung laut BfS "nicht sicher erforscht", dass Röntgenstrahlung jedoch generell nachteilig für die Gesundheit sind, steht jedoch außer Frage und wird vom BfS, aber auch in der RÖV so berücksichtigt. Die StPO deckt solche Untersuchungen also gerade nicht von vornherein ab. Die grundsätzlichen ethischen und rechtlichen Bedenken finde ich sehr wohl berechtigt.
Gruß
JTK

https://www.bfs.de/SharedDocs/Downloads/BfS/DE/broschueren/ion/bro-roentgen-nutzen-risiko.pdf?__blob=publicationFile&v=8

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Sehr geehrter Kommentator JTK,

diese Frage ist meines Wissens noch nicht abschließend geklärt, wie weit der § 81a StPO hier ausgelegt werden kann, zumal das Röntgen ja auch einen Eingriff bedeuten kann, und dann nicht nur eine Untersuchung mehr darstellt. Da ist auf jeden Fall der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Diese Fragen spielen ja auch eine Rolle bei der Verabreichung von Brechmitteln zur Sicherstellung von inkorporierten Gegenständen, wie Drogenpäckchen.

Zitat:

Röntgenuntersuchungen im Zusammenhang mit § 81a StPO Stellungnahme des Bundesamts für Strahlenschutz zu Röntgenuntersuchungen im Rahmen der Strafprozessordnung.

Eine körperliche Untersuchung eines Beschuldigten einschließlich einer Röntgenuntersuchung ist nach § 81a Strafprozessordnung (StPO) grundsätzlich zulässig, auch ohne Zustimmung des Beschuldigten. Dies kann auch für das Jugendstrafrecht gelten. Die Anordnung einer körperlichen Untersuchung steht von Ausnahmen abgesehen grundsätzlich dem Richter zu. Der durch die richterliche Anordnung als Sachverständiger nach § 75 StPO bestellte Arzt hat die Pflicht, das Gutachten zu erstellen. Es kann aber kein Zwang entstehen, gegen gültiges Recht zu verstoßen. Die Röntgenverordnung (RöV) verlangt in § 25 Abs. 3, dass u.a. § 25 Abs. 1 Satz 1 entsprechend gilt. Es muss eine der ärztlichen Indikation entsprechende Rechtfertigung gegeben sein, z.B. dadurch, dass die angeordnete Röntgenuntersuchung geeignet ist, die in der richterlichen Anordnung genannten Tatsachen festzustellen oder auszuschließen. Für den Bereich des Asylverfahrensrechts ist die Frage einer Altersbestimmung durch Röntgenuntersuchung der Hände klar mit nein zu beantworten. Es besteht im Asylverfahrensrecht keine Rechtsgrundlage.

Quelle: http://www.apt.drg.de/de-DE/359/stellungnahmen-und-empfehlungen

oder aber dieses Zitat:

Angesichts der unterschiedlichen Ansichten der Rechtsprechung - und der möglicherweise zunehmenden Problematik - ist der Gesetzgeber aufgerufen, hier dringend eine gesetzliche Klärung herbeizuführen.

Quelle: [PDF]Rechtliche Anforderungen an ... - Radiologie und Recht

www.radiologie-recht.de/Dateien/Archiv/2016/Radiologie.und.Recht.2016.01...

(vom Januar 2016)

Das Warten auf den Gesetzgeber ....... kennen aber sicher auch die wirklichen Juristen hier zu Genüge, ist m.E. fast wie mit "Warten auf Godot" vergleichbar, wenn Sie mir diese kleine Ironie noch gestatten.

Mit freundlichen Grüßen

Günter Rudolphi

Henning Ernst Müller schrieb:

Nach heutiger Meldung wird Anklage vor dem Jugendgericht erhoben, da es trotz der Gutachten noch nicht restlos geklärt ist, ob der Beschuldigte zur Tatzeit noch unter bzw. über 21 Jahre alt war. Spiegel Online - Artikel

Wieder ein weiterer Anreiz dafür, seine Papiere bei der Einreise in die EU vorher wegzuwerfen und sich auch noch einer Altersbestimmung mit allen Mitteln zu widersetzen.

