Das Kopftuch vor den Gerichten

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 10.07.2017
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht198|25961 Aufrufe

I. Beschluss des BVerfG im einstweiligen Rechtsschutz

Mit Beschluss vom 27.6.2017 (2 BvR 1333/17) hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung einer Referendarin im juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Hessen abgelehnt. Die Beschwerdeführerin hat die deutsche und die marokkanische Staatsbürgerschaft und trägt als Ausdruck ihrer individuellen Glaubensüberzeugung in der Öffentlichkeit ein Kopftuch. In Hessen dürfen hingegen Rechtsreferendarinnen, die aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen, bei Verhandlungen im Gerichtssaal nicht auf der Richterbank sitzen, keine Sitzungsleitungen und Beweisaufnahmen durchführen, keine Sitzungsvertretungen für die Amtsanwaltschaft übernehmen und während der Verwaltungsstation keine Anhörungsausschusssitzung leiten (Erlass des Hessischen Ministeriums der Justiz vom 28. Juni 2007 in Verbindung mit § 27 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die juristische Ausbildung - JAG - in Verbindung mit § 45 Hessisches Beamtengesetz - HBG). Die Beschwerdeführerin, hatte sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde und dem damit verbundenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen diese Beschränkungen gewandt und vornehmlich die Verletzung ihrer Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und ihrer Glaubensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) gerügt. Der Antrag hatte beim BVerfG keinen Erfolg. Für die Bewertung dieser Entscheidung ist es wichtig zu wissen, dass das BVerfG im einstweiligen Rechtsschutz eine Folgenabwägung durchführt. Auf diesem Wege gelangt das BVerfG zu dem Ergebnis, das das erforderliche Überwiegen der Gründe, die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechen, hier nicht festgestellt werden kann.

Erginge die einstweilige Anordnung nicht, erwiese sich später die Verfassungsbeschwerde jedoch als begründet, dann wäre die Beschwerdeführerin zwar bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde in Grundrechten, nämlich vor allem in ihrer individuellen Glaubensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) verletzt. Das BVerfG weit indes darauf hin, dass das Kopftuchverbot in zeitlicher sowie örtlicher Hinsicht lediglich begrenzt eingreift, indem die Beschwerdeführerin ausschließlich von der Repräsentation der Justiz oder des Staates ausgeschlossen wird. Hingegen blieben die übrigen, weit überwiegenden Ausbildungsinhalte im Rahmen der Einzelausbildung oder der Arbeitsgemeinschaften unberührt.

Erginge indessen die einstweilige Anordnung, hätte die Verfassungsbeschwerde aber keinen Erfolg, würden die vom Landesgesetzgeber mit § 27 JAG in Verbindung mit § 45 HBG verfolgten Belange, die mit denen der Beschwerdeführerin zumindest gleich zu gewichten sind, einstweilen nicht verwirklicht. Der freiheitliche Staat des Grundgesetzes sei gekennzeichnet von Offenheit gegenüber der Vielfalt weltanschaulich-religiöser Überzeugungen und gründe dies auf ein Menschenbild, das von der Würde des Menschen und der freien Entfaltung der Persönlichkeit in Selbstbestimmung und Eigenverantwortung geprägt sei. Der Staat dürfe keine gezielte Beeinflussung im Dienste einer bestimmten politischen, ideologischen oder weltanschaulichen Richtung betreiben oder sich durch von ihm ausgehende oder ihm zuzurechnende Maßnahmen ausdrücklich oder konkludent mit einem bestimmten Glauben oder einer bestimmten Weltanschauung identifizieren. Dies gälte nach der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG insbesondere auch für den vom Staat garantierten und gewährleisteten Bereich der Justiz. Das Grundgesetz gewährleiste den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, vor einem unabhängigen und unparteilichen Richter zu stehen, der die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber allen Verfahrensbeteiligten und dem Verfahrensgegenstand bietet. Auch Rechtsreferendare, die als Repräsentanten staatlicher Gewalt auftreten und als solche wahrgenommen werden, hätten das staatliche Neutralitätsgebot zu beachten. Das Einbringen religiöser oder weltanschaulicher Bezüge durch Rechtsreferendare könne den in Neutralität zu erfüllenden staatlichen Auftrag der Rechtspflege und der öffentlichen Verwaltung beeinträchtigen. Ein islamisches Kopftuch sei ein religiös konnotiertes Kleidungsstück. Werde es als äußeres Anzeichen religiöser Identität verstanden, so bewirke es das Bekenntnis einer religiösen Überzeugung, ohne dass es hierfür einer besonderen Kundgabeabsicht oder eines zusätzlichen wirkungsverstärkenden Verhaltens bedarf. Darüber hinaus sei die negative Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Prozessbeteiligten zu berücksichtigen. Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gewährleiste die Freiheit, kultischen Handlungen eines nicht geteilten Glaubens fernzubleiben. Es erscheint nachvollziehbar, wenn sich Prozessbeteiligte in ihrem Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 GG verletzt fühlen, wenn sie dem für sie unausweichlichen Zwang ausgesetzt werden, einen Rechtsstreit unter der Beteiligung von Repräsentanten des Staates zu führen, die ihre religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen erkennbar nach außen tragen.

