"Justiz erlaubt Verkauf von Merkel-Galgen, weil Galgen Kunst seien" - Wirklich?

von Prof. Dr. Marc Liesching, veröffentlicht am 06.12.2017
Rechtsgebiete: MedienrechtStrafrechtMaterielles Strafrecht73|13915 Aufrufe

1. Journalistische Berichterstattung

Das Nachrichten-Portal "Sueddeutsche.de" hat gestern getitelt: "Sächsische Justiz erlaubt den Verkauf von Galgen für Merkel und Gabriel". U.a. Tagesspiegel, Deutschlandfunk, Hannoversche Allgemeine und Nachrichtenportale schrieben ab. Aufgebacken wird das luftige Empörungs-Soufflé durch Variantionen der Diktion, wonach etwa die "Justiz" den Verkauf der "Merkel-Galgen" "gebilligt" habe oder die Staatsanwaltschaft "kein Problem" darin sehe, dass ein Pegida-Anhänger in Sachsen "Mini-Galgen für die Kanzlerin" "herstellt".

In dem Artikel von Sueddeutsche.de wird weiter behauptet, dass "zentrales Argument" der Staatsanwaltschaft für die Verfahrenseinstellung gewesen sei, dass die Minatur-Galgen "Kunst" seien. Auch dies wurde ungeprüft in abgeschriebenen Folgemeldungen anderer Portale übernommen.

2. Zugrunde liegender Sachverhalt

Hintergrund der Meldung ist Folgendes: Die Staatsanwaltschaft Chemnitz hatte zu prüfen, ob der in Vereinsräumlichkeiten erfolgte Verkauf von Miniaturgalgen mit zwei daran befestigten Zetteln , auf welchen „Reserviert für Angela „Mutti“ Merkel“ und „Reserviert für Sigmar „das Pack“ Gabriel“ zu lesen ist, einen Straftatbestand erfüllt.

Selbstverständlich kam die Staatsanwaltschaft in der Einstellungsverfügung zu dem strafrechtlich evidenten Ergebnis, dass § 111 StGB schon mangels erforderlicher Öffentlichkeit und auch wegen Fehlens des nach der Rechtsprechung des BGH notwendigen Aufforderungscharakters nicht erfüllt ist. Aus denselben und weiteren Rechtsgründen verneint die Staatsanwaltschaft auch eine Verwirklichung der Tatbestände der §§ 106, 126, 130, 140241 StGB. Das Wort "Kunst" ist in der gesamten Einstellungsverfügung nicht zu finden. Geschweige denn vertritt die Staatsanwaltschaft Chemnitz - wie von Sueddeutsche.de und anderen behauptet - als "zentrales Argument", dass die hergestellten Miniatur-Galgen "Kunst" seien. Es handelt sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung, welche dem Grunde nach einen Anspruch auf Gegendarstellung gemäß § 56 RStV zur Folge hat.

3. Bewertung

Es ist nicht zu beanstanden und auch notwendig, dass die freie Presse sich mit Geschmacklosigkeiten und Verrohungen wie der Veräußerung von Miniatur-Galgen unter namentlicher Nennung von Politiker(inne)n kritisch auseinandersetzt. Die Grenze legitimer und rechtlich zulässiger journalistischer Kommunikation wird aber überschritten, wenn auf der Grundlage unwahrer Tatsachenbehauptungen die "Justiz" bzw. die Staatsanwaltschaft unter Vorgabe vermeintlich abwegiger Entscheidungsgründe in das Fluidum parteiischer Opportunität oder gar einer politischen Entscheidung "pro Merkel-Galgen" gerückt wird.

Gerade hierauf zielt indes auch die journalistische Umdeutung, die "sächsische Justiz" habe die Miniatur-Galgen "erlaubt". Die Verkehrung der sachlichen Prüfung der Strafbarkeit eines bestimmten Verhaltens in einen behördlichen, positiven Erlaubnis- oder Billigungsakt ist kein zulässiger Umkehrschluss. Er verbietet sich bei Zugrundelegung der Mindeststandards journalistischer Sorgfalt.

Im Gegensatz zur Presse ist es nicht Aufgabe der Staatsanwaltschaft, bestimmte - auch verabscheuungswürdige - Verhaltensweisen gut oder schlecht zu finden bzw. zu "billigen" oder zu "erlauben". Die Deutungshoheit der Staatsanwaltschaft beschränkt  sich auf die rechtliche Prüfung von Sachverhalten hinsichtlich des Vorliegens eines Anfangsverdachts für Straftaten. Journalist(inne)n dürfen hingegen weitgehend schreiben und deuten, wie sie wollen - solange sie bei der Wahrheit bleiben. So ist das in einem Rechtsstaat mit freiheitlich demokratischer Grundordnung. Die Aufgaben von Presse einerseits und "Justiz" andererseits zu differenzieren, ist journalistische Sorgfaltspflicht und im Übrigen auch intellekuell den Journalistinnen und Journalisten ohne Weiteres zumutbar.

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73 Kommentare

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Ich bin verwirrt. In dem verlinkten Artikel auf sueddeutsche.de heißt es:

In der Begründung, die der SZ vorliegt, heißt es: Die Galgen seien Kunst und hätten eine vieldeutige Botschaft.

Dann noch:

Die Begründung, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt, ist vier Seiten lang. Das zentrale Argument: Die Galgen seien Kunst, nicht ganz ernst zu nehmen.

Nun schreiben Sie:

Das Wort "Kunst" ist in der gesamten Einstellungsverfügung nicht zu finden. Geschweige denn vertritt die Staatsanwaltschaft Chemnitz - wie von Sueddeutsche.de und anderen behauptet - als "zentrales Argument", dass die hergestellten Miniatur-Galgen "Kunst" seien. Es handelt sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung, welche dem Grunde nach einen Anspruch auf Gegendarstellung gemäß § 56 RStV zur Folge hat.

Dieser Widerspruch muß doch aufzuklären sein. Es fällt mir schwer, hier an "Lügenpresse" reinsten Wassers zu glauben.

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Vielen Dank für Ihren Beitrag. In der Einstellungsverfügung wird Kunst mit keinem Wort erwähnt. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz hat heute nochmals in einer Pressemitteilung bestätigt, dass sie gerade „nicht  davon ausgeht, dass es sich bei den Miniaturen um Kunst handelt“.

Der Journalist und Autor des SZ-Beitrags hat mir nunmehr geschrieben und sagt: „In meinem Artikel habe ich nicht behauptet, dass die StA Chemnitz explizit das Wort Kunst verwendet hätte. Ich weiß nicht, wo Sie da eine entsprechende Tatsachenbehauptung sehen in meinem Artikel“.

Ich möchte dies nicht weiter kommentieren und überlasse dem Leser die Beurteilung, ob in dem SZ Artikel behauptet wird, die Staatsanwaltschaft hätte die Galgen als Kunst bewertet, oder nicht.