 

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Die §§ 6,7 IFSG (Infektionsschutzgesetz) sind auch sehr umfangreich, und dazu wären doch erhebliche und intensive Untersuchungen möglich und zu dulden nach dem § 62 AsylG, sogar für alle "Ausländer, die in einer Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen haben".

Das zur Ergänzung auch noch.

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Außerdem ist eine MRT-Knochenalterbestimmung der linken Hand  ebenfalls möglich (Zitat Deutsche Röntgengesellschaft e.V.):

"Somit könnte die MRT als strahlenfreie Methode eine Alternative zur herkömmlichen Knochenalterbestimmung sein.[...] Die MRT stellt eine nicht-invasive, strahlenfreie und zuverlässige Methode zur Knochenaltersbestimmung in nicht-medizinischen Fragestellungen dar."

Quelle: http://www.drg.de/de-DE/1168/knochenalterbestimmung-mittels-mrt

mit weiteren Hinweisen dazu.

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Das ist so leider nicht ganz zutreffend. Die Knochenalterbestimmung an der Hand funktioniert so nur im Kindesalter, schon zwischen 16-18 Jahre wird es sehr schwierig. Grundsätzlich wird man ab 18 nur das Ergebnis erhalten: "erwachsen". Eine weitere notwendige Differenzierung, ob nun "erwachsen, 18 Jahre alt" oder "erwachsen, 22 Jahre alt" ist leider nicht möglich.

Den entscheidenden Satz der Studie haben Sie nämlich unterschlagen:

18 Kinder zwischen fünf und 18 Jahren wurden in die Studie einbezogen, die beide Untersuchungsmöglichkeiten – Röntgen und MRT – miteinander vergleicht. Sowohl die Röntgenuntersuchung als auch die MR-Untersuchung der linken Hand wurden am gleichen Tag durchgeführt. Resultat: Beide Untersuchungen lieferten die gleichen brauchbaren Ergebnisse.

 

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Wie DIE WELT online heute berichtet, wird das Alter des Angeklagten lt. Gutachten aufgrund einer Untersuchung eines Eckzahns auf 25 Jahre geschätzt (Zitat):

Die Untersuchung eines Eckzahns des Angeklagten hat ergeben, dass Hussein K. 25 Jahre alt ist, sagte die Wissenschaftlerin Ursula Wittwer-Backofen am Dienstag vor dem Landgericht Freiburg.

Quelle: https://www.welt.de/vermischtes/article170397454/Hussein-K-ist-laut-Guta...

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Hier handelt es sich (leider) um eine in der Humanmedizin nicht allgemein anerkannte Methode. Damit sind für die Revision Tür und Tor weit offen.

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"Den entscheidenden Satz der Studie haben Sie nämlich unterschlagen:"

"Hier handelt es sich (leider) um eine in der Humanmedizin nicht allgemein anerkannte Methode."

Ich habe überhaupt nichts unterschlagen, denn jeder Leser sollte bei meinen Links und Quellen immer den ganzen Link / die ganze Quelle ja lesen. Aber Sie dagegen nennen keinerlei Quelle für Ihre Behauptungen in zwei Kommentaren!

Außerdem sind odontologischen Identifizierungen und Altersbestimmungen in der Forensik bei Menschen doch nichts Neues.

 

 

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Gast schrieb:

"Den entscheidenden Satz der Studie haben Sie nämlich unterschlagen:"

"Hier handelt es sich (leider) um eine in der Humanmedizin nicht allgemein anerkannte Methode."

Ich habe überhaupt nichts unterschlagen, denn jeder Leser sollte bei meinen Links und Quellen immer den ganzen Link / die ganze Quelle ja lesen. Aber Sie dagegen nennen keinerlei Quelle für Ihre Behauptungen in zwei Kommentaren!