II. Das Kopftuch vor den Berliner Arbeitsgerichten

Das muslimische Kopftuch beschäftigt derweil auch die Berliner Arbeitsgerichtsbarkeit. Eine muslimische Lehrerin, die ein Kopftuch trägt und bei der Bewerbung in Berlin abgelehnt wurde, bekommt – wie jetzt bekannt wurde - Geld vom Land Berlin. Wie das ArbG Berlin (PM Nr. 13/17 vom 26.06.2017 - 58 Ca 7190/17 und 58 Ca 7193/17)  mitteilte, schlossen beide Parteien einen Vergleich. Das Land Berlin habe sich zur Zahlung von zwei Monatsgehältern (insgesamt 8.680 Euro) verpflichtet. In einem zweiten Fall einer kopftuchtragenden Lehrerin soll es eine weitere mündliche Verhandlung geben. Die Frauen hatten sich auf eine Stelle an einer Berliner Schule beworben. Im Bewerbungsgespräch habe es Hinweise darauf gegeben, dass sie als Lehrerinnen an der Schule kein Kopftuch aus religiösen Gründen tragen dürften. Dies sei mit dem Berliner Neutralitätsgesetz “ (Gesetz zu Artikel 29 der Verfassung von Berlin vom 27.01.2005, GVBl. 2005, 92) begründet worden. Das Berliner Neutralitätsgesetz schreibt vor, dass Polizisten, Lehrer und Justizmitarbeiter im öffentlichen Dienst keine religiös geprägten Kleidungsstücke tragen dürfen. Hier schließt sich das ArbG Berlin allerdings offenbar dem LAG Berlin (Urt. v. 14.4.2016, NZA-RR 2017, 378an. Dieses hatte –  schon zuvor in einem vergleichbaren Fall klargestellt, dass das Berliner Neutralitätsgesetz im Hinblick auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 27.01.2015 (1 BvR 471/10 und 1 BvR 1181/10, NJW 2015, 1359, ) und vom 18.10.2016 (1 BvR 354/11, NJW 2017, 381) einschränkend ausgelegt werden müsse. Nach der hiernach vorgegebenen erheblichen Bedeutung der Glaubensfreiheit sei ein generelles Verbot eines muslimischen Kopftuchs ohne konkrete Gefährdung nicht zulässig. Wenn eine konkrete Gefährdung durch die Bewerberin nicht geltend gemacht werden kann, geht die Berliner Arbeitsgerichtsbarkeit mithin von einem entschädigungspflichtigen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG aus.

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198 Kommentare

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Der Richter hatte sich vielleicht auch lediglich ungeschickt geäußert. Hätte er aber z.B. gesagt, nach seinem Eindruck haben sich Zeuginnen oder Angeklagte durch eine so präsente kopftuchtragende Zuschauerin verängstigt gezeigt und / oder befangen, dann sähe die Sache ja wieder anders aus. Das Pauschale war schon unklug gewesen und auch da ist nicht jeder Richter eben auch jemand, der solche Fehler erst gar nicht macht.

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Der Jugendrichter hatte sich nicht "lediglich ungeschickt geäußert". Das sehe ich genauso wie Leser. Ja, diese Sorte von Richtern ist leider immer noch nicht ausgestorben: Mein Gerichtssaal - meine Regeln. Auch ich bin schon mal aus dem Gerichtssaal geflogen, und das nur weil ich eine Mitschrift während der Sitzung angefertigt hatte. Die schon etwas betagte Richterin meinte damals, sie sei es gewohnt, dass man sie vor der Sitzung in ihrem Dienstzimmer aufsucht und dafür um Erlaubnis bittet. Dagegen war kein Kraut gewachsen.

Ihre obige Begründung des sitzungspolizeilichen Kopftuchverbots ist bloß Phantasterei und keineswegs besser. Um zumindest mal die Willkür der Entscheidung aus der Welt zu schaffen, reicht zwar bloß ein denkbarer Aspekt aus. Das ändert aber nichts an dem Erfordernis einer konkreten Störung. Wäre es aber tatsächlich so gewesen, dass ein Zeuge seine Aussage verweigert hätte, weil er seine Aussage auch vor seinem Gott hätte machen wollen und sich dabei durch die Anwesenheit einer Kopftuch tragenden Zuhörerin beeinträchtigt gesehen hätte, dann läge die Störung nicht in dem religiösen Kopftuch der Zuhörerin, sondern in der fehlenden Toleranz des Zeugen für anders Gläubige. Die Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung in einer gerichtlichen Sitzung umfasst aber nicht die Intoleranz des Einzelnen für andere Religionen.

 

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"Ihre obige Begründung des sitzungspolizeilichen Kopftuchverbots ist bloß Phantasterei und keineswegs besser."

Meine eigenen Erfahrungen aus Gerichtsverhandlungen und mit anderen Menschen sind keine Begründungen meinerseits und auch keine Rechtfertigungen, lediglich eine vermutete Motivation oder auch eine Vermutung über eine eingerissene Verhaltensweise bei anderen Personen / hier also bei einem Jugendrichter.

Dieser feine Unterschied scheint bei Ihnen aber nicht angekommen zu sein.

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Mit Entscheidungen wie der des BVerfG wird der Rechtsstaat langsam, aber sicher zerstört. Dem Jugendrichter wird vom BVerfG eben kein Ermessen gelassen. Jeder, mit dem ich gesprochen habe, fand die Verfügung des Jugendrichters gut und richtig. Man kann natürlich auch anderer Meinung sein. Aber das Wort eines Richters ist nichts mehr wert, wenn der Richter schon bei Peanuts wie der Sitzungsordnung gegängelt wird. Wer soll da eigentlich vor staatlichen Institutionen noch Achtung haben?

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Schulze schrieb:

Mit Entscheidungen wie der des BVerfG wird der Rechtsstaat langsam, aber sicher zerstört.

Wenn man die richterliche Unabhängigkeit als Unabhängigkeit von Recht und Gesetz begreift und wenn man richterliche Willkür als richterliches Ermessen bezeichnet, dann kann man ja auch konsequenterweise Willkürherrschaft meinen, aber von Rechtsstaat sprechen.

Schulze schrieb:

Wer soll da eigentlich vor staatlichen Institutionen noch Achtung haben?

Nach obigem Verständnis? Niemand, hoffe ich.

Schulze schrieb:

Dem Jugendrichter wird vom BVerfG eben kein Ermessen gelassen.

Ja, das ist richtig, weil in der Entscheidung des Jugendrichters das Ermessen nichts zu suchen hat. Denn - wie in der Generalklausel des Polizei- und Ordnungsrechts - die Ermessensausübung liegt auf der Rechtsfolgenseite und setzt das Vorliegen des Tatbestandes voraus. Es muss also zunächst eine Störung vorliegen. Eigentlich ist das Basiswissen. Aber ich zitiere dazu trotzdem noch das BVerfG aus der o.a. Entscheidung (Rn. 18-19):

"Um sein Ermessen ausüben zu können, muss der Richter zuvor allerdings prüfen, ob eine Beeinträchtigung der Ordnung der Sitzung durch das Verhalten eines Prozessbeteiligten oder Zuschauers überhaupt vorliegt oder konkret zu besorgen ist (Wolf, a.a.O., Rn. 8).