Danke für die weiteren Hinweise. Das deutet tatsächlich auf eine Verzerrung in der Berichterstattung hin, die man gemeinhin als Lüge bezeichnet. Ich hätte mir vorstellen können, daß in der Einstellungsverfügung zwar nicht das Wort Kunst als solches vorkommt, daß aber die Staatsanwaltschaft beispielsweise Entscheidungen des BVerfG zitiert, die sich zentral mit der Kunstfreiheit befassen und auf die die Entscheidung gestützt wird. Dann fände ich es akzeptabel, wenn in zusammenfassender Darstellung daraus wird, daß die Kunstfreiheit entscheidungstragend sei.

In der etwas pampigen Antwort des SZ-Autors Ronen Steinke ist davon aber nichts zu lesen, obwohl es dann zu erwarten gewesen wäre. Wenn der Kunstbezug tatsächlich von ihm frei erfunden wurde, und danach sieht es aus, wäre dies - jenseits juristischer Fragen - ein journalistisches Debakel.

Falls Ihnen die Einstellungsverfügung zum Aktenzeichen 250 Js 28707/17 vorliegt, könnten Sie sie nicht hier veröffentlichen?

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Nein, es werden in der Einstellungsverfügung auch keine Entscheidungen zitiert, die sich zentral mit der Kunstfreiheit befassen. Es gibt auch sonst keine Ausführungen, welche als Einstufung der Galgen als Kunst interpretiert werden können. Es werden nur Tatbestandsmerkmale in Betracht kommender Strafvorschriften geprüft und zutreffend verneint. Die Freigabe zur Veröffentlichung der Einstellungsverfügung im Volltext werde ich bei der Staatsanwaltschaft Chemnitz anfragen.

Ich lese elektronisch in der SZ:"Die Galgen seien Kunst, nicht ganzernst zu nehmen." (mein)Zitat Ende. In der Tat hat der Schreiber da nicht durch Anführungszeichen das Wort "Kunst" als "wörtliches" Zitat, nach seinem Sprachgebrauch "explizit". Die Debatte zeigt aber, dass "explizit" dieser Schreiber  Sinnhaftigkeit und Wahrheitsgetreue seines Geschreibsels negiert, wenn er zutreffend mit seiner Einlassung zitiert wird.

Mir fällt noch der köstliche Spruch Thomas Fischers ein zur "Qualität" sogenannter "Journalisten", die die Öffentlichkeit über Fragen des Rechts ins Bild setzen wollen. Da wir ja das Postfaktiche übrwinden wollen: Fundstelle: Zeit, 11. August 2015.

Lt. heutiger FAZ hat die Staatsanwaltschaft Chemnitz für diesen "Einzelfall" klargestellt, "dass sie den Galgen nicht als Kunst einstufe". Schon die Staatsanwaltschaft Dresden habe im Fall des Original-Galgens entschieden, "dass es sich um eine nicht strafbare Geschmacklosigkeit handele".

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Eine "nicht strafbare Geschmacklosigkeit" ist also erlaubt. Das aber streitet der Autor doch gerade ab. Ich dachte, Juristen seien besonders gut im logischen Denken.

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Was ist daran unlogisch, dass zwei selbstständig denkende Individuen unterschiedliche selbstständige Meinungen haben? Dieser Logik kann ich nicht folgen.

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Sehr geehrte Frau Ernst, die juristischen Kategorien und Begriffe weichen wohl gelegentich vom umgangssprachlichen Verständnis ab. Rechtlich ist etwas entweder verboten ( rechtswidrig) oder nicht, im letzteren Fall rechtlich zulässig. Nicht alles, was unzulässig ist, ist auch gleich strafbar. ( Diese Differenzierung hat wesentliche Bedeutung im sog. Abtreibungsurteil von 1993). Dem Laien leuchtet aber schnell ein: Eine fremde Sache zu beschädigen, zB durch Kollision im Straßenverkehr, ist rechtswidrig, verpflichtet auch zu Schadensersatz( § 823 BGB), ist aber , wenn nicht vorsätzlich sondern nur fahrlässig begangen, nicht strafbar. Im laienhaten Sinne kann man sagen, was nicht rechtswidrg, als icht vebroten ist, das ist "erlaubt". Diese Volksweisheit, "Erlaubt ist, was nicht verbten ist", hat auch eine ganz urtümlich rechtsstaatliche Kraft und Richtigkeit. Meine Grenzen sind die Rechte Dritter. nsonsten kann der Staat mit Gesetz etwas verbieten, ggf. auch durch Konkretisierung durch Veraltungsakte. Ist das nicht geschehen, so ist es nicht rechtswidrig. Denn, wie das Grundgesetz erweist: wir leben in einem freien Land. Im Prinzi hrrscht Handlungsfreiheit. Formal gesehen gibt es Dinge, bei denen ein Gesetz ein generelles Verbt ausspricht, abr nach konkrter Prüfung eine Erlaubsnis, Genehmigung erteilt werden kann, so etwa Baugenehmigung . ANsonsten bedarf es zu einer allgemein nich verbotenen Handlung keier "Erlaubnis", durch wen auch immer, und schon gar ncht durch eine Staatsanwaltschaft. Insoweit war die Kritik an der rechtsfernen Formulierung der Journaille durchaus berechtigt. Schon gar nicht hat die Staatsanwaltschaft irgendeine Kompetenz, in einer Art Gschmacksgütesiegel autoritativ über Geschmacksfragen wertend zu urteilen. Die Grenzen des Staates kommen gerade heute sehr schön in BVerwG 10 C 6/16 zum Ausdruck - gegenüber der totalitär-terroristischen Anmaßung eines Oberbürgermeisters, sein politisches Schmutzkübelchen über ihm Missliebige auszukübeln. Zuletzt gab es so etwas in Deutschland unter den Nazis und den roten Diktatoren. Von ähnlich fataler Wirkung sind auch die hoheitlich ermunterten Löschorgien.

Der Bericht erscheint auch hier unpräzise jenseits dessen, was noch als vertretbare Zusammenfassung oder Vereinfachung des Themas gelten kann. Erwähnenswert erscheint mir, dass der Autor des Artikels hier letztlich gegen seine eigenen Interessen schreibt. Wenn, wie der Artikel suggeriert, die Staatsanwaltschaft über die Erlaubtheit von Meinungsäußerung zu entscheiden hätte, wäre der Autor selbst diesem Diktat unterworfen.

Bitte, liebe Demokraten, erkennt Umfang und Wert der Freiheiten, die unsere Gesellschaft uns allen gibt. Wer den Hersteller der Galgen bestraft sehen will, muss in Kauf nehmen, für seine wahrheitswidrige (!) Berichterstattung erst recht bestraft zu werden.

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Ich halte Beitrag und Bebatte hier für reichlich absurd. Das geht allzusehr nach dem Motto "Haltet den Dieb!" Skandalös ist doch nicht eine möglicherweise unzutreffende Presseberichterstattung. Skandalös ist es vielmehr, dass die Staatsanwaltschaft eine Strafbarkeit offenbar verneint.