Außerdem sind odontologischen Identifizierungen und Altersbestimmungen in der Forensik bei Menschen doch nichts Neues.

zu 1) die Quellen zur Bewertung der Altersbestimmung durch Röntgen (oder MRT) der linken Hand wurden doch schon benannt. Neben der von Ihnen selbst genannten Studie (es hat schon seinen Grund, dass man in die Studie nur Teilnehmer bis max. 18 Jahre eingeschlossen hat) nämlich die Ärztetagsbeschlüsse von 2007 und 2010. Damit Sie nicht alles lesen müssen, so zitiere ich aus 2007: " Außerdem ist die Altersfeststellung durch Röntgen der Handwurzelknochen von Jugendlichen wissenschaftlich höchst umstritten und sollte daher auf keinen Fall angewandt werden.“ 

Der Ärztetag war und ist natürlich immer sehr polemisch. Aber auch eine etwas seriösere Quelle, das Deutsche Ärzteblatt, schreibt recht kritisch über die zur Verfügung stehenden Methoden, z.B. hier:

https://www.aerzteblatt.de/archiv/159516/Unbegleitete-minderjaehrige-Fluechtlinge-Strittiges-Alter-strittige-Altersdiagnostik

Hierzu möchte ich (als Mediziner und Radiologe) anmerken: die Altersfeststellung durch Röntgen der linken Hand ist m.E. zwar nicht "wissenschaftlich höchst umstritten", aber sinnvoll nur bis 16 (bis max 18) Jahre anwendbar. Denn die menschliche Hand ist durchschnittlich mit 18 Jahre ausgewachsen, alle Epiphysen vollständig verschmolzen, und die dann noch folgenden diskreten Veränderungen sind höchst unzuverlässig. Eine Differenzierung zwischen 18 Jahren und 21 Jahren (oder mehr) ist also unmöglich.  Leider kann der vollständige Epipyhsenschluss aber auch erst 28 Monate später (oder früher) erfolgen, so dass selbst vollständig geschlossene Epipyhsenfugen nicht mit Sicherheit auf ein Alter von mindestens 18 Jahren schließen lassen (darüber hinaus ist ohnehin keine weitere Differenzierung möglich). Lediglich noch vorhandene Epiphysenfugen lassen ein Alter über 20 - 21 Jahre als sehr unwahrscheinlich erscheinen.

Aber auch unter 18 Jahren ist die Methode in erster Linie nur zu gebrauchen, um eine Differenz zwischen tatsächlichem Alter (bekanntes Geburtsdatum) und biologischem Alter festzustellen, also ggf. eine Wachstumsretardierung oder Akzeleration zu bewerten und dann ggf. nach hormonellen u.a. Ursachen zu suchen und medizinisch gegenzusteuern. Das ist aber nicht die juristische Fragestellung. Der Jurist verlässt sich gerade auf die Angabe, dass das festgestellte "biologische" Alter gleichzusetzen ist mit dem tatsächlichen Alter - ein Trugschluss. Es gibt durchaus Fälle, in denen das biologische Alter 2 bis max. 3 Jahre vom tatsächlichen Alter abweicht, plus und minus. Und dann wird es schon sehr ungenau.

2) noch weit umstrittener ist die odontologische Altersfeststellung (nicht die klassische mittels Zahnstatus, vielmehr die aus der Veterninärmedizin übernommene Methode mit Zählung der "Jahresringe", etwa seit 1990. Hierzu fehlt es einfach an ausreichenden Studien, die eine vernünftige Standardabweichung angeben lassen. So gibt es einige Studien (mit kleinen Zahlen), die von 2,5 Jahren Abweichung sprechen, andere Studien gehen von +- 5 Jahren aus (jeweils doppelte Standardabweichung, also 95 Prozent- Rahmen). Und andere Studien bewerten diese tiermedizinische Methode für den Menschan als völlig ungeeignet.

Selbst die Gesellschaft der Rechtsmediziner AGFAD erwähnt die Zahnzementmethode in ihrer Stellungnahme nicht, sondern empfiehlt lediglich Aufnahmen zur Beurteilung des Zahnstatus (also Beurteilung von Milchzähnen, Molaren, Weißheitszähne etc.)