Diese Prüfung hat der Jugendrichter nicht vorgenommen."

 

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Waldemar R. Kolos schrieb:

..... und wenn man richterliche Willkür als richterliches Ermessen bezeichnet, dann kann man ja auch konsequenterweise Willkürherrschaft meinen, aber von Rechtsstaat sprechen.

[...]
 

Ja, das ist richtig, weil in der Entscheidung des Jugendrichters das Ermessen nichts zu suchen hat.

Hier sträuben sich mir aber die Haare bei diesen doch lediglich pseudologischen Erklärungen, denn wenn ein Richter doch sagt, bei mir gibt es generell keine Kopftücher, dann ist das im strengen Sinn bei ihm ja keine Willkür mehr, sondern eine geplante und auch weiter eine bei ihm planbare Entscheidung, das ist aber nach der Logik das Gegenteil bei ihm von Willkür.

Erst wenn man andere Richterentscheidungen auch noch heranzieht, dann darf man den Begriff der Willkür verwenden.

Sorry, Sie müssen da schon noch auf die Ebenen dabei achten.

(Für die Administration des Blogs: Offensichtlich hat die Software hier öfters mal Probleme)

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Lesen Sie doch einfach mal, was der rechtliche Begriff des Ermessens beudeutet, und dann reden wir weiter. Ermessen ist nicht Willkür, sondern vielfach beschränkt. Insbes. ist ein Ermessensnichtgebrauch keine zulässige Ermessensausübung. Es wäre wirklich schön, wenn Sie sich vor dem Schreiben informieren wüden.

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Ich hatte lediglich die Argumentation eines anderen Kommentators  (Herrn Kolos) doch aufgegriffen, der auf Herrn Schulze geantwortet hatte, aber das war ja auch niemals meine eigene Argumentation gewesen!

Auch das ist nun bei Ihnen doch bisher noch nicht angekommen.

Was aber einen Mißbrauch eines Ermessensspielraums betrifft, diese Belehrung trifft mich doch nicht.

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GR schrieb:

denn wenn ein Richter doch sagt, bei mir gibt es generell keine Kopftücher, dann ist das im strengen Sinn bei ihm ja keine Willkür mehr, sondern eine geplante und auch weiter eine bei ihm planbare Entscheidung, das ist aber nach der Logik das Gegenteil bei ihm von Willkür.

 

Erst wenn man andere Richterentscheidungen auch noch heranzieht, dann darf man den Begriff der Willkür verwenden.

Dieser Unsinn, der auf Planungsvorbehalt und Planungsvorrang hinausläuft, kann nur ein Produkt Ihrer Phantasie sein, die Sie Logik nennen und die wieder mal mit Ihnen durchgegangen ist.

Noch einmal, extra für Sie, was unter Willkür zu verstehen ist:

"Eine Verletzung des Willkürverbots liegt vor, wenn die Rechtsanwendung oder das Verfahren unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 80, 48 <51>; 83, 82 <84>; 86, 59 <63>)."

Rechtsanwendung ist das Stichwort, nicht Planung. Wenn es also nicht denkbar(!) ist, das Tragen eines religiösen Kopftuchs unter "Störung der Sitzung" oder "Missachtung gegenüber der Richterbank oder anderen Anwesenden" noch vertretbar zu subsumieren, dann ist das sitzungspolizeiliche Kopftuchverbot willkürlich. Das ist auch keine Frage des Ermessens.

 

 

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Auch ohne eine Wiederholung hatte das doch jeder verstanden, was damit gemeint ist. Die juristische Diktion ist mir doch auch bekannt.

 

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W.R.K. schrieb:

Wenn es also nicht denkbar(!) ist, das Tragen eines religiösen Kopftuchs unter "Störung der Sitzung" oder "Missachtung gegenüber der Richterbank oder anderen Anwesenden" noch vertretbar zu subsumieren, dann ist das sitzungspolizeiliche Kopftuchverbot willkürlich. Das ist auch keine Frage des Ermessens.

Die Prämisse dabei ist: Es ist nicht "denkbar"(!).

Denkbar ist grundsätzlich alles, ob es aber laut und zu einer bestimmten Zeit gedacht wird, ist eine andere Frage.

Und wenn es mal auch noch normative Regeln dazu gibt, dann können das auch  Juristen sicher unbeschadet und unbedenklich m.E. denken.

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Aber auch hier beim Art. 4 GG halte ich, wie auch beim Art. 1 GG, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UN dem GG überlegen und verweise darauf mit einem Zitat:

Gedankenfreiheit, Gewissensfreiheit und Religionsfreiheit

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verbürgt in ihrem Artikel 18 die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.

Mit der Gewissens- und Gedankenfreiheit wird jedermann garantiert, dass er seine Gedanken und sein Gewissen bilden darf, ohne hierbei staatlichem Zwang ausgesetzt zu sein. Artikel 18 verbietet nicht die Prägung des Gewissens durch Erziehung und Sozialisation. Aber er verbietet Zwang und unbewusst wirkende Einflussnahmen und Manipulationen.

Artikel 18 verbürgt die Religionsfreiheit sowohl im privaten wie im öffentlichen Raum. Die Religionsfreiheit umfasst sowohl die Bildung der eigenen religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen wie auch ihren Wechsel und ihre private oder öffentliche Kundgabe einschließlich der Weitergabe, der Lehre und des Ritus.

Dieses so in Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte umschriebene Menschenrecht wird später wieder in Artikel 18 des UN-Zivilpaktes aufgenommen, näher ausgeformt und verbindlich definiert. Und auch die UN-Kinderrechtskonvention greift dieses Thema nochmals auf und schützt die religiöse Kindererziehung.

 

Artikel 18

Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder seine Weltanschauung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen.

 

Quelle: https://www.menschenrechtserklaerung.de/gedankenfreiheit-gewissensfreihe...

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Der EUGH hat bereits festgestellt, "dass das Verbot für Arbeitnehmer, Zeichen politischer, philosophischer oder religiöser Überzeugungen sichtbar zu tragen, zur Gewährleistung der ordnungsgemäßen Anwendung einer Politik der Neutralität geeignet ist, sofern diese Politik tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise verfolgt wird" (EuGH EuZW 2017, 480).