Soweit ich aus Ihrem Artikel sehe, ist etwa "§ 90b Verfassungsfeindliche Verunglimpfung von Verfassungsorganen" nicht erwähnt worden. Dass § 185 BGB erfüllt ist, ist offenkundig.

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Ob die Öffnung eines Blogbeitrags für Kommentare den Blogschreiber in die Pflicht nimmt, auf jede - auch abwegige - Kommentarmeinung zu antworten, ist eine grundsätzliche Frage. Das Problem ist jedenfalls, dass wenn man es nicht tut, der Kommentar unrepliziert stehen bleibt. Möglich wäre, den Kommentar einfach - von der Leserschaft weitgehend unbemerkt - zu löschen oder zu sperren, was wiederum gerade im Lichte der hier mit verhandelten Meinungsfreiheit ebenfalls problematisch ist. Daher in aller Kürze:

Bei § 90b ist eine Strafverfolgung nur bei Ermächtigung des Verfassungsorgans (Abs. 2) möglich. Die liegt schon nicht vor. Welches Verfassungsorgan soll hier überhaupt betroffen sein, die Bundesregierung? Die sich nur gegen die Politikerin / den Politiker ohne Bezug zur Organausübung richtende Äußerung reicht ja gerade nicht für den Tatbestand. Überdies erfordert auch § 90b StGB ein  "öffentliches" Verunglimpfen. Die Öffentlichkeit liegt, worauf die StA ja eingeht, gar nicht vor. Auch die Beleidigung nach § 185 StGB wird nur auf Antrag verfolgt, wie Sie in § 194 Abs. 1 S. 1 StGB nachlesen können.

Gerne weiterer Sachdiskurs hierzu, wobei hilfreich wäre, wenn Sie Termini wie "absurd" und "offenkundig" durch eine Tatbestandssubsumtion ersetzen könnten. In diesem Blogbeitrag wird im Übrigen die journalistische Kommunikation des Anbieters Sueddeutsche.de nicht als "skandalös" bewertet . Der Blogbeitrag soll in erster Linie juristische Hintergrundinformationen zu dem Sachverhalt geben, der Gegenstand des Beitrags auf Sueddeutsche.de ist und von anderen Nachrichtenportalen übernommen worden ist.

 

Sehr geehrter Herr Professor Liesching, Ihr Beitrag kam zeitüberschneidend zu dem meinen, der sich niht au diesen jetzt vor meinemeingestellten beziehen sollte, sondenr den von Herrn Schulte. Trefflich auch Ihr Hinweis auf "offenkundig". Zu dem "argumentativ funktionsgleichen" "Es liegt auf der Hand" las ich einmal die hübsche Kennzeichnung: "Gleichbedeutend mit: noch nie hat jemand klar bewiesen, dass..". Höchste Anerkennung aber für Ihre Position zum, genauer: gegen das Löschen und Sperren.

Es wäre Aufgabe der Staatsanwaltschaft, hinsichtlich der Ermächtigung anzufragen, gleiches gilt beim Strafantrag; das ist Alltag, den auch jeder Polizist kennt.

Wenn Sie die Beleidigung nicht erkennen, wird Ihnen wohl auch eine Subsumtion nicht helfen.

 

 

 

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Wie sich aus einer Meldung vom 10. März 2017 zum vorangegangenen Fall entnehmen läßt (also aus einer Zeit, als der die SZ nocht nicht den richtigen Dreh gefunden hat, den Fall zu skandalisieren), haben sich Merkel und Gabriel auf eine Anfrage durch die Staatsanwaltschaft hin nicht entschließen können, einen Strafantrag zu stellen: http://www.mdr.de/sachsen/dresden/ermittlungen-galgen-bei-pegida-dresden...

 

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..woraus sich natürlich nicht automatisch ergibt, dass sie auch für die nächsten Straftaten auf Strafanträge verzichten.

Zum § 90 b StGB: Angriffsobjekte sind ein Gesetzgebungsorgan, die Regierung oder das Verfassungsgericht des Bundes oder eines Landes oder eines ihrer Mitglieder in dieser Eigenschaft (Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben StGB § 90b Rn. 1-10, beck-online). Merkel und Gabriel ist gemein, dass sie Regierungsmitglieder sind; als solche sind sie angegriffen. Die Verunglimpfung muss in einer das Ansehen des Staates gefährdenden Weise geschehen. Das soll schon dann der Fall sein, wenn ein Minister schwerwiegender Straftaten im Amt bezichtigt wird (Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben StGB § 90b Rn. 1-10, beck-online) und ist erst recht der Fall, wenn Regierungsmitglieder als Personen dargestellt werden, die gehängt gehören. Öffentlichkeit liegt vor; sonst wären die Galgen ja nicht wahrgenommen worden; sie zielten ja gerade (erfolgreich) auf öffentliches Aufsehen. Die Tat wird nur mit Ermächtigung des betroffenen Verfassungsorgans oder Mitglieds verfolgt. Soweit ein Mitglied betroffen ist, kann nur es selbst die Ermächtigung erteilen (Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben StGB § 90b Rn. 1-10, beck-online).Die Ermächtigung unterscheidet sich vom Strafantrag dadurch, dass bei der Ermächtigung die Initiative regelmäßig bei der Strafverfolgungsbehörde und nicht beim Verletzten liegt. Die Strafverfolgungsbehörde hat von Amts wegen die Ermächtigung einzuholen. Die Ermächtigung muss lediglich zum Ausdruck bringen, dass der Wille des Staatsorgans der Strafverfolgung nicht entgegensteht (Schönke/Schröder/Bosch/Sternberg-Lieben StGB § 77e Rn. 1-4, beck-online).

 

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Anders als § 90 StGB (der anläßlich des Falles Erdogan/Böhmermann ins Visier geraten ist, aber von Gauck aus der Schußlinie gerückt wurde), erfordert § 90b StGB, daß der Täter sich absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt. Dies hier auch noch zu bejahen, nur weil man ganz dringend zu einer Strafbarkeit kommen will, überschreitet für mich die Grenzen des Seriösen. Dementsprechend dürfte die StA diesen Straftatbestand verneint und gar keinen Anlaß gehabt haben, um eine Ermächtigung nachzusuchen.

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Zu den Verfassungsgrundsätzen, um die es geht, gehört "der Ausschluß jeder Gewalt- und Willkürherrschaft." Für was sonst als für Gewalt- und Willkürherrschaft steht der Galgen?