Gemäß § 25 Abs. 1 der Röntgenverordnung ist der Einsatz von Röntgenstrahlen am Menschen bei fehlender medizinischer Indikation in „durch Gesetz vorgesehenen oder zugelassenen Fällen“ sehr wohl gestattet. Dementsprechend wurde von der AGFAD als am besten geeignete Methodik für die forensische Altersdiagnostik bei lebenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei vorhandener Rechtsgrundlage für Röntgenuntersuchungen die Kombination aus einer körperlichen Untersuchung, einer zahnärztlichen Untersuchung mit Auswertung einer Röntgenaufnahme des Gebisses sowie eine Röntgenuntersuchung der Hand empfohlen. Bei abgeschlossener Handskelettentwicklung soll eine zusätzliche Röntgen- oder CT-Untersuchung der Schlüsselbeine erfolgen (Schmeling et al. 2008, Rechtsmedizin 18:451-453). Bei fehlender Rechtsgrundlage für Röntgenuntersuchungen empfiehlt die AGFAD eine körperliche Untersuchung und eine Inspektion der Mundhöhle (Lockemann et al. 2004, Rechtsmedizin 14:123-125). Durch den Einsatz röntgenstrahlenfreier bildgebender Verfahren ist in naher Zukunft eine deutliche Verbesserung der Aussagesicherheit von Altersschätzungen ohne erforderliche Legitimation für Röntgenuntersuchungen zu erwarten. https://www.dgrm.de/startseite/news-dgrm/stellungnahme-zum-thema-altersschaetzung/

Die Zahnzementmethode hingegen wird von der AGFAD gar nicht erwähnt, da sie nicht etabliert ist, nicht evidenzbasiert (zu wenige und widersprüchliche Studien beim Menschen) und ist z.Zt. keine Empfehlung der AGFAD. Wenn man sich also in einem Prozess auf eine Außenseitermethode stützt, die nicht "leitliniengerecht" ist, so ist das Urteil später zumindest anfechtbar.

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Jeder Leser kann sich mal selber über die odontologischen Untersuchungen bei menschlichen Leichen informieren, bei lebenden Menschen kann das ja auch kaum gemacht werden.

Aber das sind anerkannte Methoden, auch bei Menschen.

Auch dieses Zitat kann ein Leser finden:

"Da die Mineralieneinlagerung außerdem auch noch schubweise erfolgt, entstehen im Querschnitt des Zahns Jahresringen an Bäumen ähnliche von Ebnersche Inkrementlinien (Terminologia histologica: Lineae incrementales dentinales; englisch: dentinal incremental lines), die auf lokal unterschiedlich hohen Konzentrationen des Kalziumhydroxylapatits beruhen."

Quelle: https://www.uni-mainz.de/FB/Medizin/Anatomie/workshop/EM/EMZahn.html

Bitte also auch diesen Artikel mal komplett lesen:

http://www.badische-zeitung.de/freiburg/altersgutachterin-hussein-k-ist-...

Da steht dann auch noch mehr dazu, auch noch zu einem anderen Gutachten!

Günter Rudolphi schrieb:

Bitte also auch diesen Artikel mal komplett lesen:

http://www.badische-zeitung.de/freiburg/altersgutachterin-hussein-k-ist-...

Da steht dann auch noch mehr dazu, auch noch zu einem anderen Gutachten!

Der Artikel in der Badischen Zeitung ist recht gut und informativ, vielen Dank.

Wesentliches Zitat für mich ist die Aussage des Rechtsmediziners:

Sein Resümee: Alle Untersuchungen zusammengenommen, liege das absolute Mindestalter bei 19 Jahren. Das ist für ihn der unterste mögliche Wert. Das wahrscheinliche Lebensalter bezifferte er auf 22 bis 23 Jahre, immer bezogen auf den Zeitpunkt bei der Festnahme.

Die Zahnzementanalyse spielt im Repertoire von Professor Schmelings Methoden zur Altersbestimmung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen keine Rolle, wie er auf Nachfrage von Nebenklagevertreter Bernhard Kramer erklärt. Das liege schlicht daran, dass es sehr selten sei, dass ein Zahn eines zu Begutachtenden untersucht werden könne. Schmeling: "Das ist hier der erste Fall, der mir bekannt ist, in dem ein extrahierter Zahn zur Analyse vorgelegen hat."

Ergebnis: Alle evidenzbasierten Methoden lagen vor. Der Rechtsmediziner ermittelt ein durchschnittliches Alter von 22-23, ein Mindestalter jedoch von 19 Jahren.

Nach den Kriterien der DGRM darf in der Regel ("im Zweifel für den Angeklagten") jedoch nur vom Mindestalter ausgegangen werden, also 19 Jahre.