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Quote:

Und wenn es mal auch noch normative Regeln dazu gibt, dann können das auch  Juristen sicher unbeschadet und unbedenklich m.E. denken.

Das "unbedenklich" für Juristen (!)  aber wurde doch von sehr vielen Juristen so gezeigt vor dem GG und vor 1945, wenn ich nicht irre.

We waren nicht alle, aber viel zu viele!

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Sie haben es offensichtlich nicht verstanden. Natürlich lag eine Störung vor. Das Tragen von Kopfbedeckungen empfindet der Richter völlig zu Recht als Störung. Und seine Handhabung einer Gleichbehandlung aller Kopfbedeckungen ist frei von jeder Willkür. Für willkürlich halte ich allein die Entscheidung des BVerfG.

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Das "negativ" und "positiv" könnte man zur Religionsfreiheit auch weglassen. Der Glaube zu wissen, das es keinen Gott gibt, ist im (natur)wissenschaftlichen Sinne auch eine Religion. Der Wert von Wissenschaft ist eher nicht die Manifestierung von absoluten Wahrheiten, sondern (nur und immerhin) von ableitbaren Folgerungen auf der Basis von Axiomen, die letztlich grundlegende Übereinkünfte bzw. Dogmen aus ganz pragmatischen Gründen sind. Es gibt keinen Gott, ist ein Dogma wie die entgegengesetze Behauptung und Beides schwer zu beweisen. Gläubigkeit ist als Phänomen aber eine wissenschaftlich feststellbare Wahrheit und muss als anerkanntes Menschenrecht auch an fast jedem öffentlichen Ort ertragen werden. Einschränkungen kann es doch nur dann geben, wenn die konkrete Religionsausübung die weltlichen Übereinkünfte für den öffentlichen Raum unzulässig beschränkt werden. Wenn eine Referendarin aus religiösen Gründen auf der Richterbank ein Kopftuch tragen muss, dann kann sie damit eigentlich nicht ausschließlich an weltliches Recht und Gesetz gebunden sein, wie es die Rechtsordnung in dieser Rolle erfordert. Dem steht formal der Kopftuchzwang aus Glaubensgründen entgegen. Andererseits gehört das Richter-Bankdrücken u.U. wohl auch zur Ausbildung einer Anwaltin. Wenn das fakultativ ist und durch Alternativen ersetzt werden kann, dann steht der Juristenausbildung mit Kopftuch aber ohne Richterbank allerdings nichts entgegen. Denkbar wäre aber auch, das eine Mitwirkung unter dem Vorbehalt des Einverständnisses der Parteien ermöglicht wird. Letztlich muss doch die Verfahrensleitung eine angemessene Regelung treffen. Die generelle Ausweitung eines Kopftuchverbots auf Parteien und ihre Vertreter oder sogar alle Anwesenden im Saal, wüsste ich aber nicht mit vernünftigen Argumenten zu vereinbaren.             

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Bei allen Diskussionen um das Tragen religiöser Symbole wird auch immer eingeworfen, die Haube von christlichen Ordensfrauen oder auch der Habit zum Beispiel wäre das Gleiche wie das islamische Kopftuch oder andere Formen, auch wird immer die Kippa als anderes religiöses Symbol herangezogen von der Verteidigern des islamischen Kopftuchs und anderer Kopfbedeckungen oder Verhüllungen.

Eines aber muß man dabei aber m.E. doch auch noch wissen: Im Judaismus wird nicht missioniert, im Christentum schon, besonders aber im Islam mit seinen archaischen Vorstellungen zu den Geschlechtern, auch zu den anderen Buchreligionen (Christentum und Judaismus) nach islamischer Diktion und auch Tradition, deren Anhänger tributpflichtig sind und damit Dhimmis, als Voraussetzung zu deren Duldung im Islam. Zum "Haus des Friedens" und zum "Haus des Kriegs" nach  islamischer Diktion und Tradition wäre aber auch noch einiges mehr zu sagen.

Juristisch gibt es sicher einige Probleme bei der Einordnung der Kopfbedeckungen, aber auf die Haube zum Beispiel dürften christliche Frauen vermutlich doch vor Gericht leicht verzichten können, weitere Verhüllungen der Köpfe oder Gesichter sind aber doch im Christentum weitgehend unüblich.

Also das "Hauben-Argument" bei den Frauen, oder das "Kippa-Argument" bei den Männern zieht nicht wirklich.

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Vor hohen kirchlichen Würdenträgern tragen Katholikinnen aus Respekt auch Kopftuch und Schleier

Das ist dann ja eine innerkirchliche Angelegenheit, wäre also nicht zu vergleichen mit einer Situation in einem staatlichen Gericht vor einem staatlichen Richter.

Eines aber möchte ich noch betonen: Viele Moslems wollen einen modernen Islam leben, auch mit Toleranz gegenüber anderen Religionen oder "Ungläubigen" und Integration in die hiesige Gesellschaft, nur sind die innerislamischen Traditionalisten sehr stark dagegen und ein Mustafa Kemal Pascha "Atatürk" - mit seinen Reformen und seiner Säkularisierung - wurde ja längst zurückgedrängt in der Türkei, und aus der Türkei kamen sehr viele Einwanderer und das geht ja auch noch weiter, auch über Familiennachzug.

Erdogan und seine AKP agitieren weiter gegen die Säkularisierung und die DITIB ist ja sein verlängerter Arm hier. Die Rechtsanwältin Seyran Ateş mit ihrer liberalen Moschee in Berlin aber erhält Todesdrohungen.

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-07/seyran-ates-libera...

Viele Richter in der Türkei wurden und werden auch nun entlassen, das alles hat wahrscheinlich auch Folgen noch hier in der Zukunft für die BRD, auch innerhalb von türkischen und türkischstämmigen Bürgern.

Das "Gesetz zur Neutralität bei Gerichten und Staatsanwaltschaften" in BaWü ist übrigens verabschiedet worden lt. Pressemitteilung vom 10.07.2017
https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/gesetz-zur-neutralitaet-bei-gerichten-und-staatsanwaltschaften-verabschiedet/

Den verabschiedeten Text konnte ich bisher aber noch nicht finden.