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Das wird ja immer toller. Diejenigen, die § 111 StGB angewendet sehen möchten, argumentieren damit, daß die Galgen natürlich nicht wörtlich gemeint seien, sondern nur als Symbol dafür, daß die Politiker "außergerichtlich" durch ein politisches Attentat umgebracht werden sollen. Und in dieser Interpretation handele es sich um eine ernstgemeinte Aufforderung. Und jetzt kommen Sie und sagen: Nein, umgekehrt, so einfach ist der Plan der Galgenfreunde gar nicht. Sie wollen den langen Weg gehen und zuerst die staatliche Ordnung umstoßen, eine neue errichten und dann innerhalb der neuen Legalität ganz regulär Gericht halten, Todesstrafe verhängen und diese dann an ganz wörtlich an Galgen vollziehen.

Zu fordern, daß solche fantastische "Sachverhaltsquetsche" zur Grundlage einer Strafrechtsanwendung in der wirklichen Welt gemacht wird, wirft für mich die Frage auf, ob nicht damit ebenfalls der Errichtung einer Willkürherrschaft Vorschub geleistet wird.

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Ja, was denn nun? Dann muss ja wohl zumindest einer der Tatbestände anzuwenden sein. Also gibt es keinen Grund für eine Einstellung.

Im Übrigen gehe ich nicht davon aus, dass die Galgen-Freunde "ganz regulär Gericht halten" wollen.

Aber wer Strafbarkeit leugnen will, findet immer Gründe und seien sie noch so absurd....

 

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Sehr geehrter Herr Schulze, in einem Rechtsstaat ist es aber noch problematischer, wenn jemand für eine Strafbarkeit "immer Gründe finden will, und seien sie noch so absurd". Am besten wohl ein neuer Straftatbestand: "Wer eine Meinung äußert, die der Kanzlerin und/ oder Wortführern der sogenannte"Qualitäts"-Presse und / oder der zwangsfinanzierten öffentlichen Rundfunkanstalten nicht passt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. In einem schweren Fall, nämlich von 'Hass und Hetze' - soweit gegen die momentane Parlamentsmehrheit gerichtet -  , die als solche eigenmächtig und jeder Gerichtskontrolle entzogen von dem herrschenden amtierenden Justizminister als solche festgestellt und qualifiziert ist, beträgt die Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren."  Zur Absicherung wird das Grundgesetz geändert, Vorschlag: Das Wort "Rechtsstaat" wird durch das Wort "Linksstaat" ersetzt. Begründung: Es wird damit klargestellt, dass als verfassungsfeindlich endlich solche durchgreifend bekämpft werden können, die auf die Einhaltung geltenden - nach bisherigem Sprachgebrauch - "Rechts" dringen. Missverständnisse dadurch, dass im politial correcten Sprachgebrauch, der der Absicherung bedarf, die den correcten Missliebigen als "Rechte" bezeichnet werden, werden dadurch ausgeräumt. Zugleich ist es eine der eingetretenen Bewusstseinsveränderung im gesellschaftlichen Kontext entsprechende Klarstellung, dass dem Wunsch der "Qualitäts"-Presse entsprechend Deutschland in Zukunft nichts mehr mit Recht, sondern nur mit Links zu tun haben soll. Modifikation FDP-Antrag: der Staatsbegriff ist klein zu schreiben (links-Staat), um das konstitutive Staatsmerkmal des Digitalen besser auszudrücken.  Andere Modifikation: er hat "Rotgrünstaat" zu heißen, mit dem dynamischen Verweis auf die jeweiligen relativen Mehrheiten, so dass davon abhängig der Staat auch Grünrotstaat heißen kann. Weitere Modifikation: "das Grünrotstaat*-/In". - Ein nicht der "Qualitäts"-Presse zugehöriger Beobachter erklärte zu vermuten, dass nach diesen Offenbarungen des zeitgeistigen Parlamentarismus der Staat auch  "Pastafaristaat" heißen könnte. "Gaudete!"

Och, nun mal halblang. Deutliche Abneigung reicht schon.Etwa gegen Rechtsverdreher und Tendenzausleger, Inkompetente und Schwätzer. Ob sich da etwas zu geradezu einem"Feindbild" verfestigt? Am ehesten vielleicht gegen solche,  die meinungsfreiheitsunterdrückend Gesinnungsterrorismus einer zeitgeistigen political correctness betreiben, wie auch Ökoterroristen.

Sehr geehrter Herr Peus,

es ist durchaus in Ordnung, dass Sie darauf bestehen, dass in einem Rechtsstaat nur dann bestraft werden kann, wenn ein Straftatbestand dies (vor der Tat) "bestimmt" und dieser im Lichte des Grundrechts auf Meinungsäußerungsfreiheit auszulegen ist. Das dürfen Sie sogar polemisch tun.