Die Methode der Jahresringe ist dem erfahrenen Rechtsmediziner noch niemals untergekommen. Sie mag vielversprechend sein, wird jedoch nur von einigen wenigen Anthropologen (in der Regel Biologen) angewandt. Die Berliner Gruppe geht z.B. von einer Abweichung von ca. 5 Jahren plusminus aus, andere Anthropologen lehnen sie ganz ab, die DGRM führt sie nicht in ihren Empfehlungen auf.

Im Endergebnis wird man von 19 Jahen (Mindestalter) ausgehen müssen. Alles andere wäre Spekulation.

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Im Endergebnis wird man von 19 Jah(r)en (Mindestalter) ausgehen müssen.

Für den Fall, daß das erkennende Gericht bei diesem mehr oder weniger einmaligen Fall mit einem noch vorhandenen Zahn bei einem Angeklagten lediglich nach herkömmlichen Methoden der Altersbestimmung urteilt, stimme ich dem ja auch zu. Aber es ist ja nicht daran gebunden und kann sich m.E. auch von den hier ja anwendbaren Methoden der Freiburger Rechtsmediziner überzeugen lassen.
Und das Jugendstrafrecht ist für das Alter über 18 Jahre außerdem auch nicht mehr zwingend vorgeschrieben.
Das ist zugegeben eine Spekulation, aber der Angeklagte gab sowohl die Tat, als auch seine falsche Altersangabe bereits zu.
Um aber nicht nur um den heißen Brei herumzureden, ich würde in diesem Fall das Erwachsenenstrafrecht auch anwenden, evtl. nach weiteren Gutachten zur Gesamtpersönlichkeit des Angeklagten.

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Gast schrieb:

Im Endergebnis wird man von 19 Jah(r)en (Mindestalter) ausgehen müssen.

Für den Fall, daß das erkennende Gericht bei diesem mehr oder weniger einmaligen Fall mit einem noch vorhandenen Zahn bei einem Angeklagten lediglich nach herkömmlichen Methoden der Altersbestimmung urteilt, stimme ich dem ja auch zu. Aber es ist ja nicht daran gebunden und kann sich m.E. auch von den hier ja anwendbaren Methoden der Freiburger Rechtsmediziner überzeugen lassen.
Und das Jugendstrafrecht ist für das Alter über 18 Jahre außerdem auch nicht mehr zwingend vorgeschrieben.
Das ist zugegeben eine Spekulation, aber der Angeklagte gab sowohl die Tat, als auch seine falsche Altersangabe bereits zu.
Um aber nicht nur um den heißen Brei herumzureden, ich würde in diesem Fall das Erwachsenenstrafrecht auch anwenden, evtl. nach weiteren Gutachten zur Gesamtpersönlichkeit des Angeklagten.

Da sind wir völlig einer Meinung.

Ich verstehe ohnehin nicht, warum fast immer bis 21 Jahre Jugendstrafrecht angewandt wird. Eine Unsitte.

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Übrigens wird doch kein seriöser Forensiker alleine aus einer Handwurzel-Röntgen-Aufnahme ein Alter mit einer Untergrenze über die 18 Jahre hinaus sicher bestimmen wollen.

Auch für den "Gast" aber noch Zitate:

1 Einführung
Die forensische Odonto- Stomatologie bildet als Teilbereich sowohl der Rechtsmedizin als auch der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde ein selbständiges Wissensgebiet innerhalb der forensischen Wissenschaften.

[...]

3.2 Die Wurzeldentintransparenzmessung als Methode zur Alterschätzung bei unbekannten Toten
Während bis zum Abschluss der Zahnentwicklung die Beurteilung von Zahndurchbruch und -mineralisation relativ genaue Altersdiagnosen ermöglicht, sind Altersschätzungen im höheren Lebensalter mit größeren Streubreiten behaftet.
Die erste wissenschaftliche, für das Erwachsenenalter verwendbare Methode wurde von Gustafson (1955) beschrieben. Gustafson erfasste sechs Parameter (Abrasion, Zustand des Parodonts, Sekundärdentinbildung, Zementapposition, Wurzelresorption und Wurzeldentintransparenz) an Zahnschliffen.
Die Methode nach Gustafson wurde von Dalitz (1962) und Johanson (1971) hinsichtlich der verwendeten Parameter und des Punktesystems modifiziert.

