EU-Kommission schlägt Richtlinie zum Schutz von "Whistleblowern" vor

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 24.04.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht3|4787 Aufrufe

Die EU-Kommission hat am 23.4.2018 den Entwurf einer Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern vorgelegt. Ihr Ziel ist es, den Schutz der Betreffenden in der gesamten Union zu verbessern.

Zur Überzeugung der Kommission zeigten Skandale wie "Dieselgate", "Luxleaks", die "Panama Papers" oder die laufenden Enthüllungen rund um "Cambridge Analytica", dass Hinweisgeber bei der Aufdeckung rechtswidriger Handlungen, die dem öffentlichen Interesse und der Gesellschaft schaden, eine wichtige Rolle spielen können.

Die vorgeschlagene Richtlinie soll Hinweisgebern, die Verstöße gegen das Unionsrecht (aber nur gegen dieses, nicht auch gegen rein nationales Recht!) melden, ein hohes Schutzniveau durch EU-weite Mindeststandards bieten.

Alle Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten oder einem Jahresumsatz von mehr als 10 Mio. Euro müssen nach dem Richtlinienvorschlag ein internes Verfahren für den Umgang mit Meldungen von Hinweisgebern einführen. Dasselbe gilt für alle Landes- und Regionalverwaltungen sowie Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern.

Für Hinweisgeber müssen klare Meldekanäle innerhalb und außerhalb der Organisation eingerichtet und die Vertraulichkeit gewahrt werden. Vorgesehen ist ein dreigliedriges Meldesystem: Vorrangig muss sich der Hinweisgeber an die unternehmensinterne Stelle richten. Wenn diese nicht eingerichtet ist, nicht funktioniert oder nach vernünftigem Ermessen nicht funktionieren kann, erfolgt die Meldung an die zuständige Behörde. Ergreift diese innerhalb von in der Regel drei Monaten keine geeigneten Maßnahmen oder besteht eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses oder die Gefahr eines irreparablen Schadens, darf der Hinweisgeber sich auch direkt an die Medien oder die Öffentlichkeit wenden.

Vergeltungsmaßnahmen jeder Art sollen untersagt und geahndet werden. Wenn ein Hinweisgeber Vergeltungsmaßnahmen erleidet, soll er Zugang zu kostenloser Beratung und angemessenen Abhilfemaßnahmen erhalten (z. B. Maßnahmen gegen Belästigung am Arbeitsplatz oder zur Vermeidung einer Entlassung). Der Richtlinienentwurf sieht vor, dass die Beweislast in solchen Fällen umgekehrt wird, sodass die von der Meldung betroffene Person oder Organisation nachweisen muss, dass sie keine Vergeltungsmaßnahmen gegen den Hinweisgeber ergreift.

Der Entwurf der Richtlinie liegt bislang nur in englischer Sprache vor; die Kommission hat hier aber eine Pressemitteilung auch auf Deutsch veröffentlicht.

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3 Kommentare

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Wenn diese Vorstellungen der Kommission von den deutschen Gerichten wieder so arbeitgebergnädig umgesetzt werden, wie die Antidiskriminierungsrichtlinien, werden sie rein gar nichts bewirken. Das gilt schon für die vorgesehene Beweislastumkehr und das Viktimisierungsverbot. Und beim Erfinden und "Rechtfertigen" von Kündigungsgründen wird es nicht enden, ganz zu schweigen vom "Rechtsmißbrauch", wenn die pfadabhängigen (Arbeits-)Gerichte sich wieder einmal an die Stelle des Gesetzgebers und der Kommission setzen und uns belehren werden, so klar und eindeutig, wie es in der Richtlinie und im Gesetz steht, dürfe man den Gesetzgeber selbstverständlich rechtsmißbräuchlich auch wieder nicht verstehen; was die Justiz zu verhindern habe.

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Wird sich denn die "Organisation" EU auch selber daran halten oder sich und ihre Mitarbeiter großzügig davon ausnehmen?

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Wird man dann endlich auch aus den Beratungszimmern der Gerichte whistleblowen dürfen oder bleibt es bei der (un-)heiligen Kuh des Beratungsgeheimnisses?

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