Aber Ihrem Einwand ("noch problematischer, wenn jemand für Strafbarkeit immer Gründe finden will, und seien sie noch so absurd") kann ich nicht ganz trauen, denn in einem Ihrer früheren Kommentare hier verkennen Sie zugunsten einer solchen Absurdität ganz unjuristisch den Unterschied zwischen Verwaltungsrecht/Verfassungsrecht und Strafrecht. Sie wollen sogar Strafvereitelung im Amt annehmen, wenn Staatsanwälte nicht so agieren wie es Ihrer politischen Meinung entspricht. Im Vergleich dazu erscheint mir die falsche Bezeichnung des Journalisten, es sei bei der Einstellung um Kunst gegangen (das ist schließlich hier das Thema), noch ziemlich harmlos.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Sehr geehrter Herr Professor Müller,  Ihre ERwägungen sind nicht sehr gesetzesorientiert. Nach § 95 Abs 1 Nr. 3 AufenthaltsG wird mit Freiheitsstrae bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft, wer  entgegen § 14 Abs 1 Nr 1 oder 2 AufenthG in das Bundesgebiet einreist. Könnte es sein, dass nach den Presseberichten hunderttausendfach Menschen ohn eerforderlichen Pass bzw. ohne ohne erforerlichen Aufenthaltstitel eingereist sind? Unterstellen Sie Faktenunkunde etwa auf Regierungsebene, etwa am 5. oder 12./13. Sept. 2015, dass in diesem Sinnestrabare Einreisen anstanden? Ich traue mir nicht zu,solche Blödheit Mitgliedern der Bundesregierung zu unterstellen. Soweit es die Strafvereitelung im Amt angeht - waren Ermittlungsverahren und Verfolgungen wegen solcher traftaten wahrzunehmen? Berichtet wurde davon mW nicht. Halten Sie die Lektüre von § 95 AufenthaltsG für "politische Meinung"? Oder die Anwendung dieser Vorschrift? Könnte das "Selfie" der Bundeskanzlerin, angeblich vom 10. Sept. 2015, in Deutschland, in der öffentlichen Meinung und übernational als Bewillkommnung solcher Enreisen verstanden worden sein? Sollte es so verstanden wrden sein und auch so zu verstehen sein - wäre da nicht Anlass zu prüfen, ob die Selfie*In genügend intellektuelle Qualifikation hatte, um einerseits die Bewillkommnungsaussage zu erkennen ( so dass  die Bewillkommnungsäuerung eventuell vorsätzlich geschehen sein könnte), andererseits angesichts der Beurteilungsmöglichkeiten wusste, dass die Befolgung der Bewillkommnung sich vermittels Straftaten etwa nach § 95 AufenthaltsG vollziehen würde? Aus den Piech-Entscheidungen, u.a. OLG Stuttgart, sollten wir wissen, dass - dort be einem Organmitglied einer AG - ein Organwalter die fachntwendigen Kenntnissefür sein mt haben muss, notfalls sich verschaffen muss. Könnte nicht naheliegen, dieselbe Qualifikationsanforderung auch an Organmitglieder einer Bundesregierung zu stellen? Nimmt man an, dass es zur Amtsanforderung eines Organmitglieds einer Bundesregierung gehört, Grundsatzfragen des geltenden deutschen Rechts zu kennen? So etwa, weil völkerrechtlich Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt die konstituierenden Merkmal eines Staates sind, dann auch binnennational der Schutz der Staatsgrenze von erheblichem Belang ist, öffentlich-rechtliche Vorschriften daher auch strafbewehrt sein können?  Kann man ohne staatsanwaltliche Prüfung so einfach davon ausgehen, dass alle diese Anforderungen bei gewissen konkreten Personen oder Personinnen nicht gegeben sind? Wäre dann nicht zu prüfen,  ob § 111 StGB erfüllt sein kann? Soweit ich sehe, sind das alles Offizialdelikte. AkademischerUnterricht in Medienrecht und Medientheorie sollte tunlichst den Betroffenen , um über das von Thomas Fischer so trefflich plakatierte Niveau gewissser journalistischer "Rechts"-Belehrer hinauszuhelfen, auch kar machen, dass verwaltungsrechtlich grob kategorisierte Gesetze wie das AuenthaltsG auch mit Strafvorschriften versehen sein können, was auch Schnürsenkelbinder berücksichtigen sollten. Da Sie auch vom Verfassungsrecht sprechen - eine Legalexemtion für Mitglieder von Verfassungsorganen von der Beachtung geltenden Rechts vermag ich unserem Grundgesetz nicht zu entnehmen. Eventuell wären bei Aufgreifen von Ermittlungen Anträge auf Zulassung angesichts von Immunität zu stellen. - Was von diesen Erwägungen ist "politische Meinung", wenn  Sie das in Gegensatz zu rechtlicher Beurteilung, mindestens tatbestandsorientierter Fragestellung , setzen? Verjährung - anderweitig ein heißes Thema - dürfte zu keiner der in Erwägung zu ziehenden Straftaten eingetreten sein. Sind Ihnen einschlägige Ermittlungen bekannt ?

Sehr geehrter Herr Peus,

Ihre Auffassung (Strafbarkeit von Politikern aufgrund der Flüchtlings-Entscheidung im Herbst 2015) habe ich in einem längeren Beitrag (zeitnah schon im Herbst 2015) hier im Beck-Blog behandelt und ausgiebig diskutiert:

https://community.beck.de/2015/10/13/bundeskanzlerin-merkel-hat-sich-nicht-strafbar-gemacht

Die Staatsanwaltschaft in Berlin (auch nach Beschwerde die Generalstaatsanwaltschaft) hat sich ebenfalls schon damit auseinandergesetzt, und das Verfahren gegen politische Entscheidungsträger mit ausführlicher Begründung eingestellt:

https://community.beck.de/2017/06/11/die-strafbarkeit-der-bundeskanzlerin-im-herbst-2015-reloaded

Deswegen habe ich mich gewundert, dass Sie als Jurist hier von Strafvereitelung im Amt schreiben und dazu als Kronzeugen  Herrn Papier zitieren, der zur Strafbarkeit von Politikern kein Wort geschrieben hat.

Wenn Sie neue Argumente zu der Diskusssion um die Strafbarkeit der Bundeskanzlerin beitragen möchten, schlage ich vor, dass Sie es bei dem entsprechenden Beitrag (oben der an zweiter Stelle genannte) tun, denn wir schweifen hier doch sonst ziemlich weit ab.

Mit freundlichen Grüßen

Henning Ernst Müller

 

Nun, es herrscht ja Meinungsfreiheit. Diese, und genau diese, sollten wir hochhalten. Wo kämen wir hin, wenn man sich erst als "Künstler" deklarieren, aufspielen oder von Systemheulern als sog. "Künstler" "anerkennen" lassen müsste, um eigene Meinung frei sagen und äußern zu dürfen. Seit 1819 und Karlsbad halten es freilich Machthabende für untunlich, vom und aus dem Volk kritisiert zu werden. Sie finden - auch heute, wie man sieht - immer GÜnstlinge, meist vom obwaltenden System gut fundiert, die an der Abschirmung eifrig mitwirken. In Zeiten besonderer Arroganz oder auch Unsicherheit maßen sie sich an, Menschen aus dem Volk als "Pack" zu bezeichnen. Das geht natürlich auch noch exzessiver: Freisler sprach den Verurteilten bis zur Hinrichtung die Ehre ab, das Menschsein nicht - das blieb einem heutzeitigen Ministerpräsidenten vorbehalten, der - nicht in hektischem Wahlkampf, nicht in Rede, sondern in Interview - über Menschen,die ihre politische Meinung äußerten in zwei Fällen (in einem davon zugleich auch eine Brandstiftungsstraftat begingen) sagte,"Das sind keine Menschen mehr, die so etwas tun...". Was eventuell Juristen interessieren könnte , vielleicht auch sollte,  ist die Auswertung der Ergebnisse von Papier, NJW 2016, 2391-2396, zum Gebaren jener anderen kritisierten Politikerin. Aber Sie dürfen hierzulande ja auch Ihre Meinung, wie zuvor dargetan, äußern . Man nimmt sie zur Kenntnis, teilt sie nicht. Was " das Ansehen" des Staates gefährden sollte, wenn man jemanden kritisiert, der am 12./13. Sept. 2015 die Anwendung geltenden Rechts deswegen unterdrückt, weil sonst propagandistisch unhübsche Bilder drohen, bleibt jedenfalls mir verborgen ( dies zu Ihrem § 90 b StGB, von den übrigen Tatbestndsmerkmalen einmal abgesehen). Rückschlüsse lässt auch zu, welche Personenkreise besonders aufheulen angesichts der Beurteilung der StA. Es sind diejenigen, die ungern § 21 VersG angewendet wissen möchten.

 

Gast schrieb:

Ich halte Beitrag und Bebatte hier für reichlich absurd. Das geht allzusehr nach dem Motto "Haltet den Dieb!" Skandalös ist doch nicht eine möglicherweise unzutreffende Presseberichterstattung. Skandalös ist es vielmehr, dass die Staatsanwaltschaft eine Strafbarkeit offenbar verneint.

Soweit ich aus Ihrem Artikel sehe, ist etwa "§ 90b Verfassungsfeindliche Verunglimpfung von Verfassungsorganen" nicht erwähnt worden. Dass § 185 BGB erfüllt ist, ist offenkundig.