(Aus einer Dissertation der FU-Berlin)

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Gast schrieb:

Auch für den "Gast" aber noch Zitate:

1 Einführung
Die forensische Odonto- Stomatologie bildet als Teilbereich sowohl der Rechtsmedizin als auch der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde ein selbständiges Wissensgebiet innerhalb der forensischen Wissenschaften.

[...]

3.2 Die Wurzeldentintransparenzmessung als Methode zur Alterschätzung bei unbekannten Toten
Während bis zum Abschluss der Zahnentwicklung die Beurteilung von Zahndurchbruch und -mineralisation relativ genaue Altersdiagnosen ermöglicht, sind Altersschätzungen im höheren Lebensalter mit größeren Streubreiten behaftet.
Die erste wissenschaftliche, für das Erwachsenenalter verwendbare Methode wurde von Gustafson (1955) beschrieben. Gustafson erfasste sechs Parameter (Abrasion, Zustand des Parodonts, Sekundärdentinbildung, Zementapposition, Wurzelresorption und Wurzeldentintransparenz) an Zahnschliffen.
Die Methode nach Gustafson wurde von Dalitz (1962) und Johanson (1971) hinsichtlich der verwendeten Parameter und des Punktesystems modifiziert.

(Aus einer Dissertation der FU-Berlin)

Mit Verlaub, das ist doch höchst unseriös, selbst für einen Juristen (der ich nicht bin, ich bin Radiologe). Man kann doch nicht über das Leben eines Menschen (hier: Jugendstrafrecht oder Erwachsenenstrafrecht) entscheiden, nur weil man eine Dissertation gefunden hat, die Genauigkeit einer neuen Methode suggeriert. Oder einen Gutachter, der dem Gericht vorgaukelt, er würde nach einer etablierten Methode vorgehen. M.E. hat sich ein Richter an Leitlinien und den Empfehlungen der Fachgesellschaften zu orientieren, hier also der "Arbeitsgemeinschaft für Forensische Altersdiagnostik (AGFAD) der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin, die für eine wissenschaftliche Fundierung und internationale Harmonisierung der forensischen Altersdiagnostik bei lebenden Personen verantwortlich zeichnet. Nicht evidenzbasierte Methoden einzelner Rechswissenschaftler (hier hat die Staatsanwaltschaft wohl eine solche gefunden) müssen vom Gericht zumindest sehr kritisch hinterfragt werden. Eine Bewertung einer solchen Methode sollte durch einen weiteren Gutachter der DGRM erfolgen (vielleicht gibt es ja seit den letzten 3 Jahren neue Erkenntnisse, die noch nicht veröffentlicht sind)?

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Mit Verlaub, das ist doch höchst unseriös, selbst für einen Juristen...

GR ist kein Jurist, sondern nur jemand, der immer alles besser weiß.

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Gast schrieb:

Mit Verlaub, das ist doch höchst unseriös, selbst für einen Juristen...

GR ist kein Jurist, sondern nur jemand, der immer alles besser weiß.

Wenn Sie schon etwas als ein Zitat (von mir) hier anführen, werter "Gast", dann sollte das doch auch genau so von mir geschrieben worden sein.

Da das aber nicht der Fall ist, erübrigt sich das ja von alleine und fällt Ihnen doch voll auf die eigenen Füße.

Sie mögen zwar formal ein Jurist sein, verfälschen aber Zitate, und das ist hier doch das allein Maßgebliche.

 

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Sorry für das Versehen, zitiert wurde von "Gast" um 12:33 Uhr offensichtlich ein anderer "Gast" von 10:29 Uhr, das wußte ich aber noch nicht beim Verfassen meines Kommentars um 12:42 Uhr, hatte das auch nicht auf meinem eigenen Email-Account gehabt.

Da gab es leider eine Panne, für die ich auch um Entschuldigung bitte.

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Gast schrieb:

Sorry für das Versehen, zitiert wurde von "Gast" um 12:33 Uhr offensichtlich ein anderer "Gast" von 10:29 Uhr, das wußte ich aber noch nicht beim Verfassen meines Kommentars um 12:42 Uhr, hatte das auch nicht auf meinem eigenen Email-Account gehabt.

Da gab es leider eine Panne, für die ich auch um Entschuldigung bitte.

NP. Bei den vielen Gästen wird das auch unübersichtlich. Sollte vielleicht doch mal über einen eigenen Nick nachdenken ...

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