Zugänglichkeit von BAFin-Informationen

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 20.06.2018
Charles Ponzi (1882-1949) - Erfinder eines Schnellballsystems

Geklagt hatte ein deutscher Investor. Dieser war durch das betrügerische Schneeballsystem der Phoenix Kapitaldienst geschädigt worden. Er verlangte von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Zugang zu Unterlagen der Aufsichtsbehörde, darunter das Gutachten einer Sonderprüfung, Berichte von Wirtschaftsprüfern, internen Stellungnahmen sowie Berichten und Korrespondenz, die die BaFin im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit über die Phoenix erhalten oder verfasst hatte. Da die Behörde den Zugang verweigerte, klagte der Investor bis vor das Bundesverwaltungsgericht. Dieses fragte den europäischen Gerichtshof zur Tragweite der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (BVerwG, Beschluss v. 04.11.2015 - 7 C 4.14). Diese verpflichtet die zuständigen Behörden zur Wahrung des Berufsgeheimnisses und berechtigt Sie nur in den in der Richtlinie abschließend aufgezählten Fällen zur Weitergabe von vertraulichen Informationen.

Mit Urteil vom 19. Juni 2018 (C-15/16 - BAFin/Baumeister) entschied der EuGH, dass nicht alle Informationen, die ein überwachtes Unternehmen betreffen und von diesem an die zuständige Behörde übermittelt wurden, ohne weitere Voraussetzungen vertrauliche Informationen darstellen, die von der Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses gedeckt sind. Gleiches gilt auch für in der Überwachungsakte enthaltene Äußerungen dieser Behörde, einschließlich ihrer Korrespondenz mit anderen Stellen.

Nach Auffassung des Gerichts sind alle Informationen als vertraulich einzustufen, die nicht öffentlich zugänglich sind und bei deren Weitergabe die Gefahr einer Beeinträchtigung der Interessen einer Person, von der sie stammen, oder die Interessen Dritter oder das ordnungsgemäße Funktionieren des durch die Richtlinie geschaffenen Systems zur Überwachung der Tätigkeit von Finanzunternehmen bestünde. Allerdings verlören nach Auffassung des Gerichts Informationen, die möglicherweise Geschäftsgeheimnisse waren, aber älter als fünf Jahre sind, im Allgemeinen ihren vertraulichen Charakter. Etwas anderes könne ausnahmsweise dann gelten, wenn die Partei, die sich auf die Vertraulichkeit beruft, nachweist, dass die Informationen trotz ihres Alters immer noch wesentliche Bestandteile ihre eigenen wirtschaftlichen Stellung oder der von betroffenen Dritten sind. Dies gelte jedoch nicht für Informationen, deren Vertraulichkeit aus anderen Gründen weiterhin schützenswert sind. Beispielhaft nennt das Gericht Informationen über aufsichtsrechtliche Überwachungsmethoden und -strategien.

Für die Auslegung des allgemeinen Verbots der Weitergabe vertrauliche Informationen nach der Richtlinie stellt das Gericht auf den Zeitpunkt des Antrags auf Herausgabe der Informationen ab. Entscheidend ist, dass die Informationen im Zeitpunkt der Prüfung des Antrags auf Information als vertraulich einzustufen sind, unabhängig davon, wie sie zum Zeitpunkt ihrer Übermittlung an die zuständigen Behörden einzustufen waren.

Den Mitgliedsstaaten stünde es darüber hinaus frei, so der EuGH, den Schutz vor der Weitergabe auf den gesamten Inhalt der Überwachungsakten der zuständigen Behörden zu erstrecken oder den Zugang zu Informationen gestatten, die den zuständigen Behörden vorliegen und keine vertraulichen Informationen im Sinne der Richtlinie sind. Die Richtlinie soll den zuständigen Behörden nämlich nur die Weitergabe vertrauliche Informationen grundsätzlich zu verweigern.

Damit geht der Fall wieder zurück an das Bundesverwaltungsgerichts, dass im konkreten Fall zu entscheiden hat.

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