Ihre Meinung in allen Ehren, aber mir scheint es eher, daß Sie vom springenden Punkt ablenken möchten ("Haltet den Dieb"): Der Schwerpunkt im hiesigen Beitrag liegt nun einmal in der Frage der Seriosität der Medienberichterstattung. Selbst wenn die Entscheidung der Staatsanwaltschaft kritikwürdig und falsch ist, ändert das doch nichts an der Kritikwürdigkeit einer unzutreffenden Krawallberichterstattung in der Presse.

Oder juristisch gewendet: Soll Ihrer Meinung nach ein Zeuge, der einen Meineid begangen hat, freigesprochen werden, weil er ihn mit dem hehren Ziel begangen hat, einen (anderen) Straftäter seiner gerechten Strafen zuzuführen?

Der Zweck heiligt nun einmal nicht die Mittel, weder im Zeugenstand noch im Journalismus.

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Das sehe ich anders. Den Schwerpunkt sehe ich in der Nachricht, dass die Staatsanwaltschaft die Tat nicht verfolgt. Die Überlegung der Journalisten, an welchem Grund das liegen könnte, liegt ja so fern nicht. Der Nachrichtenkern (Nichtverfolgung durch die StA) ist die Nachricht, und die stimmt ja (leider) wohl.

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Auf diesen offensichtlichen und unproblematischen Textfehler kommt es nicht einmal an. Der Rest der Stellungnahme ist das Problem.

Na bitte, Baden-Baden locuta causa finita?

Jedenfalls springt Fischer, im Kampf gegen "Rechts" immer hochmotiviert (so in seiner Strafanzeige gegen Gauland oder seinem Hinweis auf § 127 StGB gibt, als er über ostdeutsche "Bürgerwehren" schrieb), über das Ronen-Steinke-Stöckchen, daß die StA Chemnitz mit der Kunstfreiheit argumentiert habe:

Der Galgenbauer Döbel hat der Welt mitgeteilt, er sei ein Künstler und sein Galgen eine "Satire". [...] Zur Satire wird dies nämlich erst dadurch, dass tapfere Wortklauber bei Staatsanwaltschaften oder sonst wo an der Schwelle dieses Zauberworts verzweifeln und sich schrecklich fürchten.

Bei der StA Chemnitz habe man sich also schrecklich vor dem Wort Satire (geschützt durch die Kunstfreiheit) gefürchtet und das sei der Grund für die Einstellungsverfügung. Deren Wortlaut scheint Fischer aber nicht zu kennen.

So funktioniert die Mediengesellschaft. Als im März sachlich berichtet wurde, daß ein Strafverfahren gegen den Hersteller der Galgen von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde, weil sich eine Straftat nicht feststellen ließe, ist das fast unbemerkt geblieben (http://wahlzone.mdr.de/post/165613700081/der-galgen-der-ohnmacht). Um anläßlich einer weiteren Einstellungsentscheidung einen Mediensturm auszulösen, muß man nur eine Verfälschung einbauen, eine ganz "kleine" (Fischer: "Tatsächlich ist das ganze Hickhack müßig, weil es darauf nicht ankommt").

Oder setzt sich die Verfügung vielleicht doch mit "Satire" auseinander, Herr Liesching?

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Nun, Herrn Fischer kann man erfreulich präzise verstehen. Es geht ihm um das Tatbestandsmerkmal "Auffordern" in § 111 StGB. Er bejaht es nicht bei dem Aufsteller einer Plastik, sondern bei dem Hersteller, bei dem Aufsteller anscheinend Beihilfe. Zusammen ausgelegt mit dem Begriff "reserviert für", und einem angebrachten Schild "Volksverräter". Würde eine solch esoterische Feinsinnigkeit breitflächig Platz greifen, gäbe es zunächst viel zu tun, und dann würde folgen die Fischer-typische allgemeine Feingeistigkeit in politischer und fachlicher Debatte mit sprachlicher Dezenz. Diese in der Tat täte denen gut, die im Zustand möglichster Ungestörtheit , ohnehin an Entscheidungshebeln sitzend, ihr "Ding durchziehen" möchten. Noch nicht, soweit ersichtlich, hat Fischer sich bislang damit befasst, ob die Anweisung, Grenzübertrittsstraftaten generell nicht zu verfolgen , auch den Tatbestand des § 111 StGB erfüllt, eventuell auch § 258 a StGB ( STrafvereitelung im Amt). Die zugrundeliegende rechtliche Prüfung hat Papier, NJW 2016, 2391-2396, veröffentlicht. Es wären wohl etwa 1,5 Millionen Fälle. Auch die Begrüßung einer strafbaren Einreise könnte nach diesen Vorschriften zu prüfen sein, wie auch Beihilfe zur Begehung solcher Grenzübertrittsstraftaten.

Nun melden sich auch einmal die zu Wort die es betrifft:
Die SZ-Meldung ist in mehreren Dingen falsch. Wir haben dem Reporter der SZ geschrieben und aufgefordert, die Falschmeldungen zu korrigieren, doch ohne Erfolg und ohne Antwort.
Falsch ist:
Wir als Verein, bzw. Mitglieder des Vereines haben weder die Galgen verkauft, noch produziert. Wir haben erst vom Artikel in der SZ erfahren, dass da eine Falschbehauptung in den Meiden geistert. Wir haben dann am Mittwoch unzählige Anrufe bekommen. Fernsehteams waren vor Ort, filmten teilweise falsche Häuser und stellten telefonisch Interviewanfragen. Die haben wir alle wahrgenommen und haben Auskunft erteilt. Doch trotzdem wurde falsch berichtet und von der SZ nur abgeschrieben. Das hat uns veranlasst ein Experiment zu starten. Wir haben für 48 Stunden die Galgen in unseren Shop aufgenommen und wollten schauen, wird er wirklich gekauft, was sagen Medien und Politik dazu.
Interessant ist nur, dass dieser Galgen bereits ein Jahr in einem anderen Onlineshop angeboten wurde und niemanden hat es interessiert.

Unsere Gedanken zum Experiment lesen sie hier:
http://patriotenpost.de/2017/12/08/ueber-medienrummel-galgen-und-doppelm...