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Richter sollten nicht in Fantasien oder Traumwelten oder Märchen (egal ob die Märchen religiös sind oder nicht) verwurzelt sein, sondern in der Realität verwurzelt sein, und Richter sollten bei der Wahrheitssuche wissenschaftlich, kritisch, emotionslos-nüchtern, sachlich, logisch und rational denken und handeln.

Religionen beinhalten aber oft unwissenschaftliche, unkritische, emotionale, nichtsachliche, unlogische und irrationale Elemente oder Einstellungen.

Tiefreligiöse Menschen, für die Gebote eines Gottes über den von Menschen gemachten Gesetzen stehen, und denen die Lehren und Anweisungen ihrer Katechismusbücher und ihrer Religionsführer (oder gar Stimmen die sie hören und die sie womöglich gar für die Stimme ihres Herrn halten) wichtiger sind als die Gesetzbücher, sind für zwar trotzdem viele Berufe geeignet, aber in einem demokratischen Rechtsstaat mit der Wahrheitsuche betrauten Richteramt meiner Einschätzung nach tendenziell wohl eher weniger geeignet.

Und wer meint, er müsse um seine Umwelt zu missionieren oder um seine religiösen Überzeugungen zur Schau zu stellen oder zu demonstrieren eine religiöse Tracht tragen oder dies mit anderen Kennzeichen tun, der mag das vielleicht in seiner Freizeit tun, aber jedenfalls nicht wenn als "hohes Gericht" auf der Richterbank sitzt und damit betraut ist Sachverhalte aufzuklären und Recht zu sprechen.

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Dieser Kommentar spricht mir zutiefst aus dem Herzen, so ehrenwert ja auch der Wunsch nach Frieden oder einem Leben ohne alle Gefahren ja ist, ein Richter sollte bei seinem Amt auch keine Kennzeichen der sog. "Friedensbewegung" tragen oder Kennzeichen der sog. "Atomgegner".

Neulich war auch wieder zu sehen, daß die "Regenbogenfahne" die Fahne von Thomas Müntzer und der von ihm angeführten Bauerntruppen war, auch daran hatten sich die Geister doch damals schon während der Reformation geschieden, ob das dem Wohl der Bauern wirklich dienlich war, die dann ja ihr Leben gelassen hatten, weil der Kampf gegen ihre Unterdrückung und Ausbeutung doch so nicht zu gewinnen war. Es reicht eben nicht aus, nur Gutes zu wollen.

Eine Anregung aber hätte ich: Einen eigenen Diskussionsstrang zum "Deal" gemäß dem § 257c StPO noch zu eröffnen.

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Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juni 2017, 2 BvR 1333/17 ist abgedruckt in  NJW 2017, 2333 (aktuelles Heft 32/2017) mit Anmerkung von Andreas Reus und Peter Mühlhausen.

Die LTO schreibt heute in ihrer Presseschau:

"BayVGH zu Kopftuch von Rechtsreferendarin: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Klage einer muslimischen Referendarin gegen das bayerische Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen als unzulässig abgewiesen. Es mangele ihr am Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Der Umstand, dass sie nur bestimmte richterliche Aufgaben nicht habe ausüben dürfen, die sie lediglich an einem Tag der Ausbildung hätte wahrnehmen können, begründe keinen tiefgreifenden Grundrechtseingriff. Die Entscheidung des Augsburger Verwaltungsgerichts in erster Instanz wurde aufgehoben. Diesem zufolge fehlte für den Eingriff in das Grundrecht der Religionsfreiheit ein Gesetz. Inzwischen sieht das Bayerische Richter- und Staatsanwaltsgesetz, das am 1. April in Kraft tritt, ein Kopftuchverbot vor. Es berichten u.a. die FAZ (Alexander Haneke) und sueddeutsche.de (Dunja Ramadan/Stephan Handel).

Die Entscheidung kommentiert Matthias Drobinski (SZ). Zwar sei die Neutralitätspflicht des Staates besonders im Gerichtssaal bedeutsam, jedoch träfen dort auch immer Menschen mit unterschiedlichen religiösen und weltanschaulichen Vorstellungen zusammen. Das Verbot des Tragens religiöser Symbole im Gerichtssaal führe nicht zum Verschwinden gesellschaftlicher Konflikte."

Die LTO-Presseschau:

BVerfG zu Kopftuchverbot: Der Gesetzgeber darf verbieten, dass muslimische Frauen bei ihrer Arbeit und Ausbildung im Gerichtssaal ein Kopftuch tragen. Dies entschied der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und wies damit die Verfassungsbeschwerde einer Rechtsreferendarin aus Hessen ab. Diese hatte gegen ein hessisches Gesetz geklagt, das es Frauen verbietet, bei bestimmten dienstlichen Tätigkeiten im Rahmen des juristischen Vorbereitungsdienstes ein Kopftuch zu tragen. Das Verbot schränke zwar die Religionsfreiheit und das Persönlichkeitsrecht der Klägerin ein, angesichts der weltanschaulich-religiösen Neutralitätspflicht des Staates und der Funktionsfähigkeit der Justiz sei dies jedoch gerechtfertigt. Es berichten die SZ (Wolfgang Janisch), die FAZ (Reinhard Müller), die taz (Christian Rath), swr.de (Gigi Deppe), lto.de und deutschlandfunk.de.

Wolfgang Janisch (SZ) hält es für schwer nachvollziehbar, worin der Unterschied zu dem 2015 für verfassungswidrig erklärten Kopftuchverbot für Lehreinnen und dem Kopftuchverbot im vorliegenden Fall bestünde. Christian Rath (taz) meint, das BVerfG gebe mit dieser Entscheidung seine Rolle als Schützer von Minderheiten gegen die diskriminierende Mehrheit auf. Gigi Deppe (swr.de) schließt sich dem Minderheitsvotum von Richter Ulrich Maidowski an und hätte eine Differenzierung zwischen Referendarinnen und Richterinnen befürwortet. Reinhard Müller (FAZ) begrüßt das Urteil und sieht in dem Kopftuchverbot keine Diskriminierung.

Sowohl Anna Katharina Mangold (verfassungsblog.de) als auch Professor Klaus F. Gärditz (Gastbeitrag auf lto.de) stellen die Argumentation des Gerichts ausführlich dar und beleuchten diese kritisch. Beide hinterfragen unter anderem den Rückgriff des BVerfG auf das Argument eines "objektiven Dritten". Gärditz kommentiert, dass dieser angeführte "objektive Dritte" wohl letztlich nur "Chiffre für Ressentiments und unhinterfragte Normalitätsvorstellungen" sei. Zudem wird darauf hingewiesen, dass die Regelung des Dienstverhältnisses von Referendaren immerhin Ländersache sei.
 
FAZ Einspruch (Constantin van Lijnden) vergleicht das Urteil mit den bisher ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen zum Tragen von Kopftüchern in öffentlichen Ämtern. Dazu merkt er an, dass das Urteil für Bundesländer, in denen vergleichbare Gesetze gelten (Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Berlin, Bremen) oder gerade eingeführt werden (Niedersachsen), bedeutsam sein dürfte. Wie SZ.de berichtet, haben sich bereits Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) und der Baden-Württembergische Justizminister Guido Wolf (CDU) positiv zu dem Urteil geäußert.

Der Gesetzgeber darf verbieten, dass muslimische Frauen bei ihrer Arbeit und Ausbildung im Gerichtssaal ein Kopftuch tragen.

Bei der Ausführung und Wahrnehmung hoheitlicher und sitzungsdienstlicher Tätigkeiten, so laut PM. Also schon mal nicht auf der Richterbank, im Zuschauerbereich aber für eine Rechtsreferendarin in der Ausbildung zur Volljuristin erlaubt, als abweichende Meinung. 

Dann kann sie ja auch Rechtsanwältin mit 2 Staatsexamina werden.

So habe ich die PM verstanden.

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Die PM: "Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen verfassungsgemäß"

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-013.html

Um es noch weiter zu präzisieren: Auch als Wahlverteidigerin könnte ich mir diese junge Frau durchaus vorstellen, aber nicht als eine Pflichtverteidigerin, die von einem Gericht einem Angeklagten zugewiesen wird.

Zwei Videos von ihr bzw. mit ihr:

"Frauen im Islam ☆ Vortrag, von Asmaa El Idrissi"

https://www.youtube.com/watch?v=QLUSC0L8ZJ0

"Im Gerichtssaal nur ohne Kopftuch"

https://www.tagesschau.de/inland/kopftuchverbot-111.html

Und da stellt sie sich auf Linkedin selber dar:

"Dr. jur. Asmaa El IdrissiRechtsreferendarin bei Landgericht Frankfurt am Main"

https://de.linkedin.com/in/dr-jur-asmaa-el-idrissi-3975a717a

Bericht in der Mediathek der ARD:

"Kopftuch im Gerichtssaal darf untersagt werden"

https://www.ardmediathek.de/mdr/player/Y3JpZDovL21kci5kZS9iZWl0cmFnL2Ntcy9jZTQwMjE1Ny03YjJlLTRkYTgtYWY2MC1kZjY4MzRkYzRkNWQ/kopftuch-im-gerichtssaal-darf-untersagt-werden

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Sie ist auch Autorin eines Buchs:

"Der juridische Umgang mit religiöser Fremdheit"

besprochen von Dr. Georg Neureither,  Justitiar der Erzdiözese Freiburg, Lehrbeauftragter für Staatskirchenrecht und Kirchenrecht an der Universität Heidelberg und Gründer des Informationsportals „Religion – Weltanschauung – Recht [ RWR ]“, Mitglied im Beirat des Forums Offene Religionspolitik:

https://www.jura.uni-heidelberg.de/fst/personen/personenreimer/lehrbeauftragte/neureither.html

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2 noch dazugehörige URL:

https://religion-weltanschauung-recht.net/author/neureither/

https://offene-religionspolitik.de/author/georg-neureither/

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Die Entscheidung des BVerfG scheint mir in sich schlüssig und konsequent. Sie ist auch demokratietheoretisch vernünfttig und zweckgerecht. Es geht nicht gut an,dass alljeder, der in seinen Gelüsten eingeschränkt wird durch Gesetz oder Verwaltungsmaßnahme, alsbald für seine Lüste  "Grundrechtsverletzung" geltend machen kann. Das hätte auch zu § 217 StGB nahegelegen. Es liegt auch nahe zur "Mietpreisbremse" - für so blöd ich sie auch ansehe. Was Kleidungselemente angeht, so scheint mir von Belang: 

a) Setsam, dass eingerssen ist, dass nicht jeder Mann in geschlossenen Räumen  - Ausnahme etwa: Dienstkopfbedeckungen von Bundesrichtern - seine Kopfbedeckung abnimmt. Ausnahmen mag es fürkatholische Gestliche geben wie auch Juden (Kippa). Die Kappenmützen der gepöbeltsten Art haben abgenommen zu werden.

2.) Zu Kopftuch: Wo ist eigentlich eine Ermächtigungsgrundlage für Staatsorgane, zu erfragen, ob man das aus religiösen Gründen trägt? Worauf wäre eine Antwortpflicht zu gründen? Noch in den 1950er Jahren, ausklingend 1960er Jahren trugen Damen auch in geschlossenen Räumen, zB Cafe, Hut. Wie überhaupt, wenn au0er Haus. Wer es sich nicht leisten konnte im Ruhrgebiet etwa Arbeiterfrauen, trug Kopftuch.

3.) Ich empfehle, Herrn Assessor Dr. Gauland MdB zufolgen zu seiner Überlegung, und sich die Stifterfiguren des Naumburger Doms anzusehen, besonders  Uta. Das Gesicht  eines Menschen, auch einer arisch-germanisch-deutschen Frau, muss man sehen können – mehr nicht. Wenn eine deutsche Adlige für unser Deutsches Vaterland stilprägend sein darf, na dann ist es eben so. Man folge dem. Und lasse Freiheit wegen der Bekleidung. Das ändert nichts daran, dass ich jenes Wahlplakat der AfD originell fand, mit drei Schönheiten, knapp mit Bikinis von rückwärts aufgenommen Oder Frau Lengsfeld / CDU mit Frau M.: “Wir haben mehr zu bieten.” Beide hätten sogar dem Brüderle-Test standgehalten!