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Ihrer Beobachtung entsprechen sehr die Darlegungen von Haller ( Studie der Otto Brenner-Stiftung Juli 2017) zur Auswertung der Presse zum Thema "Flüchtlinge" für die Zeit 2015 - 1. Quartal 2016. Es gibt einige , nach Selbsteinschätzung "Qualitäts"- Medien, so auch die SZ, denen breiteste Massen der Journaille besinnungslos abschreibend folgen. Es ist für praktische Zwecke ziemlich wurscht, ob man als "Lügenpresse" nur bezeichnen soll, was nach elitär akademisch subtilem Sprachempfinden mit Vorsatz falsche Darstellung ist. Nach dem Bonmot eines Großen, manche meinen Bedeutenden, kommt es doch darauf an, "was hinten herauskommt". Da haben gerade mehrere "Qualitäts-"Medien rund um den 17. Januar 2017 unüberbietbare "Meisterstücke" an Falschdarstellungen gebracht . Um den Schalke-Jargon zu übernehmen: Jenes selbsternannte "Qualitäts"-Blatt "aus der Nähe von Offenbach" hat ja, etwas versteckt, zu seiner zweimaligen, wohl ( bei Vorsatz, sonst nur objektiv ) verleumderisch falschen Titelzeilen-Behauptung über ein angebliches Zitat, eingeräumt , man habe   ( selbstredend unüberprüft - wie man das von einem "Qualitäts"-Blatt ja auch erwartet ) im Vertrauen von einer Nachrichtenagentur ( gemeint ist die vom Zeitgeist ) übernommen. Zum anderen - mainstream -Wünsche werden journaillemäßig gern "Wirklichkeit": Das BVerfG hat die NPD verboten. So so. Beim Schnürsenkelbinden ( vgl. Thomas Fischer) können Hirn-, Erkenntnis- und Wahrnehmungsfäden auch einmal durcheinandergeraten. Fehler macht jeder. Das muss man einsehen. Also auch nicht ohne weiteres der Journaille glauben. Denn nicht selten ist das, was dort herauskommt , wrklich so, wie man es an dem im Bonmot assoziierten  Ort , hinten, erwartet. Zwei Dinge sind kritisch zu prüfen: Ist wahr, was berichtet wird? Und: wovon wird nicht berichtet? Ach so - Agentur. Wofür steht "dpa"? "Dummheitsfördernde Propaganda Agentur"?

Bevor man schon wieder mit "Lügenpresse" und dämlichen Wortspielereien wie "Dummheitsfördernde Propaganda Agentur" hantiert, sollte man sich klar sein, dass bei Tageszeitungen Menschen arbeiten, die sich binnen kürzester Frist zu einer Meldung eine Meinung bilden müssen und dabei sicher auch mal daneben liegen können. "Enten" gibt es schon so lange, wie lange es "Presse" gibt. Solche Fehler kann man verzeihen. Unverzeihlich sind nur "Kampagnenjournalisten", die mit ihren Meldungen und Meinungen politische, wirtschaftliche oder gesellschaftspolitische Zwecke verfolgen und ihr Tun und Lassen nicht auf Objektivität, sondern auf solche Ziele ausrichten.

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Wo Menschen arbeiten passieren Fehler. Das ist schon klar, doch sollten die Fehler dann auch eingestanden werden.
Wir haben den Autor der SZ angeschrieben und NULL Reaktion erhalten. Weder wurde der Artikel korrigiert, noch hat er sich mit uns in Verbindung gesetzt. Das ist das Problem. Und dann darf sich keiner über "Lügenpresse" oder "Lückenpresse" wundern.
Wir als Verein wurden nicht das erste Mal durch den Dreck gezogen. Aber keiner schreibt über unseren Verein die Wirklichkeit. Wir haben uns immer allen Presseanfragen gestellt, wir haben immer Rede und Antwort gestanden. Was dann daraus gemacht wurde, grenzt teilweise schon an Rufmord. Wir haben nun Konsequenzen beschlossen. Es gibt Pressevertreter mit denen wir nicht mehr reden werden. Wir wissen natürlich, dass diese Entscheidung uns wieder Kritik einbringt, nach dem Motto "Zensur", "Medienausschluss" und "Einschränkung der Medienfreiheit". Doch wir verstehen nun auch z.B. die AfD, die Pressevertreter konsequent ausschließt.
Bis heute hatten wir keine Anfrage der Presse, warum wir sind wie wir sind, was wir denken und tun.

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Nein, sie sollen sich nicht binnen kürzester Frist eine Meinung bilden, sondern erst einmal Fakten wertungsfrei berichten. Das wäre schon mal was, wenn man in einigen Tageszeitungen endlich mal die schlaumeierisch-kommentierende Berichterstattung streichen würde (die gelegentlich dann von demselben Journalisten mit einem weitere Zeilen füllenden Kommentar versehen wird).

Und wenn sie meinen, schon bei dürftiger Recherche sich eine Meinung bilden und das in eine Glosse oder einen Kommentar gießen zu müssen, dann müssen sie eben mit Kritik leben ebenso wie die von ihnen in den Kommentaren Kritisierten und schlaumeierhaft Belehrten ("Es muss jetzt", "Es ist ein Skandal, dass"  , "(Total)Versagen der <beliebige Institution einsetzen>")

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In der Süddeutschen steht folgender Text:

"Der Fall führt ins Erzgebirge. Ein Mann aus der Gemeinde Niederdorf hatte Miniatur-Galgen gebaut, sie beschriftet wie das Pegida-Original, und er hatte sie in den Räumen eines Vereins, der sich "heimattreu" nennt, zum Verkauf ausgestellt."

Dort steht nicht, dass der Mann aus der Gemeinde Niederdorf Mitglied des Vereins sei. Da steht auch nicht, dass der Verein diese Objekte hergestellt habe oder diese selbst zum Verkauf angeboten habe. Von einem Online-Angebot ist dort auch nicht die Rede.

Ihre Artikel zu der Sache habe ich gelesen. Abgesehen davon, dass ich nicht erkennen kann, was der Sinn des "Experimentes" gewesen sein könnte (außer dem Sinn, dass man mit dieser Geschmacklosigkeit Gewinn erzielen will), wird dort auch nichts von den o.a. Behauptungen in der SZ richtig gestellt. Die Passage, die am ehesten eine Richtigstellung enthält, lautet so:

"Wir als Verein hatten diese nicht im Programm.
Erst durch eine falsche Beschuldigung und Anzeige entstand die Aufmerksamkeit und wir erfuhren vom angeblichen Verkauf in unserem Vereinsheim."

Es steht da nicht, welche falsche Beschuldigung und (inhaltlich) welche Anzeige erstattet wurde. Es wird nur (geschickt) bestritten, dass Sie als Verein wussten, dass diese Objekte (zuvor) im Vereinsheim zum Verkauf angeboten worden seien. Diese Angabe soll wohl den Eindruck erzeugen, dass die Dinger im Vereinsheim wirklich nicht verkauft wurden, aber tatsächlich steht da nur, dass Sie (als Verein) nicht so genau wissen, was in Ihrem Vereinsheim zum Verkauf ausgestellt wird.

Da Sie nun aber tatsächlich diese Objekte (in angeblich großer Zahl) für zwei Tage Online verkauft haben, liegt doch zumindest jetzt auf der Hand, dass der Verein zum Hersteller Kontakt hat oder aber diese Objekte erst im Auftrag des Vereins (zumindest für das Experiment) hergestellt wurden. Haben Sie also einfach die zuvor angeblich falsche Meldung zur Richtigen gemacht? Ist das der Sinn Ihres Experiments? 

Wir haben unzählige Interviews geführt. Haben mehrere Artikel auf Facebook und einen weiteren auf unserer Webseite veröffentlicht.
Falsch ist:
1. Diese Teile wurden nicht in Niederdorf produziert und nicht verkauft, weder vom Verein, noch von einem Nichtvereinsmitlied in Niederdorf.
2. Die Teile wurden nicht für 15 Euro verkauft
3. Es gibt keinen Verein in Niederdorf mit dem Namen "heimattreu"
4. Sie waren nicht zum Verkauf im Vereinsheim "ausgestellt".

Richtig ist:
1. Es gab wohl eine Anzeige gegen den Vereinsvorsitzenden des Vereines "Heimattreue Niederdorf e.V." bei der Polizei, wo die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt hat. Von dieser Anzeige erfuhren wir erst aus der SZ. Woher hat die SZ diese Info, wenn noch nicht einmal die Betroffenen davon wußten?
2. Die SZ war für ein Porträt des Vereinsvorsitzenden im Frühjahr 2017 im Vereinsheim des Vereines "Heimattreue Niederdorf e.V." und hat einen dieser Galgen dort auf einem Regal gesehen. Dieser Reporterin wurde die komplette Geschichte des Galgens erzählt.
3. Die Galgen wurden von dem Mann aus SCHWARZENBERG produziert und verkauft, der diesen auch auf der Pegida Demo im Jahre 2015 getragen hat. Dieser hat den Minigalgen auch seit Ende 2016 in SEINEM Onlieshop. Dieser Herr ist NICHT Mitglied des Vereines.
4. Ja wir kennen den Hersteller, dieser hatte den Minigalgen uns für unser Vereinsheim geschenkt.
5. Ja wir haben diesen Minigalgen, NACHDEM wir aus der SZ erfahren hatten, dass etwas gegen uns gelaufen ist für 48 Stunden verkauft.
6. Die ganze Geschichte und das Experiment zeigte, wie krank unsere Medienwelt ist. Das Experiment hat gezeigt, dass viele erst auf den Souvenier-Galgen durch den Artikel aufmerksam wurden und diesen bestellt haben. In den 48 Stunden medialer Aufmerksamkeit wurden mehr verkauft wie das ganze Jahr 2017!
7. Es hat sich gezeigt, welche Medien abschreiben, welche recherchieren und doch falsch berichten und welche Medien recherchieren und richtig berichten (leider die wenigsten).
8. Es hat die Doppelmoral der Politik und der Medien gezeigt. Haben wir im Artikel heraus gearbeitet und die Leute haben es verstanden. So zumindest die Reaktionen derer, die unseren Artikel gelesen haben.

Wie kommt die SZ zu all diesen Informationen, die eigentlich doch nur der Anzeigenerstatter und die Staatsanwaltschaft haben kann? Wir haben nun über einen Anwalt Akteneinsicht beantragt und werden uns dann dazu auch nochmals äußern.

Wir haben viele Varianten in der Presse gelesen:
1. Vereinsmitglied hat sie hergestellt, Verein hat sie ausgestellt
2. Ein Mann aus Niederdorf hat sie hergestellt, verkauft wurden sie über den Verein "heimattreu"
3. Ein Mann aus Niederdorf hat sie hergestellt und der Verein hat sie ausgestellt.
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Es gab viele Varianten, selbst von Zeitungen, die uns interviewten wurde falsch geschrieben.
Wenn selbst solche einfachen Recherchen schief gehe, wie sieht es dann mit komplexen Themen aus?
Warum kann der Reporter sich nicht einfach vorher bei uns melden, spätestens nachdem er von den Falschmeldungen im Artikel erfahren hat?

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Danke für die ausführliche Antwort, die in der Tat einiges richtig stellt, was falsch berichtet wurde.

Für die staatsanwaltliche Beurteilung (§ 111 StGB) ist allerdings unwichtig, ob ein Galgen zum Verkauf angeboten wird oder nur deshalb im Regal öffentlich sichtbar ausgestellt wird, weil man sich mit der Aussage identifiziert oder identifizieren will. Es steckt also nicht unbedingt eine falsche Beschuldigung bzw. Verdächtigung hinter der Strafanzeige, da sogar ein ehem. Bundesrichter § 111 StGB  für einschlägig hält:

Aber auf der gegebenen Grundlage bin ich dezidiert anderer Ansicht: Die Auslegung der in Ausstellung und Angebot eines für bestimmte Personen "reservierten" Tötungsinstruments unter den kommunikativen gesellschaftlichen Bedingungen des Jahres 2017 lässt keinen Raum für harmlose Bedeutungsvarianten. Die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Chemnitz ist nicht überzeugend. (Zitat: Thomas Fischer in ZEIT).

Ich denke allerdings, Herr Fischer berücksichtigt nicht genügend, dass es sich letztlich nur um Galgensymbole handelt.

 

Der ursprüngliche Hersteller  mag menschlich verständliche Gründe für seine Wut gehabt haben. Das ändert natürlich nichts daran, dass man auch bei berechtigten Motiven keine Straftaten begehen darf, es sei denn, es besteht ein Erlaubnistatbestand (Notwehr, Notstand). Zudem: Dass der ursprüngliche Anlass (der in dem Tatobjekt nicht deutlich wird) verständlich war, könnte ohnehin niemanden entlasten, der nicht aus demselben Motiv handelt.

Doch entschuldigen sie. Geht es hier nun um die Moral oder Nichtmoral unseres Vereines, oder um die Arbeitsweise der Presse?
Genau ihre Weise der Argumentation ist es, was hier kritisiert wird. Sie gehen nicht auf die Pressearbeit ein, sondern nur auf den Skandal.
Wie stehen sie denn nun zur Pressearbeit, die hier geleistet wurde? Hierzu haben sie nichts gesagt.

An diesem Beispiel hat die Presse versagt. Eine einfache Geschichte, wie wir meinen. Wie sieht es dann bei komplexen Themen aus?
Wie kann ein Arzt, welcher eine Grippe falsch behandelt, eine Herztransplantation machen?
Der Vergleich hinkt vielleicht etwas, zeigt aber bildlich was hier passiert.
 

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Naja, Sie haben die Moral des ursprünglichen Galgenbauers ins Spiel gebracht und sich empört, die Medien (außer MDR) hätten auch dies verschwiegen. DIES hat nun gar nichts mit der Presseberichterstattung zu Ihrem Verein zu tun und auch  nicht mit der Frage "Kunst", die von der SZ unrichtigerweise als Einstellungsgrund genannt wurde (Thema dieses Beitrags). Wenn Sie nicht möchten, dass über Moral diskutiert wird, dann brauchen Sie ja nichts Moralisches zu posten. Ich habe lediglich in einem juristischen Forum darauf hingewiesen, dass das Motiv des ursprünglichen Galgenbauers juristisch nichts zur Sache tut, schon gar nichts zu Ihrer Sache.

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