 

Die LTO-Presseschau:

BVerfG zum Kopftuchverbot für Referendarinnen:  Die Forschungsassistentin Agilah Sandhu befasst sich auf verfassungblog.de kritisch mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, mit der das hessische Kopftuchverbot für Rechtsreferendare bestätigt wurde. Ihr leuchtet unter anderem nicht ein, warum nach Ansicht des Gerichtes zwar einerseits religiöse Symbole im richterlichen Dienst für sich genommen keine Zweifel an der Objektivität der Richterperson begründen können, wohl aber eine Referendarin mit Kopftuch sich die Verletzung der weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staates entgegenhalten lassen muss. Sonka Zekri (Sa-SZ) kritisiert, dass die Karlsruher Richter das Kopftuch allein als religiöses Symbol sehen.

Oder will die Autorin der SZ uns gar noch weismachen, in der BRD tragen moslemische Frauen das Kopftuch ständig und überall, dann auch noch im Gerichtssaal, nicht als Demonstration ihrer Religionszugehörigkeit, sondern aus anderen Gründen, etwa weil Sie nicht wollen, dass bei Regen ihre Frisur leiden könnte, oder ihre Ohren keinen Zug vertragen? So naiv sind hier in der BRD nur relativ wenige, die das der Autorin noch abkaufen bei den meistens geschlossenen Fenstern und Türen in einem Gerichtssaal.

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Die Forschungsassistentin Agilah Sandhu befasst sich auf verfassungblog.de kritisch mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, mit der das hessische Kopftuchverbot für Rechtsreferendare bestätigt wurde.

Bei ihr selber ist so ein Verfahren noch anhängig:

Aqilah Sandhu hat während ihres Referendariats 2015 im Freistaat Bayern gegen ein Kopftuchverbot geklagt (VG Augsburg). Die nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde eingelegte Revision gegen das Urteil des BayVGH vom März 2018 ist derzeit beim BVerwG (2 C 5.19) anhängig.

Erklärt vielleicht einiges.

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Ich wiederhole die Fragen:

2.) Zu Kopftuch: Wo ist eigentlich eine Ermächtigungsgrundlage für Staatsorgane, zu erfragen, ob man das aus religiösen Gründen trägt? Worauf wäre eine Antwortpflicht zu gründen?

Mir ist klar: argumentationsstrategisch gewinnt man Art. 4 GG hinzu, wenn man selbst erklärt, man trage aus religiösen Gründen.  

Dennoch bleiben die beiden Fragen. 

Und welche präzise Vorschriften aus diesen Rechtskomplexen sollen das sein? Ich lerne in Debatten gerne dazu und erweitere meinen Kennntshorizont.

Könnte allerdings einer etwaigen einfachgesetzlichen dahingehenden"Ermächtigung"  Verfassungsrecht entgegenstehen? Um es präzise zu zitieren:
Art. 140 GG iVm Art. Art. 136 Abs. 3 Satz  WRV.

Eine Ausnahme nach Art. 36 Abs 3  Satz 2 WRV scheint mir dazu nicht vorzuliegen. Denn da geht es um die "Zugehörigkeit" zu einer "Religionsgesellschaft"; das ist  nicht dasselbe wie "religiöse Überzeugung". Letztere ist höchstpersönlich und im forum internum. Außederm ist keine der Varianten des Satzes 2 erfüllt:

a) Von der Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft hängen als Rechte und Pflichten namentlich ab etwaige Kirchensteuerverpflichtungen, völlig unabhängig von "religiösen Überzeugungen". 1. Var.

b) bei den Regelungen über rechtsreferendarielle Kopftücher stehen statistische Erhebungen nicht zur Debatte, 2. Var.

Jeder Beamte und Richter hat eine Amtstracht zu tragen, wenn eines solche vorgeschrieben ist und sie so zu tragen, wie sie vorgeschrieben ist. Dadurch wird gezeigt, dass er ein öffentliches Amt repräsentiert und keine private Person ist. Und wenn die Amtstracht keinen Sepplhut vorsieht oder ihn verbietet, dann hat sich ein Beamter dran zu halten, wie sich eine Beamtin daran zu halten hat, dass die Amtstracht kein Kopftuch vorsieht oder es verbietet.

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Nach googlieren finde ich etwa zu Bayern: JMBl. Nr. 9/2016118Bekanntmachungen3003.2-JAmtstracht in der ordentlichen GerichtsbarkeitBekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriumsder Justizvom 21. September 2016, Az. B3 - 3152 - VI - 1825/20161. Art und Ausgestaltung der Amtstracht1.1Die Amtstracht besteht aus einer schwarzen Robe mit schwarzem Besatz." https://www.verkuendung-bayern.de/files/jmbl/2016/09/jmbl-2016-09.pdf#pa... Was dort die Amtstracht so alles "nicht vorsieht" - Schuhe, Strümpfe..... Verbieten sehe ich da schon gar nicht zu einem Kopftuch. Also: Zwang zu barfuß ohne Strümpfe?

 

Den Hinweis auf den Sepplhut muss ich noch aufgreifen. In der Tat - der gehört sich nicht, weil in geschlossenen Räumen Herren ihre Kopfbedeckung abzunehmen haben. Ausnahme etwa zu Amtstrachten gehörende Barets o.ä. Ich staune stets, was deutsche Richter da so  an Pöbel ihre Schirmkappen, usancegemäß mit Schirm zum Nacken und Halteband über der Stirn , da so alles weilen lassen. Runter damit!

Eine einheitliche Kopfbedeckung auf der Richterbank zeigt noch Karlsruhe, die wallenden Allongeperücken auf der Richterbank sind ja leider inzwischen etwas aus der Mode gekommen. Wirklich Schade.
 

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 Dr. Egon Peus meinte:

Was dort die Amtstracht so alles "nicht vorsieht" - Schuhe, Strümpfe..... Verbieten sehe ich da schon gar nicht zu einem Kopftuch. Also: Zwang zu barfuß ohne Strümpfe?

Ich persönlich finde Ihre Spitzfindigkeiten eines älteren Juristen schon sehr "würdig".

Die Rechtslage stellt sich erfahrungsgemäss inzwischen so dar:

In Bayern müssen defintiiv schwarze Schnürsenkel an allen schwarzen Schnürschuhen und mit 4 Schuhlöchern jeweils getragen werden.

In Baden-Württemberg dürfen es nur links auch inzwischen grüne Schnürsenkel sein, die Zahl der Schuhlöcher darf von 3 - 5 variieren, in Berlin ist beim Schuhwerk alles erlaubt, schwarze Schnürschuhe und schwarze Schnürsenkel sind aber streng verboten, die Zahl der Schuhlöcher ist aber nach oben unbegrenzt und das Schuhwerk muss die allerneuesten Brandschutz-Normen erfüllen, durch 3 Gutachten regelmässig im Jahresturnus der Justizverwaltung Berlins nachzuweisen.

Es soll übrigens Bundesländer geben, die auch braunes Schuhwerk schon mal duldeten.

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Och, das ist keine Altersfrage. Dessen war ich schon im ersten Semester mit 17 Jahren fähig. Also: Die vorgetragene These lautete: "Und wenn die Amtstracht keinen  ...    vorsieht  ( 1. Var.) .... , dann hat sich ein Beamter dran zu halten, wie sich eine Beamtin daran zu halten hat, dass die Amtstracht kein Kopftuch vorsieht  ( . Var.)  oder ...."  Schlichte Logik. Was nicht positiv "vorgesehen" sei, dürfe auch nicht getragen werden. Jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Sichtbarkeit betrachte ich auch Schuhe und Strümpfe als Bekleidungsgegenstände relevanter Art. 

Was "braune" Schuhe angeht, so kenne ich nur die englische  Etikette-Regel: No brown after six.

Jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Sichtbarkeit betrachte ich auch Schuhe und Strümpfe als Bekleidungsgegenstände relevanter Art.

Bei Richtern und Staatsanwälten im Gerichtssaal doch viel weniger sichtbar als ein Kopfputz.

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Das ist zwar zutreffend. Aber die beiden zur Prüfung gestellten Thesen erfassen auch dies. Sie differenziere nicht nach  Grad der Sichtbarkeit.

Ich denke schon, dass ich genügend differenziert habe bei der Sichtbarkeit, und wer sich selber in Videos oder Schriften offenbart, einer Religionsgemeinschaft nicht nur als reines Mitglied anzugehören, sondern auch von deren Riten überzeugt zu sein, was auch im Befolgen der 5 Säulen des Islam zum Ausdruck kommt, wobei ich da speziell auf die 2. Säule (das fünfmalige tägliche Gebet) abhebe in einem Video, für den ist auch nicht Art. 136 Abs. 3 Satz 1 WRV iVm Art.140 GG einschlägig.

Zu den 5 Säulen des Islam: https://www.planet-wissen.de/kultur/religion/islam/pwiediefuenfsaeulendesislam100.html alternativ:

https://www.planet-wissen.de/kultur/religion/islam/pwiediefuenfsaeulendesislam100.html

(Hoffe auch Herrn Würdinger damit voll zufriedengestellt zu haben.)

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Die beiden zur Prüfung gestellten Thesen differenzieren nicht nach dem Grad der Sichtbarkeit. -

Nicht  nur US oder common-law-Juristen  sollten die Kunst des distinguishing beherrschen. Andauernd Sachverhalte zu ändern, überzeugt  nicht zu einer Rechtsfrage. Wohl allerdings, demonstrandi causa verschiedene Fälle/Schverhaltssituationen an Hand einer Norm durchzuprüfen. So haben wir es im Studium gelernt.

Sortieren wir also:

a) Da kommt eine Rechtsreferendarin, und trägt ein Kopftuch. (Nirgendwo hat sie sich in "Video oder Schriften" "offenbart",

       aa) nur  reines Mitglied

       bb) oder als "mehr", "überzeugt" von Riten einer Religionsgemeinschaft zu sein.)

Nun fragt der Rechtsstaats-Jurist:

AA) Darf der Dienststellenleiter / Vorgesetzte fragen , aus welchem Grund sie das Kopftuch trägt?

BB) Art. 136 Abs. 3 Satz 1 WRV iVm Art. 140 GG!!?? 

CC) Art. 2 GG: Besteht Auskunftspflicht über die eigene Motivation, gewisse Bekleidungselemente zu tragen? Was wäre überhaupt erst einmal die einfachgesetzliche Rechtsgrundlage dafür?

            a1)  Goldkettchen am Hals mit einem Kreuz daran hängend.

            a2)  dicker Siegelring am Finger einer Hand  ( Art. 109 WRV????)

            a3 ) An einem schwülen Hochsommertag kommt  eine Referendarin bekleidet  mit einem Tanga und oben rum einer Stoffkonstruktion, die minimalistisch nur das absolut strategisch Wesentliche bedecken.

b) Die Referendarin kommt und erklärt von sich aus, sie trage das Kopftuch, weil sie sich aus religiösen Gründen dazu gehalten sehe.

      AA) Mindert diese Selbstreferenz auf Religion ihre Rechtsposition?

      BB) Jedenfalls dann, wenn man zu a) eine Auskunftspflicht verneint hat? 

In einer Klausur zu diesen Fragen würde ich spezifizierte, jeweils mit normativer Grundlage versehene Antworten erwarten.

 

 

 

 

a) Da kommt eine Rechtsreferendarin, und trägt ein Kopftuch. (Nirgendwo hat sie sich in "Video oder Schriften" "offenbart",

Falsch, siehe da: Gast kommentiert am Fr, 2020-02-28 15:18

und auch noch folgende Kommentare von Gast.

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Mag sein, die konkrete. Ich habe die Fallvarianten abtrakt definiert. Dass die konkrete Dame ihre religiöse Zuordnung offenbar hat, ergibt sich aus dem Prozessvorbringen. 

Das BVerfG hatte auch diesen einen konkreten Fall behandelt und für andere, vergleichbare Fälle den Ländern eigene Entscheidungen offen gelassen.

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